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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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erhöhte Abgaben, weil das Heer in Oberitalien kaum noch zu finanzieren war. Zudem war Francesco Sforza de Riario, der Bischof von Lucca, außer sich vor Wut über den Mord an Agozzini in seinem Dom. Riario setzte alle Hebel in Bewegung, um die oder den Mörder aufzuspüren. Von Spitzeln aus dem Vatikan, die die Luccheser ausspionieren sollten, war die Rede.
    Der alte Buornardi griff nach ihrem Arm. »Das ist schlimm, aber Eure Familie steht auf der richtigen Seite. Wir alle wissen, wofür wir kämpfen und wofür wir unser Geld geben. Der Papst würde Lucca aussaugen bis zum letzten Scudo, und an eine französische Besatzung wage ich gar nicht zu denken.«
    Dies also war der Grund für ihre Heirat. Was hatte sie anderes erwartet? Ein kalter Windstoß fegte über den Hof ins Haus. Sie erschauerte. Die Männer waren dabei, Arrigo Poggio in Tücher zu wickeln. Seine Familie würde die Tat nicht ungesühnt lassen. Die Gesetze der Blutrache forderten Vergeltung und bedeuteten noch mehr Blut und trauernde Witwen. Buornardi hustete.
    Â»Signore, wir können jetzt nichts tun, und Ihr werdet Euch hier draußen erkälten. Wollt Ihr mir von der Seide erzählen, die Ihr verarbeitet? Es heißt, die Reinheit des Gewebes sei unübertroffen.«
    Ãœber das Gesicht des Alten glitt ein Lächeln. »Kommt mit in unser Kontor. Dort haben wir Warenproben, und Agostino Nardorus wird Euch alles zeigen. Er ist ein hervorragender Geschäftsführer und meine, das heißt Federicos, rechte Hand.«
    Ohne zu zögern, machte sich Buornardi mit Hilfe seines Stockes zu den Räumen auf, in denen er bis zur Übergabe der Geschäfte an seinen Sohn tätig gewesen war. Das erste Kontor, welches zur Straße hinaus lag, war schmal. Fünf Männer mittleren Alters standen an Pulten und übertrugen Geschäftsvorgänge von Zetteln in Bücher. Zwei Jungen saßen an einem Tisch und schnitten Papierbögen in Stücke. Papier war teuer, und selbst der kleinste Zettel fand Verwendung. Die Männer hielten inne, legten die Federn nieder und grüßten Ser Buornardi. Es war zu spüren, dass Federicos Vater den Respekt seiner Untergebenen genoss. Durch eine Verbindungstür gelangten sie in das Hauptkontor, in das mehr Licht fiel. In den Regalen standen eiserne Geldkassetten, Geschäftsbücher waren in Gitterschränken verschlossen, und neben zwei Bänken und den üblichen Pulten gab es mehrere Sessel.
    Agostino Nardorus, den Beatrice einige Male im Kontor ihres Vaters gesehen hatte, war mit der Versiegelung von Briefen beschäftigt. Er legte das Petschaft aus der Hand und stand auf, um seinen Brotgeber zu einem Sessel zu führen. »Signore, bitte, nehmt Platz. Monna Beatrice, Euer Vater wird Eure Hilfe vermissen.« Der blasse Mann mit strähnigen, frühzeitig ergrauten Haaren sah sie freundlich lächelnd an. Äußerlich unscheinbar, verfügte er über einen scharfen Verstand und untrüglichen Geschäftssinn, mit dem er den Buornardis manchen Gewinn beschert hatte.
    Buornardi horchte auf. »Warum sagst du das, Agostino?«
    Â»Fast immer, wenn ich in Messer Rimortellis Kontor kam, war auch Madonna Beatrice dort und schrieb oder suchte die besten Stoffe heraus. Ihr habt ein gutes Auge, Madonna«, lobte Nardorus Beatrice.
    Â»Nun ja.« Verlegen strich Beatrice über eine Stoffbahn, die neben ihr über einem Sessel lag.
    Â»Ist das so? Nardorus, zeig ihr den neuen Stoff.« Buornardi beugte sich vor.
    Â»Ihr habt Eure Hand darauf, Madonna«, sagte Nardorus.
    Â»Was haltet Ihr davon? Wo kommt er her?«, fragte Ser Buornardi mit gespannter Miene.
    Dass es sich um erstklassige Seide handelte, hatte sie sofort gefühlt. Jetzt nahm sie den bordeauxfarbenen, hauchdünnen Stoff zwischen die Finger, rieb ihn sacht und hielt ihn gegen das Licht. »Das ist chinesische Seide. Gute Qualität, aber nicht die allerbeste Ware, dazu gibt es zu viele Unregelmäßigkeiten im Gewebe. Wenn Ihr mehr als zehn Scudi pro Elle dafür gegeben habt, hat man Euch übervorteilt.«
    Nardorus pfiff anerkennend durch die Zähne. Buornardi lachte leise. »Zeig ihr unsere Seide.«
    Neben Nardorus’ Pult stand ein massiver Aufsatzschrank, den er mit einem Schlüssel, der an seinem Hosenbund befestigt war, öffnete. In kleinen Stapeln lagen nach Farben sortierte Seidentücher in den Regalen. Ein zarter Duft von

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