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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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günstig, denn die Seidenweber sind unzufrieden, das Volk ist verunsichert durch den Religionsstreit und den Krieg, und in Lucca gibt es jemanden, der bereit ist, seine Stadt für genügend Geld zu verraten.« Zufrieden rieb der Geheimsekretär sich die Hände. »Mir ist von zuverlässiger Seite versichert worden, dass unser Verbündeter es immer noch ernst meint.«
    Â»Aber wie? Wer?«, stammelte Alberto verwirrt.
    Â»Das Wie erkläre ich Euch gleich. Das Wer liegt noch im Dunkeln, was mich aber nicht allzu sehr beunruhigt, weil ich von der Integrität meines Verbündeten überzeugt bin. Ein gerissener Bursche, dieser Kerl, aber darin liegt ja der Reiz der ganzen Sache.«
    Â»Arbeitet er denn allein?«
    Â»Oh, er ist nicht allein. Stellt Euch nicht dümmer, als Ihr seid, Alberto, und ich weiß, dass Ihr über einen sehr klugen Verstand verfügt. Natürlich hat der Mann Sympathisanten. Dazu gehören zum Beispiel die Namen, die Ihr auf dem Papier bei Connucci gelesen habt. Gemeinsam werden diese Leute uns im richtigen Augenblick die Stadttore öffnen, und weil sie dann schon vorher den Großen Rat entmachtet haben, werden unsere Truppen leichtes Spiel haben und Lucca in einem Überraschungsstreich einnehmen. Und wenn Alessandro Lucca erobert hat, wird er in Florenz als Sieger einziehen. Außerdem gehe ich davon aus, dass Karl irgendwann genug von seinem Italienkrieg hat, und dann, ja dann gehört uns alles!«
    Â»Aber Euer Luccheser Verbündeter ist durch den Mord an Agozzini so verschreckt worden, dass er sich gar nicht mehr meldet!«
    Flamini deutete auf den Schreibtisch. »Keineswegs. Deshalb seid Ihr hier. Er bittet um ein neues Treffen. Er verlangt zweitausend Scudi und einen Brief von Alessandro de’ Medici. Dafür, dass er sein Leben aufs Spiel setzt, ist das ein fairer Preis. Nach gelungener Operation erhalten er und seine Verbündeten eine noch abzuklärende Summe und er das Amt des gonfaloniere von Lucca auf Lebenszeit.«
    Darum also ging es! Mein Gott! »Aber wer ist dieser Verräter?«
    Flamini kam zu seinem Sekretär, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Er will seine Identität noch nicht preisgeben. Aber wenn er Alessandros Schreiben und das Geld als Zeichen unseres guten Willens sieht, wird er sich offenbaren, und Ihr werdet der Mann sein, der unseren mysteriösen Verbündeten am zweiten Sonntag im Dezember, also von heute an in zwei Wochen, im Dom von San Martino trifft.«
    Â»In San Martino?« Mari verschluckte sich vor Schreck und hustete, verzweifelt nach Luft ringend. »Ich?«
    Â»Ihr, weil Ihr keinen Verdacht in Lucca erweckt. Inzwischen kennt man Euch dort, und warum nicht San Martino? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man dort einen zweiten Mord begehen wird, außerdem hat unser Verbündeter den Ort bestimmt.«
    Alberto öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder, als Flamini die Hand hob. Er hatte Angst, zurück nach Lucca zu gehen. Federico Buornardi hatte allen Grund, ihn zu hassen, das hatte er deutlich genug gesagt.
    Â»Keine Widerrede! Ihr habt Euch nicht mit Ruhm bekleckert und für Eure gut bezahlte Position noch nicht viel geleistet. Es wird Zeit, dass es sich auszahlt, jemanden wie Euch zu beschäftigen. Gehen wir!« Obwohl Flamini einige Jahre älter war als Mari, hatten seine Bewegungen eine Leichtigkeit, die Mari immer wieder überraschte.
    Das gute Essen, das er zu sehr liebte, machte ihn schwer und seine Gelenke rostig, aber nicht seinen Geist, dachte Alberto Mari und nahm sich vor, den Papst von seiner Unbrauchbarkeit als politischer Intrigant zu überzeugen. Leider würde der Papst nur gnädig zuhören, wenn er guter Stimmung war. Mari wischte sich die Stirn, auf der sich Schweißperlen sammelten, und suchte mit Flamini Schritt zu halten, der vor ihm über den Korridor eilte.
    Zwei Gardisten zeigten an, dass sich hinter der vergoldeten Tür die päpstlichen Gemächer befanden. Da Flamini hier ein und aus ging, rückten sie auseinander und ließen die beiden Männer hindurch. Ehrfürchtig verneigte Mari sich, kaum dass er eingetreten war, und ging hinter Flamini zum Sessel des Papstes, um die dargereichte Hand zu berühren. Clemens war schlank und sehnig und hatte die lange Medici-Nase. Seine Züge waren ernst, der Mund verkniffen. Der Sessel stand auf einem Podest, auf dem sich auch das Baldachinbett befand. Roter

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