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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Rosemann
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klammerte
sie sich an die Sitzbank, während unter ihr das Wasser zu einer Pfütze zusammenfloss.
    »Fondaco
dei Tedeschi«, brachte sie heraus.
    »Aaaah«,
der Mann wirkte erleichtert. Mehr sagte er nicht, die ganze Fahrt über.
    Er ruderte
Jolanthe durch schmale Kanäle, sie wusste nicht, wo sie sich befand, musste dem
wildfremden Bootsmann vertrauen, der vermutlich einen Gast ins Hurenhaus gebracht
hatte oder auf dem Heimweg gewesen war oder was auch immer. Und er brachte sie tatsächlich
dorthin, wo sie hin wollte. Sie erkannte das Haus sofort und konnte in dem Moment
nicht sagen, welches Gefühl überwog, Dankbarkeit oder Erleichterung.
    Am Anlegesteg
kletterte sie aus der Gondel und gab dem Mann zu verstehen, er solle warten, damit
sie Geld holen könne, um ihn zu bezahlen. Seine Miene hellte sich deutlich auf bei
dieser Aussicht, offenbar hatte er erwartet, für seine gute Tat nichts weiter als
Dank zu bekommen.
    Als sie
den Hof der Hauses der Kaufleute betrat, fand sie Pascal, der dort offenbar hin
und hergelaufen war.
    »Jolanthe!«,
rief er viel zu laut, als er sie erkannte. Sie rannte zu ihm, schlang ihre Arme
um seinen Nacken und spürte seine Hände auf ihrem Rücken. Wortlos hielt er sie,
wärmte sie mit seinem Körper und flüsterte schließlich: »Du bist ja ganz nass.«
    »Und du
musst den Gondoliere bezahlen, der mich aus dem Kanal gefischt hat.«
    Pascal wollte
sie nicht loslassen, doch sie machte sich frei und schob ihn in Richtung Kanal.
Als er die Summe beglichen hatte, überhäufte er sie mit Fragen. Sie legte nur den
Finger auf die Lippen und folgte ihm ins Haus. So erschöpft, wie sie sich fühlte,
wollte sie die Geschichte nur ein einziges Mal erzählen.
    In Marthas
Kammer berichtete sie haarklein. In frische Kleider gesteckt, eine Decke gegen das
Zittern um die Schultern und mit Wein verdünntes Wasser in einem Becher, saß sie
da und erzählte. Sie konnte kein noch so unwichtiges Detail auslassen, es musste
alles aus ihr hinaus. Martha und Pascal ließen sie gewähren.
    Endlich
war sie fertig, trank ihren Becher in einem Zug leer und blickte in die vom Talglicht
erhellten Gesichter ihrer Freunde.
    »Wir haben
eine Nachricht bekommen«, sagte Martha und erhob sich, um das Papier zu holen. Jolanthe
las den Inhalt einmal, dann noch einmal.
    »Was bedeutet
das?«
    »Jemand
wollte uns von hier weglocken. Wenn Martha nicht protestiert hätte, dann wäre ihm
das auch gelungen, ich war schon halb auf dem Weg, dir und Cornelius zu folgen.«
    »Du hättest
sie nie eingeholt. Irgendwann wärest du in Ulm angekommen, und dort hätte niemand
von Jolanthe gewusst«, ergänzte Martha.
    »Das Mädchen,
das zu mir in die Kammer kam, um mir Essen zu bringen, hat meinen Entführer beschrieben«,
meine Jolanthe. »Dürr, spitze Nase, aber Cornelius … das kann doch nicht sein. Was
wäre weiter geschehen, ihr wäret abgereist und dann?«
    »Sie hätten
dich sicher verschwinden lassen. Vielleicht in ein Dorf auf dem Land, wer weiß.«
    »Sie?« langsam
dämmerte Jolanthe die Dimension des Geschehenen, und auch wenn es ihr ungeheuerlich
vorkam, so fand doch jedes Steinchen ganz unvermittelt seinen Platz im Mosaik. »Sieglinde.«
    »Ganz recht.«
    »Sie will
mich loswerden.«
    »Und dafür
hat sie sich den armen Cornelius gefügig gemacht.« Marthas Blick war ernst.
    »Sie ist
meine Schwester! Wie kann sie nur?«

Kapitel 30
     
    Sieglinde machte sich auf den
Weg zum Schneider. Den Stoff für ihr neues Kleid hatte sie bereits dorthin liefern
lassen. Es sollte ein einfaches Tageskleid werden. Der Vater hatte darauf bestanden,
dass dafür Barchent aus seinem Lager verwendet wurde. Ungefärbt, nur ein paar bunte
Glasperlen als Zierde, die ihr Vico aus seinem Laden mitgebracht hatte, das war
nicht das Kleid, das sie sich vorgestellt hatte. Sie ärgerte sich darüber, doch
Winald war unerbittlich geblieben. Dem Kontor ginge es schlecht. Jolanthe als Arbeitskraft
fehle. Vico würde die Bücher nur unzureichend führen, und so wäre ihnen ein ums
andere Mal ein Geschäft entgangen, weil sie so langsam in den Ruf gerieten, unzuverlässig
zu sein. Und warum Vico Cornelius nach Italien geschickt habe, das verstünde er
bis heute nicht und würde es sein Lebtag nicht verstehen. Er verbat sich solche
Eigenmächtigkeiten für jetzt und auf alle Zeiten.
    Ihr Ehegatte
hielt sich fern von Kontor und Schwiegervater. Sieglinde ärgerte das. Hin und wieder
beobachtete sie sein Geschäft und die rege Kundschaft, die sich dort

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