Die Tochter des Tuchhandlers
den Sold aus eigener Tasche bezahlen, hätten wir es nicht bis Pavia geschafft. »
»Karl hat doch sogar groÃe Anleihen bei den Fuggern gemacht â wo bleibt das ganze Geld?«, fragte einer der Ehemänner von Lorenzas Nichten.
Tomeo wollte etwas sagen, doch da Sesto hatte die letzten Sätze aufgeschnappt und mischte sich ein: »Ihr seid völlig von Sinnen, diesem Kaiser das Geld in den nimmersatten Schlund zu werfen! All die anderen auch! Wozu, frage ich mich, soll ich mein Geld an jemanden vergeuden, der lieber in Spanien lebt, von deutschen Fürsten zum Kaiser gewählt wurde und Italien nur als Vasallenstaat ansieht? Niemals!« Mit geröteten Wangen stellte da Sesto seinen Weinkelch lautstark auf den Tisch.
»Euer Geld, Rodolfo?«, fragte Connucci süffisant.
Doch Rodolfo redete sich in Rage und überhörte Connuccis Beleidigung. »Niemand soll uns regieren! Weder Karl noch Clemens! Dieser Papst ist nichts weiter als ein willenloser Hampelmann! Andauernd widerruft er Entscheidungen. Jedem will er Honig um den Bart schmieren, mit dem Ergebnis, dass ihm keiner ein Wort glaubt! Erst kürzlich hat er einen Boten zu Karl geschickt mit einem Schreiben, in dem er wütend auf dessen Gebietsansprüche reagierte, und drei Stunden später schickt er einen zweiten Brief ab mit einer gegensätzlichen Antwort.« Rodolfo da Sesto machte eine verärgerte Geste mit den Händen. »Beide Schreiben kamen an. Was machte Karl? Schrieb eine Antwort auf beide Briefe! Totgelacht hat er sich über ihn!«
Beatrice schien es, als tausche da Sesto einen verschwörerischen Blick mit Federico, aber das musste sie wohl missdeutet haben. »Der Grundgedanke Karls ist ein starkes Reich mit sicheren StraÃen und guten Handelsbedingungen. Was ist daran schlecht?«, wagte sie einzuwenden.
Federico sah sie überrascht an.
Connucci lächelte. »Monna Beatrice, Ihr seid natürlich eine Ghibellinin, das müsst Ihr sein, denn schlieÃlich stammt Ihr zur Hälfte aus Deutschland. Was Ihr da sagt, klingt schön, aber es ist ein Traum! Karl ist nichts weiter als ein Träumer. Schuld daran ist vor allem sein Berater Gattinara, die alte Schlange, die ihm seit Jahren in die Ohren flüstert â cosas dytalia â Monarchia Universalis -, das sind Seifenblasen, die an der Realität zerplatzen.«
»Ich halte es durchaus für möglich, dass Rom wieder zum Zentrum eines Imperiums wird, schlieÃlich waren wir einmal groë, mischte sich Ser Buornardi überraschend ein.
»Waren, die Betonung liegt auf waren! Die Zeit des italienischen Imperiums ist vorbei, für immer. Schaut sie Euch doch an, die Stützen unseres Landes â Sforza, Este, Gonzaga, Montefeltro -, für Macht und Geld sind sie zu allem bereit ⦠Die schreien heute für den Kaiser, morgen für den Papst und übermorgen für Franz, wenn er mehr bietet. Das ist die Wirklichkeit!«, ereiferte sich Connucci.
»Was sagt denn unser Sieger dazu?«, wandte sich Rodolfo da Sesto an Tomeo.
Der lehnte sich zurück und hob seinen Weinkelch. »Ich bin Soldat, kein Politiker, aber mein Herz schlägt für das kaiserliche Reich. Noch ist es nicht verloren!«
Da Sesto hatte schon mehr getrunken, als ihm guttat: »Ihr denkt, Ihr könnt Euch beim Kaiser einkaufen? Arme Narren â¦Â«
Tomeo schlug mit der Faust auf den Tisch. »Narren nennt Ihr uns? Hätte Lucca sich damals nicht freigekauft, wäre es heute keine eigenständige Republik. Wir wären entweder von der Signoria verschluckt und ausgesaugt worden, unter die Herrschaft der Guinigis oder eines anderen Tyrannen geraten, oder der Kirchenstaat hätte seine gierige Hand nach uns ausgestreckt. Ich bin bereit, für die Freiheit Luccas Geld zu bezahlen!«
Beatrice warf ihrem Gatten einen Seitenblick zu und erschrak über seine wütend zusammengepressten Lippen. Sie konnte Federicos Kiefer knirschen hören und fragte sich, was ihn so zornig machte.
»Sobald man bezahlt, ist man abhängig. Wir wollen ein freies, selbstbestimmtes Italien, und dafür sind wir niemandem einen Scudo schuldig!« Connuccis Stimme überschlug sich fast.
»Habt Ihr vorhin nicht selbst von der Realität gesprochen, Gadino? Seid Ihr so verblendet, dass Ihr nicht sehen könnt, dass es kein geeintes Italien gibt? Der Norden ist ein Sammelsurium verfeindeter Fürstentümer, von denen einige
Weitere Kostenlose Bücher