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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Schlägen, aber diese Schmerzen waren harmlos im Vergleich mit dem, was dann folgte. Als sie erneut zu schreien begann, presste er ihr eine Hand auf den Mund, ohne jedoch von ihr abzulassen. Tränenblind sah Alba nur sein goldenes Medaillon, das im Rhythmus seiner Bewegungen über ihr hin und her pendelte. Jetzt erlebte sie, was sie als Kind dutzendfach von ihrer schmutzigen Bettstatt mit angesehen hatte. Sie erinnerte sich gut an die strengen Ausdünstungen, den Geruch von ranzigen Kleidern und Kot, der die Hütte erfüllt hatte, während die Männer bei ihrer Mutter gelegen hatten. Nachdem der Marchese endlich von ihr abließ, blieb ein klebriges Gefühl zwischen ihren Schenkeln. Alba fühlte sich erniedrigt und beschmutzt und so gedemütigt, wie kein Peitschenhieb es je vermocht hatte. »Ich wünschte, ich wäre tot …«, flüsterte sie.
    Der Marchese hatte sich erhoben und den Mantel wieder angelegt. Amüsiert zog er die Augenbrauen hoch. »Nun, gar so schlimm kann es nicht gewesen sein. Du bist noch sehr jung. So, und nun zwitschere, mein kleines Vögelchen!«
    Â»Nein!«
    Der Marchese schüttelte mitleidig den Kopf. »Ich habe bekommen, was ich wollte, aber vielleicht ist es dir lieber, wenn ich den Zwerg holen lasse? Er ist ein ganz wilder Bursche mit einem enormen Zapfen zwischen den kurzen Beinen. Dado kennt Praktiken, von denen du keine Vorstellung hast. Und sie können verdammt schmerzhaft sein …«
    Alba ekelte sich schon bei dem bloßen Gedanken an den hässlichen Zwerg mit den gelben Zähnen. Mit bebenden Händen wischte sie sich die blutige Lippe. »Ihr seid abscheulich!«
    Â»Nein, Dado ist abscheulich, denk lieber daran.«
    Was sie eben erleiden musste, war mehr als genug gewesen. Selbst für ihre Herrin würde sie nicht ertragen können, dass der Zwerg sie anrührte. Lieber würde sie sterben oder … Also erzählte Alba dem Marchese, was er wissen wollte.
    Er hörte zu, fragte nur einmal nach dem genauen Zeitpunkt des Verrats und schien sehr zufrieden. Als sie geendet hatte, befahl er ihr, aufzustehen, den Umhang wieder umzulegen und der Marchesa von ihrem Gespräch nichts zu erzählen. »Ich erfahre alles, was in diesem Haus geschieht, Alba, also versuch nicht, es der Marchesa zu sagen.« Dann nahm er einen geprägten Golddukaten aus einer Kassette und gab ihn Alba in die Hand.
    Ungläubig starrte sie auf das Goldstück, auf dem das Antlitz des Papstes zu sehen war. Die Münze musste von großem Wert sein!
    Er öffnete die Zwischentür, wo Averardo bereits auf sie wartete. Bevor sie mit dem Sekretär davonging, flüsterte der Marchese ihr ins Ohr: »Denk an Dado …«
    Ein eiskalter Schauer rieselte Alba über den Rücken, als sie dem Sekretär mit der Münze in ihrer Faust in einen anderen Flügel des Palazzo folgte. Ängstlich schaute sie sich immer wieder um, doch der Zwerg war nirgends zu sehen. Durch hohe Fenster fiel das Licht in die Korridore, an deren Wänden neben Gemälden und Teppichen auch Spiegel hingen. Mit einem Zipfel ihres Umhangs wischte sie sich die Wangen trocken. Ihre Lippe pochte und fühlte sich geschwollen an. Aber der Golddukaten wog schwer in ihrer Hand. Da, wo sie herkam, waren Ehre und Treue nur durch Gold aufzuwiegen.
    Vor einem Durchgang zu einem weiteren Korridor stand ein Bewaffneter, der sie durchließ, als Averardo sagte, dass der Marchese den Besuch genehmigt hatte. Unter den Fenstern standen Truhen mit reicher Verzierung, und neben einer Tür verdunkelte ein mächtiger Schrank aus schwarzem Holz den Gang. Vor dieser Tür blieb Averardo stehen und sagte einer wartenden Kammerfrau, dass Alba die Marchesa zu sprechen wünsche. Ohne ein weiteres Wort ließ der Sekretär sie dort stehen und ging davon.
    Â»Warte.« Die Kammerfrau, ein junges Mädchen mit streng unter einer Haube versteckten Haaren, ging zu ihrer Herrin, kam jedoch sofort zurück und hieß Alba eintreten. »Geht nicht zu dicht heran, sie ist krank.«
    Alba versicherte zum wiederholten Mal, dass sie sich nicht anstecken konnte, und betrat das Krankenzimmer der Marchesa Bernardina Chigi del Connucci. Hellblaue Vorhänge vor den Fenstern ließen etwas Licht herein, im Kamin brannte ein Feuer, das Funken auf die Terrakottafliesen warf. Ein Baldachinbett war mit zarten weißen Vorhängen gänzlich verhüllt.
    Â»Komm her,

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