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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Wurm! Ich werde dich lehren, dich bei meiner Frau auszuweinen. Zu wenig gebt ihr her, faules Pack! Mein Vater war viel zu gutmütig!«
    Da sich die beiden Männer am Eingang nicht rührten, fiel Beatrice ihrem Mann in den Arm und klammerte sich an ihm fest. »Hört doch auf, bitte, Federico, hört auf!«
    Sein Gesicht war verschwitzt, und seine Augen waren rot unterlaufen. Er kam ihr vor wie ein rasender Stier. Schwer atmend ließ er die Peitsche sinken, wischte sich die Stirn mit seinem Hemdsärmel, schüttelte Beatrice ab und starrte das wimmernde Menschenbündel vor ihm am Boden an. »Ich hoffe, das hat deine Frechheit gedämpft, Ricardo. Fällig war das schon lange, aber wie es schien, kam ich gerade richtig, um dir zu zeigen, wohin du gehörst!«
    Beatrice kniete sich neben Ricardo Giorini und biss sich auf die Lippen, um nicht zu schreien. Rohes Fleisch, Haut- und Stofffetzen waren nicht voneinander zu unterscheiden. Was war in Federico gefahren? Hatte ihn der Teufel geritten? Im Hintergrund hörte sie leises Klatschen und Rodolfos raue Stimme.
    Â»Bravo, das war eine Maßregelung nach meinem Geschmack. Man muss dem Pack zeigen, wo sein Platz ist. Staub müssen sie fressen, die Nichtsnutze. Wollen auf unserem guten Land leben und nichts dafür hergeben.«
    Beruhigend streichelte Beatrice über Ricardos Kopf. »Rühr dich nicht. Ich schicke gleich Ansari her.« Dann stand sie auf und drehte sich zu den Männern um. »Rodolfo da Sesto, Ihr seid ein wahrhaft tapferer Mann – erstecht Sterbende und klatscht, wenn ein Wehrloser ausgepeitscht wird. Bravo, sage ich zu so viel Mannhaftigkeit. Bravo!« Sie raffte ihre Röcke und marschierte zum Ausgang.
    Â»Wohin gedenkt Ihr zu gehen?«, rief ihr Mann sie zurück.
    Â»Ich hole den Medicus, damit er sich um Ricardo kümmert. Immerhin ist er eine wertvolle Arbeitskraft. Ihn zu verlieren wäre ein schmerzhafter Verlust, und um Geld geht es Euch doch, oder nicht?«
    Sein Gesicht zuckte, doch ein Hauch von Erkenntnis zeigte sich, und die blinde Wut schien verraucht. »Dann könnt Ihr gleich im Haus Bescheid geben, dass wir hier sind und Essen vorbereitet wird.«
    Wovon?, dachte Beatrice, während sie davoneilte. Wovon soll ein prächtiges Mahl gerichtet werden, wenn die besten Tiere und der Großteil der Erträge nach Lucca geliefert werden müssen? Doch sie schwieg und war froh, als sie Ansari in der Küche mit Alba und Ines fand. Ungläubig lauschte er ihren knappen Erklärungen und ging sofort zum Stall.
    Alba saß auf dem Fußboden und spielte mit ihrer Katze. Als sie Beatrices trauriges Gesicht sah, hob sie die Katze auf und gab sie Beatrice in den Arm. »Ihr müsst Fio streicheln, dann fängt er an zu schnurren, und Euch geht es besser.« Sie lächelte und strich über das weiche Fell.
    Ohne dass sie es wollte, liefen Beatrice die Tränen über die Wangen. »Das ist sehr lieb von dir, Alba.«
    Alba strahlte, denn es war lange her, dass Beatrice so herzliche Worte für sie gefunden hatte. Es dauerte jedoch nicht lange, da hörten sie Federico laut und herrisch nach Beatrice rufen. Seufzend gab sie Alba die Katze zurück und ging zu ihrem Mann in einen der vorderen Salons.
    Er wartete in einem Sessel, die Stiefel auf einem Schemel, und trank Wein. »Setzt Euch, Beatrice.«
    Schweigend nahm sie Platz und faltete die Hände in ihrem Schoß. Auf ihrem hellen Kleid waren Flecken von Ricardos Blut zu sehen.
    Â»Seht mich nicht so vorwurfsvoll an, als wäre der Tag des Jüngsten Gerichts gekommen. Ihr wisst nicht, wie man die Leute führen muss, damit sie nicht aufsässig werden. Wisst Ihr, was in Lucca geschehen ist? Da tanzt der Mob auf den Straßen, noch nicht täglich, aber hin und wieder. Der Pöbel ist respektlos geworden, und es geschieht immer häufiger, dass wohlhabende Bürger mit Dreck beworfen oder bestohlen werden, ohne dass es jemanden kümmert.«
    Â»Die Leute haben Hunger, und sie sind es leid, wie Hunde behandelt zu werden.«
    Er lächelte, aber nur für Sekunden, dann trank er einen großen Schluck Wein und sagte: »Ich bin nicht mehr liquide, Beatrice.«
    Â»Wie bitte?« Ihre Hände wurden kalt.
    Â»Tja, wie soll ich es anders ausdrücken – ich habe kein Bargeld mehr, bin nicht mehr flüssig. Bei den Banken in Lucca habe ich noch Kredit, bei der Medici-Bank in Florenz habe

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