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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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das nächste Jahr.« Er streckte den Rücken und richtete seine Kappe auf den Haaren, die erste graue Strähnen zeigten. Ehrliche Augen und offene Gesichtszüge unterstrichen seine Worte. »Seit zwei Jahren frage ich sie jeden Monat einmal, ob sie meine Frau werden will. Madonna, sie hätte es gut bei mir, aber …«
    Â»Hör auf, du Esel. Meine Herrin will das sicher nicht hören«, fiel Ines ihm ins Wort.
    Â»Ganz im Gegenteil! Warum hast du mir nie etwas davon erzählt, Ines?« Zu keiner Zeit hatte Beatrice daran gedacht, dass ihre Zofe heiraten wollte. Es war ihr immer eine Selbstverständlichkeit gewesen, Ines um sich zu haben, doch im Grunde war ihr Verhalten selbstsüchtig, denn auch Ines hatte ein Recht auf eine eigene Familie. Nur hatte Beatrice geglaubt, Ines sei glücklich bei ihr und fühle sich als Teil der Familie ihrer Herrin. Vielleicht war dieses Zusammentreffen mit Meister Ugo eine Fügung des Schicksals, denn der Mann wohnte in der Straße, in der auch Marcina Porretta lebte. »Meister Ugo, an was arbeitet Ihr gerade?«
    Der Weber machte eine einladende Bewegung. »Kommt herein und seht es Euch an.«
    Ines zögerte, doch Beatrice folgte der Einladung gern, vor allem, als erste Regentropfen auf die Straße fielen. Sie traten durch die mehrfach gesicherte Eingangstür in einen schmalen Flur und von dort in einen weißgetünchten Raum, in dem zwei große Webstühle standen. An einem arbeitete ein Mann, der jünger als Ugo, ihm in Statur und Gesicht jedoch ähnlich war. »Mein Bruder Lelo.«
    Auf beiden Webstühlen waren Stoffe in Arbeit, und Beatrice bewunderte die fein gemusterten Damaststoffe mit Kennermiene. »Gute Arbeit, Meister Ugo.« Sie strich über den akkurat gefertigten Stoff auf Ugos Webstuhl. »Solche Blumen und Vögel habe ich noch nie gesehen. Nach welcher Vorlage arbeitet Ihr?«
    Â»Nach keiner. Natürlich kennen wir die orientalischen Originale, aber wir haben unsere eigenen Ideen einfließen lassen. Jetzt sind die Stoffe einmalig«, sagte er nicht ohne Stolz.
    Â»Darf ich wissen, für wen Ihr arbeitet?«
    Â»Das ist kein Geheimnis – für die da Sestos, schon seit Jahren. Sie zahlen gut, nicht wie andere …« Er hielt inne und biss sich verlegen auf die Lippen.
    Â»Ich weiß nur zu gut, dass einige Kaufleute keine Zahlungsmoral haben, Ugo. Mein Vater gehört nicht dazu. Ich werde ihm von diesen Entwürfen erzählen.« Sie dachte noch immer zuerst an das Geschäft ihrer eigenen Familie, und warum auch nicht? Sollte Federico sich selbst um neue Muster kümmern.
    Â»Danke, Signora.« Ugo und sein Bruder strahlten.
    Ines scharrte ungeduldig mit den Füßen. »Es wird gleich in Strömen gießen. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch halbwegs trocken zurück.«
    Â»Oder wir warten den Guss ab. Da fällt mir etwas ein – Meister Ugo, Ihr kennt doch sicher die Leute hier in der Straße?«, fragte Beatrice lächelnd und wie nebenbei.
    Â»Na ja, die meisten schon. Die Herrschaften nicht, ich meine, wo sie wohnen, aber … Um wen geht es denn?« Ugo lehnte sich gegen seinen Webstuhl.
    Â»Mir wurde zugetragen, dass eine gewisse Marcina Porretta hier lebt. Ein Brief für sie ist fälschlich bei mir abgegeben worden«, ergänzte sie erklärend und hörte, wie sich Ines laut räusperte.
    Ohne zu zögern, antwortete Ugo: »Das ist die junge Witwe, die wieder im Haus ihres Bruders Filippo Menobbi lebt. Armes Ding, sie hat nicht viel Glück gehabt …«
    Sein Bruder ließ den Webstuhl klappern. »Ganz unschuldig ist sie wohl auch nicht. Hübsches Lärvchen, aber was ich so gehört habe …« Er schnalzte vielsagend mit der Zunge.
    Â»Oh, was habt Ihr denn gehört?« Beatrices Nervosität wuchs.
    Â»Wirklich, Madonna, solche Geschichten sind nichts für Euch!«, ermahnte Ines sie.
    Â»Ganz im Gegenteil! Es geht um eine Bürgerin unserer Stadt, warum soll mich das nicht interessieren?«
    Lelo, dessen Gesicht von Pockennarben zerfurcht war, grinste. »Die Menobbis waren nie was Besonderes. Der Alte hatte keine Hand fürs Geschäft, und der Junge, Filippo, ist ein Taugenichts, der spielt, säuft und es mit Huren treibt – und auch mit Jünglingen.«
    Â»Ach?« Unzucht unter Männern wurde von der Kirche als eine der schlimmsten Sünden verfolgt. Die Strafen

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