Die Tochter des stählernen Drachen
wischte sich heftig die Hand an der Hose ab. »Ich begehre sie, und ich hasse sie. Beim Gedanken an sie fühle ich mich zum Kotzen. Welch krankhafte Beziehung!«
Jane beugte sich herab, um Peter mit den Lippen leicht über die Schulter zu streifen. Er wandte sich ihr zu, und plötzlich küßten sie sich. Er hatte die Arme um sie gelegt, und die Händen liefen im Rücken ihrer Bluse auf und ab. Sie zog ihn eng an sich und schob eine Hand unter seinen Hosenbund. Sie kam nur bis zum zweiten Fingerknöchel hinein; sein Gürtel war zu eng.
All diese Kleider, wie waren sie im Weg! Sie küßten sich weiter, küßten sich und machten keinerlei Fortschritte.
Schließlich wich Jane zurück und zerrte an seinem Gürtel, zupfte erst so, dann so am Riemen. Sie zog den Reißverschluß hinunter. Ein kleiner Knopf riß ab. Inzwischen knöpfte ihr Peter die Bluse auf und fummelte am Haken ihres BHs.
Sie konnte nicht glauben, daß er sich so leicht geschlagen gab.
Jane mußte über so vieles nachdenken, so vieles tun, daß sie den Akt selbst kaum wahrnahm. Zunächst war es ungemütlich, dann jedoch wurde es besser. Sie waren beide unbeholfen; Jane war sich gewiß, daß Sex nicht so ängstlich und tolpatschig ablaufen sollte, nicht so unelegant. Aber bei diesem ersten Mal war die Tatsache alles, was zählte. Sie könnten es später richtig machen, wenn nicht soviel auf dem Spiel stand.
Irgendwann später wurden Peters Bewegungen rascher, und sein Gesicht wurde rot und aufgedunsen. Er stieß einen kleinen Schrei aus, wie ein Vogel im Dämmerlicht, und brach auf ihr zusammen.
Sie nahm an, daß sie fertig wären.
Peter glitt aus ihr heraus und wälzte sich auf die Seite. Einen langen stillen Augenblick regte er sich nicht. Dann öffnete er die Augen. Er lächelte sie an.
»Wir sind jetzt ein Paar.«
»Wird wohl so sein.«
Seine Augen waren von einem ganz blassen Blau und wunderschön über alle Beschreibung hinaus. Jane spürte, wie sie in ihnen ertrank. Peter nahm sie wieder in die Arme, diesmal einfach aus Zuneigung, und das war das schönste denkbare Gefühl. Eine große Freude erfüllte sie, wie bei einem Sonnenaufgang um Mitternacht. Sie fragte: »Tut es dir leid?«
Er schüttelte den Kopf. Er war betrunken - sie waren beide betrunken -, und sein Blick hatte eine Neigung, sich zu kreuzen, aber seine Aufrichtigkeit war unmißverständlich. »Jane, ich glaube, das hat vielleicht geschehen sollen. Weißt du? Ich spürte eine Verbindung zu dir. Etwas Tiefes. Wie ... weißt du, wie wenn du eine Münze nimmst, sie in einen Schraubstock klemmst und zerbrichst und die eine Hälfte in den Ozean wirfst und die andere Hälfte in einer Schublade im Ankleidetisch aufbewahrst. Dann verspüren sie ein Verlangen nacheinander. Und eines Tages nimmst du ein Paar Socken heraus, und du stößt die Hälfte aus der Schublade unbemerkt zu Boden. Jemand tritt sie zur Tür. Eine Woche später ist sie einen halben Block weg. Und die andere Hälfte ... unterdessen verschluckt sie ein Fisch, und der Fisch wird gefangen und ausgenommen, und die Innereien wirft man in den Abfalleimer, die halbe Münze und alles andere. So daß du die beiden Hälften ein paar Monate oder auch ein Jahrhundert später im Sand irgendwo am Rand einer unbedeutenden Landstraße aneinander geschmiegt liegen siehst.
So sind wir, glaube ich.«
Ein Schauer durchlief Jane. Ein Wiedererkennen. Etwas in ihr reagierte auf das, was er sagte. War es möglich? Konnte es sein, daß Gwen nichts weiter als Irreführung und Täuschung, eine Ablenkung vom wirklichen Geschehen gewesen war? Aus ganzer Seele, aus ihrem ganzen Selbst heraus wollte sie, daß dies wahr wäre. »Ja«, sagte sie. »Ja, ich glaube, das ist es. Ich glaube, so ist es.«
»Geh heute nacht nicht nach Hause«, bat Peter. »Geh nie mehr nach Hause. Zieh zu mir!« Er bemerkte plötzlich das Poster von Gwen und stieg aus dem Bett, riß es herunter, knüllte es zusammen und warf es in den Papierkorb. Zum erstenmal hatte sie die Muße, seinen nackten Körper genau zu betrachten, und ihn anzusehen machte sie verlegen und stolz zugleich. »Bleib auf immer bei mir.«
»O Peter, das könnte ich nicht von dir verlangen.«
»Nein«, sagte er mit betrunkener Offenheit. »Sieh mal, ich glaube, wir sollten die Namen teilen. Weißt du, es offiziell machen.« Er holte tief Luft. »Mein wahrer Name ist Tetigis ...«
Ehe er den Namen völlig aussprechen konnte, sprang Jane zu ihm hin und brachte ihn mit einem Kuß zum Schweigen.
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