Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
Vom Netzwerk:
Samt und Gold waren die vorherrschenden Farben. Clemens trug einen weißen, pelzgefütterten Umhang über seinem weißen Rock und sah ihnen kühl und überlegen entgegen.
    Hinter ihm stand sein illegitimer Sprössling, Alessandro, der Mohr, den Mari erst wenige Male aus der Ferne gesehen hatte. Er hatte wulstige Lippen, hervorquellende dunkle Augen und auffallend fleischige Ohren unter kurzen, krausen Haaren. Auch seine olivfarbene Haut war in Zeiten, in denen die Frauen sich weiß puderten, ein Makel, doch wirklich hässlich machten ihn seine Gesichtszüge. Sie ließen keinen Zweifel an seiner Grausamkeit. Lauernd betrachtete Alessandro de’ Medici Mari, der sich bescheiden neben Flamini stellte. Ohne den Sekretär aus den Augen zu lassen, beugte sich Alessandro zu seinem Vater und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Papst Clemens wartete, bis sein Sohn geendet hatte, und sagte zu Mari: »Wir sind nicht zufrieden mit dem, was in Lucca vor sich geht.«
    Â»Nein, Euer Heiligkeit.« Mari faltete die Hände und deutete eine demütige Verbeugung an.
    Â»Wir hatten wenig Zeit, Uns um dieses Problem zu kümmern, weil Wir Unser Reich gegen die spanischen Invasoren verteidigen müssen.« Clemens neigte sich vor, und seine Augen sprühten vor Zorn.
    Heute wäre kein guter Tag, den Papst nach einem anderen Auftrag zu fragen. Mari befeuchtete seine Lippen, während Flamini neben ihm hin- und herwippte.
    Â»Was ist das für eine Geschichte mit den Handschuhen, die Agozzini angeblich seinem Mörder gegeben hat? Jemand wurde verhaftet, aber es ist noch nicht zu einer Verurteilung gekommen. Warum nicht?«
    Â»Ã„h«, stammelte Mari. »Man hat mir versichert, dass Andrea, ein Diener des Tuchhändlers Federico Buornardi, der Mörder sei. Aber selbst unter der Folter will der Diener nicht gestehen.«
    Â»Wer hat Euch von den Handschuhen erzählt?«
    Clemens war unerbittlich. Mari seufzte. »Ich weiß es nicht, Euer Heiligkeit, das ist ein Dilemma, aber ich weiß es nicht.«
    Â»Habt Ihr einen Verdacht, wer der Mörder ist? Denn der wird erneut versuchen, unsere Pläne zu durchkreuzen.« Der Papst dachte nach. »Und wenn man Euch absichtlich mit den Handschuhen auf eine falsche Fährte gelockt hat? Habt Ihr daran schon gedacht?«
    Â»Nein, Euer Heiligkeit, auf diesen Gedanken bin ich noch nicht gekommen. Aber wenn das so ist und ich jetzt mit dem Geld und dem Brief Eures Sohnes nach Lucca zurückkehre, dann bin ich in Gefahr! Ich meine, dann will der Mörder doch auch nicht, dass ich mich mit dem Verbündeten treffe.«
    Alessandro grinste. Seine weißen Zähne schimmerten im Kerzenlicht, genau wie die goldenen Knöpfe auf seinem Wams.
    Â»Ihr werdet Euch eben geschickt anstellen müssen, Mari. Der Luccheser hat nicht nur den Treffpunkt vorgeschlagen, sondern auch nach Euch als Boten verlangt. Ich werde Euch einen Beschützer mitgeben, denn Ihr wollt kaum allein mit zweitausend Scudi über Land reisen.«
    Â»Ihr müsst einen Verdacht haben, wer Agozzini ermordet hat. Und wenn Ihr keinen habt, dann deckt Ihr vielleicht jemanden?«, fragte Alessandro drohend.
    Energisch schüttelte Mari den Kopf. »Aber nein, wen sollte ich decken? Ich habe doch sogar die Liste von der Verschwörung der Poggios gefunden.«
    Clemens hob die Augenbrauen. »Ach ja, Flamini hat das erwähnt. Wo genau habt Ihr sie gefunden?«
    Mari schilderte die Feier bei Connucci und unterstrich seinen Scharfsinn beim Auffinden des Verstecks in der Statue.
    Alessandro verzog ungehalten das Gesicht. »Kommt zur Sache, Sekretär Mari!«
    Â»Der Marchese Connucci hatte also die Liste. Interessant, in der Tat. Den Namen seines Bruders habe ich erst kürzlich auf einer Liste für Kardinalsanwärter gelesen. Da würde der Marchese wohl kaum meinen Legaten umbringen lassen, meint Ihr nicht, Mari?« Clemens hatte einen Ellbogen auf sein Bein gestützt und rieb die Fingerspitzen aneinander.
    Â»Genau. Deshalb habe ich den Marchese als Verdächtigen sofort ausgeschlossen«, sagte Mari eifrig und spürte Flaminis missmutigen Blick auf sich.
    Alessandro schnaubte verächtlich. »Ihr seid ein Feigling!«
    Sein Vater gebot ihm zu schweigen. »Und wenn der Marchese die Liste besitzt, warum ist nicht er Unser geheimnisvoller Verbündeter? Also, Mari, ich sehe keine Gefahr darin, Euch zurückzuschicken, und wenn Ihr

Weitere Kostenlose Bücher