Die Tochter des Tuchhandlers
Warum die Zitadelle? Das Unternehmen war aussichtslos! Warum?«
Der Verwundete zuckte und sagte kaum hörbar zwischen zusammengepressten Zähnen: »Sie hatten versprochen â¦Â« Er hustete und rang nach Luft.
Da Sesto trat ihm mit seinem Stiefel in die Seite. »Ihr hattet doch Helfer hier in Lucca! Wer auÃer den Poggios steckt noch dahinter? Na kommt schon, Arrigo. Dann sterbt Ihr nicht allein â¦Â«
Mit einer blutverschmierten Hand packte Arrigo Poggio plötzlich da Sestos Bein. »Aus den eigenen Reihen ⦠Verräter â¦Â«
Weiter kam er nicht, denn Rodolfo da Sesto stieà ihm seinen Degen durchs Herz, schüttelte die Hand von seinem Bein und trat angewidert zurück.
Ein Schwall Blut ergoss sich aus Arrigo Poggios Mund, sein Kopf sank zur Seite, und seine Augen blickten gebrochen zum Himmel.
»Verdammt, Rodolfo, warum habt Ihr ihn getötet? Er war dabei, uns etwas zu sagen!« Wütend starrte Federico auf die Leiche.
Da Sesto säuberte seinen Degen im Schnee und steckte ihn sorgfältig wieder in seinen Gürtel. »Die Hosen sind ruiniert. Er wäre sowieso gestorben. Dreckiger Verräter â¦Â« Verächtlich spuckte er auf den Toten und winkte seinen Begleitern. »Gehen wir zur Zitadelle! Vielleicht brauchen sie dort unsere Hilfe.«
Federicos Diener trat an die Leiche. »Die Zitadelle zu besetzen war eine wirklich dumme Idee. Typisch für den alten Poggio! Das hätten sie nicht tun sollen, die Zeit war noch nicht reif â¦Â« Andrea hob den Kopf, wobei ihm die Locken ins Gesicht fielen und seine Stimme dämpften, so dass Beatrice nicht alles verstehen konnte. »⦠aber wissen können sie es nicht, Signore?«
Federico nickte. »Nein.« Erst jetzt bemerkte er seine Frau, die der Szene neugierig beiwohnte. »Was habt Ihr hier verloren? Geht ins Haus zu den anderen Frauen.« Mit einer Hand scheuchte er sie fort. »Andrea, wir müssen eine Botschaft an den gonfaloniere schicken und den Rat einberufen.«
Gesenkten Hauptes verlieà Beatrice den Hof, verärgert über ihre eigene Dummheit, sich vor allen Männern zum Narren zu machen. Sie hörte noch, wie Andrea sagte: »Sie sorgt sich um Euch.«
»Ach ja? Das würde mich wundern â¦Â«, antwortete Federico mit beiÃendem Sarkasmus in der Stimme.
Wenn er sie weiter so behandelte, behielt er sicher recht, dachte Beatrice und hätte beinahe Baldofare Buornardi umgerannt, der mit seinem Gehstock langsam die Stufen in den Hof hinunterstieg.
»Entschuldigt, Ser Buornardi.«
»Beatrice, meine Schöne, was ist denn nur los? Alle sind aufgeregt, aber mir erklärt niemand etwas. Wer liegt da vorn? Ist mein Sohn verletzt?« Sein Atem ging schwer, und er legte eine Hand auf seine Brust.
Beruhigend nahm Beatrice die freie Hand des alten Mannes. »Eurem Sohn geht es gut. Es hat einen neuen Anschlag der Poggios gegeben.« Sie sah sich um, doch der giudice Luparini war nirgends mehr zu sehen.
»Ah, die Banditen! Lumpenpack ändert sich nicht! Unsere Republik werden sie nicht stürzen, die nicht!« Stolz und Patriotismus klangen aus seinen Worten.
Baldofare Buornardi hatte das Amt des gonfaloniere zweimal bekleidet und die Republik gegen den mächtigen und gierigen Nachbarn Florenz verteidigt. Die Signoria, wie Florenz genannt wurde, versuchte noch immer, ihr Einflussgebiet auszudehnen, und würde die kleinste Schwäche Luccas nutzen, um die Stadt zu beherrschen. Seit Lucca sich 1369 von Kaiser Karl IV. die Freiheit erkauft hatte, genoss die Stadt kaiserliche Protektion. Neben der freien Republik Venedig hatten die Fürstentümer Urbino, Ferrara, Mantua und Mailand ein wechselhaftes Schicksal zwischen französischer und spanischer Besatzung durchlitten und waren nun die letzten Bastionen auÃerhalb des Einflussgebiets vom Kirchenstaat des Papstes und vom Kaiser. Lucca bezahlte teuer für seine Freiheit, doch Unabhängigkeit hatte ihren Preis.
Baldofare sprach aus, was Beatrice dachte: »Wir Kaufleute sind es, die die Profite erwirtschaften, mit denen wir unseren Tribut an den Kaiser für den Erhalt von Luccas Freiheit bezahlen. Und diese Poggios und ihre Anhänger wollen der eigenen Zunft in den Rücken fallen. Schande über sie!«
»Nicht alle stehen auf der Seite des Kaisers«, wandte sie ein, denn die Stimmen der Guelfen, der Päpstlichen, wurden seit Wochen lauter. Der Kaiser forderte
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