Die Tochter des Tuchhandlers
abhalten konnte.
»Nicht. Lasst das liegen!«
»Aber wieso denn?«
»Das sind Ketzerschriften«, zischte Ines und drängte sie weiter.
Beatrice faltete das Papier zusammen und versteckte es in ihrem Ãrmel. Hinter Federico und seinen Eltern gingen sie bis zu den vorderen Bänken, wo sich Beatrice umdrehte und endlich am Portal die blonden Haare ihrer Mutter entdeckte. Freudig hob sie ihre Hand, lieà sie jedoch sinken, als sie hinter ihrer Mutter eine Frau mit glänzenden schwarzen Haaren, griechischem Profil und stolzem Blick entdeckte. Marcina Porretta schritt langsam an der Seite ihres Bruders, Filippo Menobbi, durch das Mittelschiff. Der teure Brokatstoff ihres Kleides rauschte, als sie an den Bankreihen entlangging. Dunkle Augen glitten kühl unter einem schwarzen Witwenschleier über die Anwesenden, bis sie Federico und Beatrice erreichten und sich sekundenlang verengten. Dann kniete sich Marcina in eine Bank auf der gegenüberliegenden Seite, faltete die Hände und betete.
Filippo Menobbi grüÃte Federico freundlich, wandte sich dann aber einem Mitglied der Quilici-Familie zu. Wirkten die Augen seiner Schwester geheimnisvoll, standen sie bei Filippo zu eng und hatten einen stechenden Blick. Beatrice bemerkte, dass Federico beim Anblick der Schönen erstarrte, obwohl er sich groÃe Mühe gab, gelassen zu wirken. Was verband ihn nur mit dieser Frau?
Ines stieà sie in die Seite. »Da ist das Luder. Spielt hier die trauernde Witwe, und hinter verschlossener Tür treibt sie es schamlos.«
»Das wissen wir nicht«, sagte Beatrice leise.
»Doch! Ich bin zufällig noch mal Ugo begegnet, na ja, jedenfalls hat er sich bei ihrem Nachbarn, dem Weber Paolo, erkundigt, und der hört jede Nacht, wie sie drüben feiern, und sehen kann er manchmal durch die Fenster...« Weiter kam Ines nicht, denn Margareta und Jacopino Rimortelli traten zu ihnen.
Beatrice war überglücklich, ihre Eltern zu sehen, denn sie wartete auf eine passende Gelegenheit, mit ihnen über ihren Kummer mit Federico zu sprechen. Als die Messe vorüber war, der Priester den letzten Segen gesprochen und die Gemeinde verabschiedet hatte, hielt sie ihre Mutter zurück und trat mit ihr hinter den Pfeiler mit Civitalis Strahlenkranzmadonna. Ines flüsterte ihr zu: »Wir sehen uns drauÃen, Madonna.«
Margareta Rimortelli küsste ihre Tochter auf Stirn und Wangen und nahm ihre Hände. »Ist mit Ines alles in Ordnung? Sie scheint so aufgekratzt.«
»Sie hat einen Verehrer, einen rechtschaffenen Weber, aber â¦Â« Beatrice schwieg.
»Dich bedrückt doch etwas. Hat es mit Ines zu tun?«
»Nein, überhaupt nicht.« Es fiel Beatrice schwer, die richtigen Worte zu finden. »Ist es, hm, war es schwierig für dich, als du Vater geheiratet hast?«
»Nein, er ist ein sehr liebevoller und zärtlicher Mann, da hatte ich Glück.« Margareta streichelte Beatrice über die Haare. »Ist Federico nicht gut zu dir?«
Beatrice zuckte mit den Schultern. »Manchmal scheint er freundlich, dann wieder ist er schlechter Laune, und ich weià nie, warum. Allerdings glaube ich, dass er eine Geliebte hat, die Porretta.«
Margareta hob die Augenbrauen. »Die Porretta? Bist du sicher? Sie ist eine Witwe mit zweifelhaftem Ruf, und ihr Bruder ist ein Nichtsnutz. Er schuldet uns mehr als fünfhundert Scudi, soweit ich weiÃ. Ich werde mit deinem Vater darüber sprechen.«
»Nein, nein, vielleicht irre ich mich ja. Ich fühle mich nur so ⦠Einerseits will ich eine gute Ehefrau sein, andererseits â¦Â« Hilflos sah sie ihre Mutter an.
»Viele Männer haben eine Geliebte. Ich habe nie gefragt, weil ich deinem Vater vertraue, und es gibt Dinge, die möchte ich gar nicht wissen.« Schritte näherten sich, und Jacopino Rimortelli kam mit wehendem Mantel um die Ecke.
»Meine wunderschöne Tochter!« Er küsste sie auf die Wangen. »Habt ihr über mich geredet?« Zwinkernd hakte er beide Frauen unter. »DrauÃen scheint die Sonne, und die Gaukler und Musiker sind überall. Margareta, hast du ihr gesagt, wann wir reisen?«
»O nein, wann denn?«, fragte Beatrice.
»In zwei Wochen«, erklärte Margareta. »Es ist auch wegen Susanna. Ich möchte ihr beistehen. Franzâ Tod wird ihr sehr nahe gehen. Sie war immer dagegen, fand ihn viel zu jung, um seinen Vater zu
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