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Die Tochter des stählernen Drachen

Die Tochter des stählernen Drachen

Titel: Die Tochter des stählernen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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chemischem Abfall und dergleichen. Dann kommt ein Laster und leert die Mülltonnen. Wohin fährt der Laster wohl?«
    »Zur Kantine.«
    »Spaßvogel! Er fährt durch einen Lieferanteneingang in der Ostmauer hinaus. Ganz und gar nicht in der Nähe der ZeitUhr - kapiert? Nicht in der Nähe der ZeitUhr.«
    »Komm mal auf ’n Teppich zurück. Du willst in den Bauch eines Müllwagens steigen? Hast du je die Zähne von den Dingern gesehen? Sie sind scharf wie Rasierklingen und größer als du. Wenn dich das Ding in sein Maul holt, bist du so gut wie tot.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Nein, natürlich bin ich mir nicht sicher. Aber es ist das Risiko nicht wert.«
    Rooster setzte eine pfiffige Miene auf. »Gut. Sagen wir dann, der einzige Weg raus führt an der Uhr vorbei. Wie kommen die Leute daran vorbei? Mit ihren Steckkarten, stimmt’s? Aber nimm mal an, wir könnten einige Karten kriegen. Wenn wir eine Möglichkeit fänden, den eigentlichen Benutzer hinzuhalten, dann könnten wir ...«
    »Ohne mich!« Jane wich zurück, wobei sie heftig den Besen schwang.
    »Jane!« Rooster eilte ihr nach. Mit einem raschen Blick nach oben faßte er sie beim Arm und zerrte sie in den Schatten einer Säule. »Jane, warum bist du gegen mich? Alle anderen sind auf Dimitys Seite, außer dir. Und Dimity haßt dich bis auf die Knochen. Auf wessen Seite bist du also? Du mußt wählen.«
    »Ich werde auf niemandes Seite mehr sein«, sagte sie. »Seiten sind blöde.«
    »Was ist nötig?« fragte er verzweifelt. »Was ist nötig, um dich wieder auf meine Seite zu bringen?«
    Er hörte erst dann auf, sie zu nerven, als sie sich einverstanden erklärte, sich an der Ausführung seiner idiotischen Pläne zu beteiligen. Nun, sie hatte sich dazu entschlossen, alles Notwendige zu tun, um hier herauszukommen. Also konnte sie das Ganze hier ebensogut zu ihrem Vorteil ausnutzen. »Okay, ich mach dir einen Vorschlag. Du kommst dahin, wohin ich nicht komme. Klau mir eine Hexennuß. Eine jungfräuliche Nuß, denk dran. Eine, die noch nie benutzt worden ist.«
    Launisch wie eh und je grinste Rooster anzüglich und faßte sich zwischen die Beine.
    »Und deine geschmacklosen Witze hängen mir auch zum Hals heraus. Hilf mir oder laß es bleiben. Mir ist ziemlich schnuppe, was du tust. Aber wenn du mir nicht mal einen so kleinen Gefallen tun willst, sehe ich nicht ein, warum ich mich für dich ins Zeug legen sollte.«
    In verletztem Tonfall sagte Rooster: »He, was hab ich dir denn je getan? Bin ich nich’ stets dein Freund gewesen?« Er schloß das gesunde Auge und legte sich einen Finger an die Nase. »Wenn ich dir helfe, wirst du mir helfen? Bei meinem Plan?«
    »Ja, bestimmt«, sagte Jane. »Bestimmt werd ich dir helfen.«
    Nachdem er weg war, ging Jane erschöpft zum fernen dunklen Ende der Abteilung. Es war ein so langer Tag gewesen, und sie mußte noch zu Mrs. Greenleaf gehen, um zu spielen. Sie hoffte inbrünstig, daß Blugg nicht völlig in seinem Projekt aufginge und sie in der Eingangshalle des Schlosses warten ließe, wie er es in den vergangenen drei Tage getan hatte.
    In den Schatten wartete Dimity auf sie und faßte sie unterhalb der Schulter beim Arm.
    »Au!« Jane hatte das Gefühl, als würde ihr Arm zerquetscht.
    Aber Dimity drückte nur um so fester. »Worüber habt ihr gesprochen, du und Rooster?«
    »Über gar nichts!« rief sie.
    Mit Augen wie zwei zusammengerollte Schlangen sah Dimity sie lange und hart an. Schließlich ließ sie Jane los und wandte sich ab. »Hoffentlich!«

    Während der Winter voranschritt, reiften Bluggs Pläne zur Blüte. Wesen in Anzügen kamen vorüber, um mit ihm zu beraten. Er wurde freundlicher und kleidete sich mit größerer Sorgfalt, fügte seinem Arbeitshemd eine Krawatte hinzu und badete dreimal die Woche. Drüben in der Montage, in einer ungenutzten geschlossenen Nische - für strukturelle Reparaturen, die man erst planen würde, wenn das ökonomische Klima sich erwärmte -, nahm ein Prototyp von Grimpkes Bein-Montage allmählich Gestalt an.
    Während einer ihrer Abstecher zur Abteilung A hob Jane ein Stück grünes Leder vom Fußboden der Reinigungsabteilung auf und steckte es in die Tasche. Sie stahl etwas festen Faden und eine Rundnadel, opferte einen Teil der Zeit, die sie sonst mit dem Zauberbuch verbrachte, und nähte für Rooster eine Augenklappe. Das war mehr Arbeit, als sie gedacht hatte, und am Ende war sie ziemlich gereizt. Aber als sie Rooster weckte, um sie ihm zu schenken, war er so

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