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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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sind einhundert Scudi, die du deiner Herrin von mir gibst. Wenn ihr Mann ihr Vermögen eingezogen hat, wird sie das Geld gebrauchen können. Du hast deinen Golddukaten, also gib Beatrice die ganze Summe. Ich weiß, dass Dienerinnen gern für sich selbst etwas abzweigen. Jetzt geh!«
    Alba zog die Kapuze ihres Umhangs über den Kopf und wurde vom Diener der Marchesa hinausgeschoben. Er führte sie nicht zurück durch den Palazzo, sondern durch ein schmales Treppenhaus direkt hinunter in einen kleinen Hof, der zum Park hinaus lag. Es war kälter als am Morgen, und ihr Atem gefror in der Luft. Der Diener, ein gebeugter Mann mit grauen Haaren und ausdruckslosem Gesicht, ging mit weit ausholenden Schritten an der Palazzomauer entlang. Alle paar Meter sah Alba vergitterte Öffnungen, aus denen unterdrückte Schreie heraufschallten. »Was ist da unten?«
    Â»Der Kerker.«
    Der Palazzo Buornardi hatte keinen Kerker, nur einen Kellerraum, in den ungehorsame Diener gesperrt wurden, aber nie für lange. Plötzlich wurde Alba sehr kalt, und als der Diener endlich eine Tür in der Mauer öffnete, durch die sie auf die Straße gelangte, sah sie sich kurz um und lief, ohne anzuhalten, zurück zum Palazzo Buornardi in der Via Santa Giustina. Die dunklen Wolken verhießen Schnee, und es ging auf den späten Nachmittag zu. Einige Male hörte sie jemanden hinter ihr schreien. Vielleicht ein Büttel, der sie aufforderte, ins Haus zu verschwinden. Doch Alba sah nicht hin, achtete weder auf Pferdemist noch auf Schlamm und stand bald darauf völlig außer Atem vor dem Haupteingang des Palazzo. Als die Tür von Pietro Farini geöffnet wurde, fiel ihr ein, dass sie keine Gewürze gekauft hatte.
    Â»Du hast sehr lange gebraucht, nur um Kräuter zu kaufen!« Der maestro di casa nahm sie am Arm, doch Alba riss sich wütend los.
    Â»Ich habe genug! Es reicht! Erst schickt man mich los, egal, ob ich da draußen krepiere, und jetzt werde ich wieder gemaßregelt. Geht doch selbst los, und verreckt an den Blattern!« Außer sich vor Wut stapfte Alba an dem entgeisterten Farini vorbei und rannte die Treppe hinauf.
    Beatrice war in ihrem studiolo und schrieb einen Brief, legte die Feder jedoch sofort nieder, als sie das Mädchen sah. »Alba! Wie schön! Du bist zurück. Deine Lippe? Was ist passiert?«
    Die Madonna hatte sie dorthin geschickt, aber von ihrer Demütigung durch den Marchese würde sie nichts erzählen. Der Golddukaten gehörte ihr. Sie löste die Schnüre des vom Dreck schwer gewordenen Umhangs und ließ ihn auf den Boden gleiten. Dann nahm Alba den Lederbeutel von ihrem Gürtel und reichte ihn der Madonna. »Ich bin gestürzt. Das ist von der Marchesa. Sie hat gesagt, dass Ihr es brauchen werdet, und Ihr könnt immer auf sie zählen. Ach ja, und sie wird alles Nötige veranlassen.«
    Verwundert wog Beatrice den Beutel und warf einen kurzen Blick hinein. »Meine Güte, das müssen mindestens sechzig Scudi sein!«
    Â»Einhundert!«
    Â»Hat Farini das gesehen? Oder Signor Federico?« Ängstlich verschnürte sie den Beutel wieder und versteckte ihn in den Falten ihres Kleides.
    Â»Nein.«
    Â»Ist wirklich alles in Ordnung, Alba? Hat man dich geschlagen?« Beatrice konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Mädchen ihr etwas verheimlichte, weil sie direkten Blickkontakt vermied und verschlossener als sonst schien.
    Â»Es ist nichts, Madonna. Ich bin schnell gerannt, und im Palazzo Connucci hat es mir nicht gefallen. Ihr schickt mich nicht noch einmal dorthin?«
    Â»Ich weiß noch nicht, aber wenn du nicht willst, werde ich jemand anderen finden müssen, dem ich vertrauen kann.« Beatrice seufzte. Vielleicht hatte sie Alba überschätzt, doch sie war ungefähr zwölf Jahre alt und damit fast im heiratsfähigen Alter.
    Â»Nein, nein, wenn es sein muss, gehe ich wieder hin«, versicherte Alba schnell, die ihre bevorzugte Stellung bei Beatrice auf keinen Fall verlieren wollte.
    Es klopfte, und die Zofe der Signora bat Beatrice, zu ihrer Herrin zu gehen.
    Lorenza lag auf ihrem Bett und sah ernsthaft krank aus. Beatrice erschrak, als sie das aufgedunsene Gesicht mit den dunklen Augenrändern erblickte. »Fühlt Ihr Euch nicht wohl?«
    Â»Sehe ich wohl aus?«, keifte Lorenza. »Nein, es geht mir nicht gut. Der Medicus hat mich schon zur Ader gelassen, aber danach

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