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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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undankbar gegen seinen besten Feldherrn gezeigt und ihm nicht die versprochenen Lehen Carpi und Sora gegeben. Umso überraschter war Tomeo über die folgenden Eröffnungen.
    Â»Ihr seid ein weitaus besserer Verfechter in der Sache des Kaisers als ich, mein aufrechter capitano , und hättet dem schlitzohrigen Kanzler sofort die Tür gewiesen oder, noch wahrscheinlicher, ihn sofort mit einem Degenstreich niedergestreckt.«
    Entrüstet wollte Tomeo abwehren, doch Pescara gebot ihm mit erhobener Hand zu schweigen. »Nein, lasst mich weitersprechen. Was man mir angetragen hat, war, um es kurz zu machen, den Kaiser zu verraten! Oh, es geht um Freiheit für Italien, ganz ehrenhaft, aber das sei nur möglich im Bund mit der Heiligen Liga, die just vom Papst, Frankreich und England gegründet worden ist. Ganz perfide erklärte mir Morone, dass ich, der von Geburt Neapolitaner ist, dem Kaiser ruhig den Eid brechen könne, weil Neapel eigentlich ein Lehen der Kirche sei. Deshalb sei ich doch eher dem Papst als dem Kaiser verpflichtet. Und wenn ich dann mit meinem Heer den Sieg für Papst und Liga erstritten habe, wollte man mir das Königreich Neapel geben.« Pescara lachte bitter. »Er schmierte mir viel Honig um den Bart, dass ich der größte Feldherr sei und der Kaiser auch an anderen Fronten kämpfe und Italien bald vergessen werde. Natürlich hat Karl Probleme mit den Türken und den deutschen Fürsten wegen dem Luther, aber deshalb lässt er Italien nicht fallen!«
    Erschüttert trank Tomeo seinen Wein. Hatte Morone wirklich glauben können, Pescara wäre ein Verräter? Vielleicht war Pescara intrigant und unzufrieden, aber er war im Herzen Spanier und allein deswegen dem Kaiser näher, als er es dem Papst je sein könnte.
    Â»Erhellend fand ich Morones Strategie, nach der ich zuerst für den Papst seine Städte und Provinzen zurückerobern und dann als Schiedsrichter in Florenz einreiten und Ordnung schaffen sollte. Dieser Ignorant! Als wäre das ein Sonntagsausritt. Ach ja, und auf einen Streich, so nebenbei hätte ich auch Venedig erobert und wäre gleich der Doge der Serenissima.« Kopfschüttelnd leerte er seinen Becher.
    Â»Beinah vergaß ich – natürlich hätte ich dazu General Leyva und einige andere verdiente Männer ermorden lassen müssen. Aber das wäre dann reine Formsache …« Er grinste bitter.
    Â»Wann hat der Kanzler Euch diesen Plan unterbreitet?«
    Â»Vor einigen Tagen. Ich habe mir Bedenkzeit ausgebeten.«
    Â»Und Bourbon, wo stünde der in diesem Szenario?«
    Â»Ach ja, ich hab mir ausbedungen, Mailand dem Connétable Bourbon zu geben und Sforza hinauszujagen. Ihr hättet des Kanzlers Gesicht sehen sollen! Entsetzt schreckte er zurück. Seinen Liebling, Francesco, seinen holdseligen Herrn, niemals könne er den preisgeben. Aber nicht lange, und er meinte, für Italien wäre selbst dieses Opfer zu verkraften.«
    Â»Für Italien? Italien ist eine Ansammlung von Republiken und Fürstentümern. Wenn überhaupt, kann es nur dem Kaiser gelingen, Italien unter seiner Oberhoheit zu einen.« Auch wenn der Krieg ihn ernüchtert hatte, mochte Tomeo die Hoffnung auf friedliche Zeiten unter Karls Herrschaft nicht aufgeben.
    Pescara sah ihn aus dunklen, traurigen Augen milde an. »Das ist ehrenhaft und wacker gesprochen. Genauso habe ich es von Euch erwartet, und deshalb seid Ihr hier. Ihr seid mein Gewissen, capitano , die Stimme des Kämpfers, der mit dem Herzen für seine Sache eintritt und nicht für Gold, wie die Söldner.«
    Erschöpft von seiner langen Rede lehnte Pescara sich zurück und sah aus dem Fenster in die Dunkelheit. Ein Windstoß blies die Kerzen aus, und eine Weile verharrten die beiden Männer schweigend an ihren Plätzen. Von unten klangen Stimmen und Waffengeklirr herauf. Der Schmied klopfte auf seinem Amboss.
    Â»Wir bereiten den Angriff auf Mailand vor.«
    Â»Und Morone?«
    Â»Ich habe ihn für morgen Abend bestellt. Dann wird Leyva in einer Geheimkammer hinter den Büchern dort drüben stehen und uns belauschen. Ich will Morones Verrat öffentlich machen.«
    Â»Wollt Ihr ihn richten lassen?«
    Pescara zuckte müde mit den Schultern. »Was würde das ändern? Ich weiß es noch nicht. Bourbon und Leyva sollen das mitentscheiden. Dann werden die endgültigen Marschrouten und Angriffsmanöver

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