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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Jacopino, und das gibt mir Trost. Und Euch sollte es ebenfalls Trost geben, denn wenn Ihr Euch anseht, seht Ihr immer einen Teil Eurer Mutter und Eures Vaters.
    Ihr habt einer Tochter das Leben geschenkt, und für Euer Kind sollt Ihr stark sein, denn unsere Kinder sind es, die uns weiterleben lassen. Sobald es mir möglich ist, werde ich Euch in Lucca besuchen und mir meine Großnichte ansehen, seid dessen gewiss. Auch wenn Euer Mann sicher gut für Euch sorgt, weiß ich, dass Margareta und Jacopino Euch nicht unversorgt gelassen haben. Aber alle geschäftlichen Angelegenheiten werden von Eurem Onkel Veltrino Caprese in Florenz geregelt werden.
    Nehmt mein zutiefst empfundenes Mitgefühl und das meiner Familie.
    Hartmann von Altkirch
    Â»Ach, Onkel Hartmann«, schluchzte Beatrice und drückte den Brief an sich. Er war ihr Onkel und hatte doch so viel mehr Anteilnahme ausgedrückt als ihr eigener Ehemann. Bei dem Gedanken an Federico trockneten ihre Tränen, und Verbitterung und Wut überkamen sie. Einige Tage nach der Schreckensbotschaft war Federico aus Lucca gekommen, hatte ihr sein Mitgefühl ausgesprochen und war noch am selben Tag zum Marchese geritten. Warum, war allzu offensichtlich, denn die Porretta war natürlich mit ihm von Lucca nach Matraia gekommen. Bernardina hatte ihr alles bei ihrem nächsten Besuch berichtet. In einigen Jahren würde sie genauso verbittert aussehen wie die Marchesa, dachte Beatrice und faltete den Brief sorgsam zusammen.
    Sie legte das Kondolenzschreiben in eine Kassette, in der sie ihre Schreibgeräte und Papier verwahrte. Nach kurzem Klopfen trat Ines vorsichtig ein und stürzte sofort zum Fenster.
    Â»Oh, das könnt Ihr doch nicht machen! In Eurem Zustand ans offene Fenster treten! Noch zwei Tage, und wir haben November!«
    Â»November …« So lange war sie schon hier in Matraia. Sie merkte plötzlich, wie schwach sie noch war, stützte sich auf den Tisch und sank in einen Stuhl. Dann legte sie den Kopf in die Hände. »Ines, was ist nur geschehen … Wie konnte das nur möglich sein?«
    Ihre Zofe berührte sanft ihr Haar. »Kommt zurück ins Bett, Madonna. Ihr dürft Euch nicht überanstrengen.« Als sie merkte, dass Beatrice nicht reagierte, sagte sie: »Ich lasse Giulia zu Euch bringen. Das wird Euch aufheitern.«
    Â»Giulia, ja, das ist schön.« Schwerfällig erhob sie sich, ließ den Umhang von den Schultern gleiten und kroch unter die Laken, auf die man jetzt zwei wollene Decken gelegt hatte.
    Zusammen mit der Amme, die Giulia auf dem Arm trug, und einem Tablett mit dampfenden Speisen kehrte Ines zurück. »Diese Suppe ist vom Fleisch eines Ochsen gekocht und gibt Euch Kraft.« Sie reichte Beatrice eine Schüssel mit Löffel, tauchte ein Stück Brot in Olivenöl und schob es ihrer Herrin zu. »Das esst Ihr auch und danach etwas von dem Eierkuchen mit Honig.«
    Gehorsam aß Beatrice alles, was Ines ihr vorsetzte. Währenddessen beobachtete sie ihre Tochter. Die blauen Augen schauten unschuldig und neugierig und verfolgten jede von Beatrices Bewegungen. Dann streckte Giulia ihre Ärmchen aus, und Beatrice drückte sie glücklich an sich. Das Kleinkind gluckste vor Vergnügen, als es von seiner Mutter hoch- und runtergehoben wurde. Immer wieder vergrub Beatrice ihre Nase in der weichen Kinderhaut. »So riecht das Paradies«, murmelte sie.
    Â 
    Es vergingen weitere zwei Wochen, in denen Beatrice täglich kräftiger wurde und erste Spaziergänge in Begleitung von Ines oder Ansari im Park unternahm. Ihre Haut bekam eine gesunde Farbe, sie setzte Fleisch an und wurde kräftiger. Nur Albas Verhalten Giulia gegenüber verunsicherte sie manchmal, denn das Mädchen gab sich betont uninteressiert, wenn nicht sogar feindselig gegenüber ihrer Tochter. Doch Beatrice beschloss, Geduld mit dem Mädchen zu haben, dessen Eifersucht verständlich war, hatte sie vorher doch Beatrices ungeteilte Aufmerksamkeit gehabt.
    Eines Nachmittags kam sie nach einem solchen Spaziergang mit Ansari bei den Stallungen an. »Ricardo?«, rief sie in den Pferdestall, und der Verwalter kam aus einer der Boxen zu ihnen.
    Gemeinsam gingen sie über den festgestampften Lehmboden zwischen den Boxen entlang, bis sie ein Schnauben und das Scharren von Hufen hörten. Ricardo Giorini lachte. »Sie begrüßt Euch, Madonna.«
    Ein edler weißer Pferdekopf schaute

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