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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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die Krone aufs Haupt setzt, wird er sich seiner Anhänger erinnern. Darauf kommt es an!«
    Â»Das wird der Papst nicht tun!«, sagte Beatrice. Papst Clemens VII. selbst erhob Anspruch auf weltliche Herrschaft, die er durch eine Krönung Karls V. zum Kaiser in Rom symbolisch aufgeben würde.
    Â»Dieser Papst tanzt auf allen Hochzeiten und wird sich damit am Ende alles verscherzen. Ein Konzil beizeiten hätte die Stellung der katholischen Kirche auch in Deutschland gestärkt.«
    Â»Das glaube ich nicht«, schaltete Margareta sich ein. »Es geht nicht nur um religiöse Forderungen. Die deutschen Bauern wollen besser leben können. Sie fordern Weide- und Fischrechte und dergleichen und haben sich Luther auf die Fahnen geschrieben, weil er von der Freiheit des Christenmenschen spricht. Auch in Italien ist es schlecht um das Volk bestellt. Dieser Winter war hart.«
    Â»Ich glaube, dem Pöbel ist es egal, wer regiert, wenn er nur genug zu essen hat«, meinte Jacopino.
    Doch Margareta war davon nicht überzeugt. »Das Volk muss an etwas glauben können. Savonarola hat die Medici in die Knie gezwungen, weil er das Volk auf seiner Seite hatte. Warum sollte nicht wieder einer daherkommen, der die Massen entflammt?«
    Â»Tomeo hat davon gesprochen, dass die Landsknechte kaum zu halten seien, und die sind nicht gut auf den Papst zu sprechen. Es heißt sogar, dass Frundsberg einen goldenen Strick dabeihat, mit dem er den Papst aufhängen will.« Die Vorstellung eines entfesselten Haufens Kriegsvolk vor dem Apennin war beängstigend. Beatrice hatte grausame Geschichten über brandschatzende und mordende Soldaten gehört, die führungslos durch die Lande zogen.
    Â»Da siehst du’s. Und was wollen der Marchese und seine idealistischen Freunde dem entgegensetzen? Eine Handvoll Degen vielleicht? Bevor einer von denen einen eleganten Stoß tun kann, haben ihn die Katzbalger der Landsknechte in Stücke gehauen.« Ser Rimortelli hob abwehrend die Hände. »Genug! Lasst uns die Zukunft nicht zu schwarz malen. Karls engster Berater, Gattinara, ist immerhin Italiener. Gerade erst ist der französische König in unsere Hände gefallen. Das sind gute Voraussetzungen für die Verhandlungen um Italien.«
    Mercurino di Gattinara hatte als junger Anwalt unter Margarete von Österreich als Diplomat eine steile Karriere gemacht. Nachdem es vor allem sein Verdienst gewesen war, dass Karl V. 1519 zum König von Rom gekrönt worden war, hatte er sich einen festen Platz an der Seite des jungen Kaisers erobert. Allerdings verfolgte Gattinara eine starr antifranzösische Politik. Über die milden Haftbedingungen, unter denen Franz festgehalten wurde, war Gattinara so erbost, dass er mit seinem Rücktritt gedroht hatte. Diese unversöhnliche Haltung trug natürlich nicht zu einer Annäherung zwischen Karl V. und Franz I. bei, sondern schürte auch bei den Franzosen den Hass auf die Habsburger. Schon aus persönlichen Gründen war es also unwahrscheinlich, dass Franz I. seine Italienansprüche aufgeben würde.
    Beatrice knabberte an einem Brotstück. »Denkst du, dass Franz tatsächlich auf Italien verzichten wird?«
    Vor der Tür wurden Stimmen laut. Ser Rimortelli stand auf, um nach der Ursache des Lärms zu sehen, als ein Mann mit wehendem Umhang hereinkam. »Schon gut, er wird mich empfangen.«
    Â»Alberto Mari! Was bringt Euch nach Lucca?« Ser Rimortelli hieß den unerwarteten Besucher willkommen. »Setzt Euch. Camilla!«
    Die Dienerin erschien, nahm dem neuen Besucher den Umhang ab und brachte ein weiteres Gedeck herein. Alberto Mari war ein seltener, aber gern gesehener Gast im Hause Rimortelli. Sein einnehmendes Wesen hatte ihn über die Jahre zu einem Freund der Rimortellis werden lassen.
    Â»Lieber Alberto, wir haben Eure Gesellschaft lange entbehren müssen«, sagte Margareta.
    Mari ließ sich seufzend in einem Stuhl nieder und rieb sich den Nacken. »Ich werde zu alt für diese Aufträge. Das Pferd hat gewusst, dass ich das Reiten hasse …« Dankbar griff er nach dem Weinglas. »Auf die Freundschaft!«
    Â»Zum Wohl!«, sagten Beatrice und ihre Eltern und tranken ebenfalls einen Schluck Wein.
    Ser Rimortelli wartete, bis Alberto Mari gegessen hatte. Erst als sein Gast das Messer niederlegte, fragte Jacopino: »Nun spannt uns nicht auf die Folter! Was gibt es Neues aus Sankt Peter?

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