Die Tochter des Tuchhandlers
»Viva Italia!« , rief sie und trank einen groÃen Schluck Rotwein.
»Wo wart Ihr?«, fuhr Federico sie mit mühsam unterdrücktem Zorn an, als sie sich setzten und das Essen aufgetragen wurde.
»Das ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt â¦Â« Sie biss ein kleines Stück von geröstetem Brot mit Kalbsnieren ab.
Federico drückte ihre Hand, mit der sie das Brot hielt, auf den Tisch. »Wo wart Ihr?« Die Adern traten an seinen Schläfen hervor.
»Im Spital von Santa Caterina. Ich kümmere mich um die Armen, Signore. Auf dem Rückweg kamen Ines und ich durch die Via Guinigi, wo wir von einem Regenguss überrascht wurden und bei Freunden Unterschlupf fanden. Aber eigentlich kennt Ihr die Via Guinigi besser als ich, oder nicht?«
Verwirrt lieà er ihre Hand los. Die Anspielung hatte ihn offensichtlich getroffen. »Untersteht Euch â¦!«, knurrte er drohend.
»Was denn, Federico?«
»Nicht hier bei Tisch. Ihr verlasst das Haus nicht mehr, ohne Euch bei mir abzumelden.«
»Ihr könnt mir nichts vorwerfen.« Das Brotstück fiel auf den Teller.
»Ein Zwist unter jungen Eheleuten? Federico, du bist unmöglich! Ich würde meine Frau anders behandeln, wenn sie so schön wäre wie deine.« Tomeo beugte sich zu ihnen vor und hob sein Glas.
Dankbar erwiderte Beatrice den Toast. »Ein groÃer Sieg, den Ihr und die kaiserlichen Truppen errungen habt! Erzählt uns, wie es dazu gekommen ist, Tomeo.« Sie konnte Tomeo die Strapazen des Feldzugs ansehen. Er war dünner geworden, und seine Augen strahlten nicht dieselbe Fröhlichkeit aus wie bei ihrer ersten Begegnung.
Tomeo räusperte sich und lehnte sich zurück. Die Anwesenden sahen ihn erwartungsvoll an. Der siegreiche Kriegsheimkehrer sollte von der glorreichen Schlacht berichten. Für Sekunden schloss er die Augen und sah das wahre Gesicht des Krieges vor sich: ohrenbetäubender Lärm, bestehend aus dem mehrsprachigen Kriegsgeheul der Söldner, unterlegt vom Artilleriefeuer, dem Klirren von Degen und Schwertern, dem Brechen von Lanzen in den Flanken ungeschützter Pferdeleiber, dem schmatzenden Geräusch von Katzbalgern deutscher Söldner beim Zerschmettern gegnerischer Soldatenhäupter und dem Brüllen Verwundeter, deren abgetrennte GliedmaÃen im Schlamm unter den Pferdehufen versanken.
»Nachdem wir uns über zwanzig Tage lang kräftezehrende Scharmützel mit den Franzosen geliefert hatten, beschlossen wir, im Morgengrauen des 24. Februar die Mauern des Parks von Schloss Mirabella, dem Hauptquartier der Franzosen, zu durchbrechen.«
»Warum habt Ihr nicht sofort das Schloss angegriffen?«, hakte da Sesto ein.
Tomeo beschloss, den überheblichen Unterton nicht zu beachten. »Pescara und Bourbon haben lange überlegt, ob es richtig sei, jetzt den groÃen Angriff auf Mirabella zu starten, aber die Soldfrist für die Soldaten lief ab.« Ein bitteres Lachen entrang sich seiner Kehle. »Manchmal sind es eben ganz profane Gründe, die eine Schlacht auslösen. Die Söldner hätten einen Tag später kein Schwert mehr für den Kaiser in die Hand genommen, weil sie ihren Sold wollten.« Die Anwesenden hörten ihm betreten zu. »Nun.« Tomeo hob die Stimme und sah aufmunternd in die Runde. »Wir schlugen uns also wacker durch den Park, links und rechts die Feinde niedermetzelnd, Gian Marco hat sich tapfer geschlagen und manchen Franzmann zu Boden gestochen. Es gelang Pescara und seinen Männern, die feindliche Artillerie zu zerschlagen, der Herzog von Alençon machte mit seinen Leuten die Schweizer nieder. Frundsberg und seine Fähnlein schlugen eine Abteilung feindlicher Reiterei in die Flucht, die Schlacht tobte bis in den Vormittag. Nebel, Nässe und weicher Boden machten es nicht leichter, und das dicht mit Bäumen und Sträuchern bestandene Parkgelände verwandelte sich in eine Wüste aus Schlamm, Leichen und Pferdekadavern.«
Einige Mädchen seufzten vor schaurigem Entzücken, doch Tomeo dachte an den Anblick eines groà gewachsenen Söldners, dessen lange blonde Haare zur Hälfte von Blut und Schlamm verklebt waren und der einem Gegner den Bauch aufschlitzte, um sich anschlieÃend brüllend das Körperfett auf Arme und Schwert zu schmieren. »Gute Männer mussten sterben, Admiral Bonnivet, La Palisse, Richard von Suffolk und leider auch der Sohn Eures Onkels,
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