Die Tochter des Tuchhandlers
begleiten.«
Jacopino nahm den Arm seiner Frau und drückte sie zärtlich. »Wenn es nach den Frauen ginge, würdet ihr eure Söhne gar nicht ziehen lassen.«
Margareta brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Diese Reise wird ohnehin die letzte sein, die ich nach Deutschland mache. Ich bin nicht mehr die Jüngste.«
»Was für ein Unsinn!«, rief Beatrice. Verheimlichte ihre Mutter ihr etwas? War sie krank?
»Nun, nun, wir werden alle nicht jünger.« Margareta tätschelte liebevoll Beatrices Hand. »Es wird alles gut, mein Kind. Da vorn ist dein Mann. Zeig ihm, dass du stolz auf ihn bist. Das mögen Männer, oder nicht, Jacopino?«
Ser Rimortelli zwinkerte Beatrice zu. »Hör auf deine Mutter, sie ist eine kluge Frau.«
»Ich komme gleich nach. Ich will noch eine Kerze für die Madonna anzünden.«
Ihre Eltern gingen hinaus und lieÃen Beatrice in der mittlerweile leeren Kirche zurück. Nachdem die Tür hinter ihnen zugefallen war, legte sich die Stille des hohen Kirchenraums wie eine weiche Decke um sie, und Beatrice holte tief Luft. Sie betrat das Seitenschiff zu ihrer Rechten, um in der Marienkapelle zu beten, hielt jedoch inne, als sie Stimmen aus dem halbrunden Raum vor ihr vernahm.
»Marcina, ich habe Euch gesagt, dass es dafür eine Lösung gibt, aber nicht so â¦Â«
Die Männerstimme klang verärgert, und Beatrice, die sich schon abgewendet hatte, näherte sich leise der Kapelle, um zu lauschen.
»Ihr denkt, dass ich mich so abspeisen lasse? Niemals! Im Angesicht der Madonna schwöre ich, dass ich bekommen werde, was mir zusteht!«
Marcina Porretta! Haltsuchend griff Beatrice nach der kalten Wand. Mit wem sprach sie? Der Raum verzerrte die Stimme, doch sie vermeinte, die des Marchese zu erkennen.
»So hört doch auf mich! Er ist verheiratet, und das habt Ihr gewusst, verdammt, Ihr seid â¦Â«
»Eine Hure?«, zischte die Porretta wütend. »Wolltet Ihr das sagen? Und wer hat mich dazu gemacht? Verschwindet! Lasst mich allein! Ich hasse Euch! Euch alle!«
Ãngstlich drückte sich Beatrice hinter einem Beichtstuhl an die Wand und sah gerade noch, wie Gadino del Connucci mit zornigem Gesichtsausdruck aus der Kapelle schritt. Ohne sich umzusehen, eilte der Marchese aus der Kirche. Beatrice merkte, dass sie den Atem angehalten hatte, und versuchte verzweifelt, möglichst leise Luft zu holen, doch das Herz schien in ihrer Brust zerspringen zu wollen. Dann hörte sie einen wütenden Aufschrei, gefolgt von unterdrücktem Schluchzen.
Wenn sie nicht von Marcina Porretta entdeckt werden wollte, war es jetzt höchste Zeit zu verschwinden. Ihre Röcke raschelten leise, als sie sich von der Wand löste und zum Ausgang wenden wollte, doch es war zu spät.
Marcina Porretta kam mit gesenktem Kopf aus der Kapelle und wäre fast gegen Beatrice geprallt, die ihr erschrocken eine Hand reichte, um einen Sturz zu verhindern.
»Danke. Aber â¦Â« Marcina lieà die Hand, die sie eben noch dankbar ergriffen hatte, los und zuckte zurück, als hätte sie ein glühendes Eisen angefasst. Mit geröteten Augen und Tränenspuren auf den Wangen starrte sie Beatrice hasserfüllt an. »Ihr!«, stieà sie hervor, und die Kälte in ihrer Stimme traf Beatrice bis ins Mark.
»Es tut mir leid, ich, ich wollte beten und â¦Â«, suchte sich Beatrice zu entschuldigen, denn es musste so aussehen, als hätte sie dem Gespräch absichtlich gelauscht.
»Beten? Ja, betet nur, Ihr werdet jeden Trost brauchen!« Sie spie die Worte förmlich aus, wischte sich mit einem Finger die Tränen von den Wangen und musterte Beatrice unverhohlen.
Sie taxiert ihre Feindin, dachte Beatrice und wünschte sich, sie wäre dieser Frau nie begegnet. In einem Moment der Schwäche gesehen zu werden war für Marcina Porretta gleichbedeutend mit einem Hieb ins Gesicht, und sie würde sich rächen. Beatrice betrachtete das schöne Gesicht mit den hohen Wangenknochen, leicht schräggestellten Augen und roten Lippen, das von Hass-, Eifersuchts- und Rachegedanken beherrscht zu werden schien. Der Ansatz voller Brüste quoll aus dem Dekolleté des kostbaren Kleides, eine schlanke Taille und wohlgeformte Arme und Hände zeigten Beatrice, dass sie eine ernstzunehmende Rivalin hatte.
Gefasster und mit gefährlich leiser Stimme sagte Marcina: »Ihr seid überrascht, dass
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