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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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um sie und ließ sie zittern.
    Â»Wir hätten gleich wieder gehen sollen! Ihr seid doch nicht krank? Oh, der Herr wird mich auspeitschen lassen, wenn Euch etwas geschieht.« Mit energischen Bewegungen rieb Ines die Oberarme ihrer Herrin, regte damit die Blutzirkulation an und brachte etwas Farbe in die bleichen Wangen. »Ah, so ist es schon besser!«
    Ugo bat die beiden Frauen zu einem Imbiss ins Nebenzimmer, wo an einer der unverputzten Wände ein Tafelbild hing, das den heiligen Fredianus zeigte. Einst soll Fredianus Lucca vor einer Überschwemmung gerettet haben, indem er den Serchio umleitete. Lelo bot Beatrice den bequemsten Stuhl an. Seit ihrer Heirat kam es nur selten vor, dass sie mit Ines an einem Tisch aß, und sie genoss das einfache Mahl aus Brot, Bohnenmus, Würsten und einer Schüssel mit süßen Lupinensamen. Ugo goss heißen Gewürzwein in die Becher.
    Wie lange sie geplaudert hatten, war schwer zu sagen, doch als Lelo Holz nachlegte und die Kerzen entzündete, fuhr Beatrice erschrocken auf. Draußen war es stockfinster.
    Ugo erhob sich. »Wir haben die Damen über Gebühr mit unseren Geschichten gelangweilt, Lelo. Regnet es noch?«
    Lelo ging zum Fenster. »Nein. Ich hole eine Fackel und begleite sie auf ihrem Heimweg.«
    Nach Einbruch der Dunkelheit noch durch die Straßen zu spazieren war nicht nur ungehörig für anständige Frauen, sondern auch gefährlich, obwohl Lucca gegen Rom oder Genua ein vergleichsweise sicheres Pflaster war. Doch auch hier gab es Gesindel, das für ein paar Scudi oder einen Mantel vor einem Mord nicht zurückschreckte.
    Ines sah entschuldigend zu ihrer Herrin, bevor sie sich mit einigen geflüsterten Worten von Ugo verabschiedete. Während sie hinter Lelo durch die engen Gassen gingen, die nur durch die Fenster der anliegenden Gasthäuser spärlich erhellt wurden, dachte Beatrice mit steigendem Unbehagen an Lorenzas verdrossene Miene. Kaum ein Tag verging, an dem Lorenza sie nicht mit vorwurfsvollen Blicken bedachte. Da sie Federico kaum sah, blieb Baldofare Buornardi der Einzige, der mit ihr sprach. Ihr entfuhr ein tiefer Seufzer.
    Â»Sie wird Euch schon nicht in Stücke reißen«, tröstete Ines sie, als sie vor der Eingangstür des Palazzo ankamen und den schmiedeeisernen Türklopfer betätigten.
    Die Tür schwang quietschend auf. »Monna Beatrice!« Pietro Farini empfing sie mit strafendem Blick.
    Â»Was starrst du meine Herrin an?«, fauchte Ines den maestro di casa an.
    Â»Und von dir habe ich keine Eintragung im Dienerbuch gesehen, Frauenzimmer. Unerlaubtes Fernbleiben wird mit Prügeln bestraft.« Farini schwang drohend seinen Stab.
    Â»Halt den Mund, Farini. Ines hat mit dem Dienerbuch der Buornardis nichts zu tun, denn sie ist einzig und allein mir unterstellt. Merke dir das gut, und jetzt kannst du mich den Buornardis melden!«
    Weiß vor Wut drehte sich Farini auf dem Fuß um und verschwand.
    Â»Madonna, jetzt habt Ihr einen Feind, und das nur meinetwegen.« Ines schüttelte betrübt den Kopf.
    Â»Früher oder später wäre ich mit dem aufgeblasenen Tropf sowieso aneinandergeraten. Lelo«, wandte sich Beatrice an den brav wartenden Weber. »Habt vielen Dank für Eure Mühe. Ich schulde Euch etwas.«
    Â»Nein, im Gegenteil, es war uns eine Ehre und für meinen Bruder eine Freude.« Er warf Ines einen verschmitzten Blick zu. »Ihr könnt auf uns zählen, Monna Beatrice. Ugo und ich haben Freunde, die dem Fatzke einmal das Wams polieren können …«
    Â»Besten Dank, aber ich habe schon genug Ärger!« In dem ermutigenden Bewusstsein, in Lelo und Ugo Freunde gefunden zu haben, verabschiedete Beatrice lachend den Weber.
    Die Ernüchterung folgte, als sie umgekleidet zum Abendessen in die Halle trat. Nicht nur Lorenza, Baldofare und Federico waren um die prächtig gedeckte Tafel versammelt, sondern auch drei von Lorenzas Schwestern, deren Ehemänner und Töchter, Eredi Vecoli, der Marchese Connucci und der junge da Sesto. Mittelpunkt der Gesellschaft war jedoch der Mann am Ende der Tafel, der bester Laune war und seinen Becher erhob. Tomeo Buornardi war vom Kriegsschauplatz Pavia nach Hause gekommen. »Auf den Sieg! Viva la libertà! Viva l’imperatore Carlo! Viva Italia! «
    Alle Anwesenden standen auf und fielen in die Hochrufe ein. Beatrice beeilte sich, ihren Platz neben Federico einzunehmen.

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