Die Tochter des Tuchhandlers
auÃer der Verhaftung von Andrea, der allem Anschein nach unschuldig war, nichts vorzuweisen.
Plötzlich drehte sich Flamini um. Er hatte den Rang eines Kardinals, doch er zog es vor, sich schwarz zu kleiden, nur der purpurne Saum an seinem Rock und der Ring zeigten seinen Status. Stechende graue Augen, eine dicke Nase und schmale Lippen kennzeichneten sein kantiges Gesicht, das etwas von der Verschlagenheit eines StraÃenjungen hatte. Kaum jemand wusste um die niedrige Herkunft Flaminis, der bis zu seinem achten Lebensjahr in der Gosse gelebt hatte und dann von einem Priester aufgenommen und ausgebildet worden war. Aber Mari würde sich eher die Zunge abbeiÃen, als je Flaminis Vergangenheit zu erwähnen. »Nichts! Ihr habt nichts erreicht! Das hätte ich mir denken können. Ihr seid ein Träumer, Alberto.« Er spielte mit seinem Rosenkranz.
Mari senkte den Blick. »Euer Exzellenz, ich bin am Ende meiner Weisheit. Wer auch immer sich mit Agozzini treffen wollte, hält sich jetzt bedeckt, und vom Mörder gibt es noch keine entscheidende Spur, obwohl jemand verhaftet worden ist.«
»Ich weiÃ. Glaubt Ihr, ich habe keine Spione?«
»Aber warum habt Ihr dann mich geschickt? Ich bin eingesperrt und gefoltert worden, aber ich konnte nichts sagen, weil ich gar nichts weiÃ.« Während seines Aufenthalts in Lucca hatte er natürlich Berichte an Flamini geschickt. Dabei hatte er die peinlichen Details seiner Gefangenschaft weggelassen und auch nicht erwähnt, dass man ihn genötigt hatte, Andrea anzuschwärzen, und dass die belastenden Handschuhe nur untergeschoben waren. Wenn Flamini auch nur ahnte, dass er für seinen Entführer spionierte, wäre sein Leben keinen Scudo mehr wert.
»Eine merkwürdige Sache war das mit Eurer Gefangenschaft. Und Ihr wisst natürlich nicht, wer dafür verantwortlich ist?«
Mari schüttelte den Kopf. Durch die kleinen Fenster fiel auch bei Tag kaum genügend Licht in den Raum. Und jetzt brannten lediglich drei Kerzen und eine Ãllampe. In einem Kohlenbecken verrauchte die letzte Glut, aber Flamini schien die Kälte nicht zu stören. Auf einem Schreibtisch lagen Papiere und versiegelte Rollen.
»Nun, dann werden wir das Ganze beschleunigen müssen. Unser Plan, Pescara auf unsere Seite zu ziehen, ist fehlgeschlagen. Wir haben alles versucht und ihm sogar die Krone von Neapel angeboten, aber dieser Trottel hält zu seinem spanischen Kaiser.«
Es hatte Gerüchte über Hochverrat in Mailand gegeben, und Mari hatte sich gewundert, dass Pescara den Kanzler Morone nicht sofort zum Tode verurteilt hatte. Aber es hieà auch, dass der Feldherr schwer krank war. Vielleicht war er der Intrigen überdrüssig, genau wie ich, dachte Alberto Mari und hoffte, dass Flamini eine andere Aufgabe für ihn gefunden hatte.
»Noch halten die Franzosen mit Sforza Mailand, aber das ist eine Frage der Zeit. Hunger und Pest raffen auch die Besten dahin. Unser Heiliger Vater hat natürlich keine Schuld an der Verschwörung. Das war allein Morones Idee!« Flamini zeigte eine Reihe brauner Zähne.
O ja, der Papst, der die Verschwörung angezettelt hatte, denn nur er konnte schlieÃlich Neapel als Preis aussetzen, wusch seine Hände in Unschuld und schickte wahrscheinlich gerade den nächsten Boten zu Karl, um einen neuen Waffenstillstand auszuhandeln.
»Alberto, schaut nicht so verdrossen drein. Es gibt immer mehr als einen Weg, ein Ziel zu erreichen. Der Heilige Vater will, dass Florenz endlich wieder von einem Medici regiert wird. Alessandro ist hier.«
Erschrocken fuhr Mari zusammen. Alessandro, der Mohr, war hier im Vatikan? Jeder wusste, dass Alessandro nicht nur hässlich, sondern auch brutal, hinterhältig und von geringer Intelligenz war. Die Florentiner würden sich kaum über diesen Medici-Spross freuen!
»Wir werden gleich gemeinsam zu Seiner Heiligkeit gehen und seine Befehle entgegennehmen. Sein Sohn wird zugegen sein, um diesem Unternehmen mehr Nachdruck zu verleihen, denn mir scheint, Ihr habt den Ernst der Sache nicht verinnerlicht. Es geht um Florenz, Alberto!«
»Und was ist mit Lucca?«
Flamini lachte. »Das ist typisch für Euch. Lucca ist seit jeher ein Dorn im Auge der Signoria, die sich die reiche Republik gerne einverleiben möchte. Wir tun nichts weiter, als dem Ganzen einen kleinen Stoà in die richtige Richtung zu versetzen. Die Zeit ist
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