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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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rote Scharfrichtergewand abhob. Beatrice wandte sich von der Bühne ab und fing einen Blick aus dunklen Augen auf, die sie schon länger fixiert haben mussten. Marcina Porretta stand in der dritten Reihe und starrte unverwandt zu Beatrice, die nicht hätte sagen können, ob der bohrende Blick dieser Frau oder der Henker sie frösteln machte.
    Â»Kommt, Madonna, wir müssen uns das nicht ansehen. Ich weiß einen anderen Weg um die Kapelle herum.« Fabio streckte seinen Arm nach Ines und Beatrice aus, die ihm bereitwillig folgten, denn in diesem Augenblick hob der Scharfrichter das Beil, um sein blutiges Amt auszuführen.
    Als der maestro di casa ihnen heute das Tor öffnete, war Beatrice dankbar, den Schutz der dicken Palazzomauern für sich in Anspruch nehmen zu können. Fabio zeichnete seine Rückkehr mit einem Kreuz im Dienerbuch ab und machte sich Richtung Stallungen davon.
    Â»Sind Gäste zum Abendessen geladen, maestro ?« Zumindest heute wollte Beatrice vorbereitet sein.
    Â»Nein, aber …«, hub Farini an, doch Beatrice ließ ihn stehen und ging mit Ines zu den Kontorräumen.
    Â»Ines, was geschieht mit den Kindern dieser Frau? Sie geht mir nicht aus dem Kopf. Diese arme Kreatur hat nicht richtig gehandelt, aber sie wollte wahrscheinlich nur die Kinder schützen, die sie schon hat. Wie sollte sie deren Mäuler stopfen?« Der Geruch von Baumwolle und Gewürzen drang aus den Lagerräumen zu ihnen.
    Â»Ihr macht Euch zu viele Gedanken. Wenn die Verwandten sie nicht nehmen, gehen sie betteln, mit etwas Glück nimmt eines der Spitäler sie, oder …« Ines schwieg.
    Â»Oder?«, hakte Beatrice nach.
    Â»Sie werden verkauft.«
    Â»Verkauft?«
    Â»Madonna, es gibt viele Reiche, die auf diese Art ihre Lustknaben kaufen, und die Mädchen werden Huren. Das sind Dinge, die Ihr nicht wissen müsst.«
    Â»Doch, Ines, ich will das wissen. Es gibt zu viel Ungerechtigkeit. Du gehst morgen zum Magistrat und fragst nach dem Namen der Frau, und wenn sie Töchter hat, nehmen wir die als Mägde auf oder zahlen für ein anständiges Waisenhaus. Für die Jungen finden wir einen Arbeitsplatz bei einem Meister.«
    Ines war nicht überzeugt. »Meistens sind das ganz üble Subjekte, solche Kinder. Denen kann man nicht trauen …«
    Langsam begann Beatrice sich ernsthaft über den Widerstand ihrer Zofe zu ärgern. »Sie sollen arbeiten und nicht die Schlüssel zu den Lagerräumen erhalten. Wie sollen solche Kreaturen überhaupt lernen, Vertrauen zu haben, wenn sie vor Hunger nicht in den Schlaf finden und Schläge für Zuwendung halten? Morgen gehst du!«
    Murrend stieg Ines hinter Beatrice die Treppe hinauf.
    Â»O Madonna, gut, dass ich Euch sehe! Hättet Ihr einen Moment Zeit?« Agostino Nardorus bemühte sich, leise zu sprechen, und sah sich ständig um.
    Â»Ist etwas geschehen? Geht es Ser Buornardi gut?«, waren Beatrices erste Gedanken, als sie den blassen Buchhalter sah.
    Er winkte, dass sie ihm folgen möge, und schrak zusammen, als oben eine Tür geöffnet wurde und Lorenzas schrille Stimme durch das Haus tönte. »Was ist da los? Wer tuschelt da unten?«
    Â»Ines, geh nach oben und sag, du holst einen Schal für mich, wenn sie fragt«, instruierte Beatrice ihre Zofe, bevor sie Nardorus mit raschen Schritten folgte.
    Erst als sie im Schreiberzimmer ankamen, hielt Nardorus inne und atmete tief aus. »Danke Euch! Oh, die Signora bringt mich noch um den Verstand. Immer hat sie etwas zu meckern oder zu klagen. Und jetzt das …« Er schüttelte unglücklich den Kopf.
    Â»Aber was ist denn nur? Wie könnte ausgerechnet ich dir helfen?« Auf dem Tisch neben ihr standen Schalen mit Gewürzen, und sie sog den Duft getrockneter Nelken ein.
    Einer der Schreiber hob interessiert den Kopf.
    Â»Hast du nichts zu tun, Dummkopf?«, schalt Nardorus ihn und ging mit Beatrice in das Hauptkontor, wo sich die Stoffproben und Akten befanden.
    Lang ausgebreitet lagen auf einem Tisch Stoffbahnen in verschiedenen Mustern, deren Grundfarbe blau war. Beatrice strich mit der Hand darüber. »Gute Qualität. Damast. Chinesische Seide.«
    Â»Ja, alles richtig, Madonna.« Nardorus rang die Hände. »Aber die Muster! Seht Euch die Muster an!«
    Stilisierte Blatt- und Blumenornamente waren in handwerklich perfekt gearbeiteter Manier dargestellt. »Was ist damit?«, fragte

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