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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Rosemann
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enttäuscht.«
    Es enttäuschte
ihn?
    »Ich habe
mit den Webern Kontakt aufgenommen, die nicht mehr mit unserem Kontor zusammenarbeiten
wollten«, begann sie. Der Vater hob die Hand, so als wolle er nicht hören, was sie
zu sagen hatte. »Bitte schenkt mir Eure Aufmerksamkeit, es ist wichtig!«
    Winald strich
nachdenklich mit dem Daumen über seine Lippen und nickte schließlich.
    Also fuhr
sie fort: »Einer der Weber ist bereit, wieder zurückzukommen, denn ich habe ihm
angeboten, die Baumwolle, die er für die Herstellung von Barchent benötigt, selbst
anzuliefern, sodass er sie nicht in Ulm teuer erstehen muss. Wir haben einen guten
Preis für den fertigen Barchent verhandelt, Ihr werdet zufrieden sein, Vater.«
    »Was ist
das für ein Unsinn? Ich kann die Baumwolle nicht bezahlen und sehe zudem keinen
Vorteil, sie selbst in Ulm zu besorgen.« Winalds Stimme hatte einen ungeduldigen
Unterton. Wieder strich er mit den Fingern über seine Lippen, so als sei ihm die
Situation unangenehm.
    »Die Baumwolle
wurde auf meinen Auftrag hin in Italien an dem Ort erworben, wo sie angebaut wird.
Zur Hälfte des Preises, den sie in Ulm kostet. Sie ist bereits auf dem Rückweg und
wird in einem Handelszug der Ravensburger Handelsgesellschaft transportiert.« Jolanthe
atmete tief durch, weil die Anspannung ihr den Brustkorb so verengte, dass sie das
Gefühl hatte, jemand habe sie mit einem Seil gefesselt.
    »Bezahlt
hast du das mit einem Kredit. Ich nehme an, es steckt wieder Pallet dahinter.«
    »Vater,
wartet«, mischte Sieglinde sich ein. »Die Baumwolle kostet dort, wo sie hergestellt
wird, nur die Hälfte?«
    »Glaubt
mir doch endlich, das ist die neue Art, Handel zu betreiben. Einkauf der Waren mit
geliehenem Geld und in größeren Mengen, das ist es, worauf wir setzen müssen, wenn
wir überleben wollen mit unserem Kontor. Zudem brauchen wir andere Möglichkeiten,
so wie den direkten Einkauf von Baumwolle. Der Fernhandel ist für viele bereits
ein lukratives Geschäft. Auch Vico hat recht mit seinen gefärbten Stoffen, warum
nicht? Vater! Macht die Augen auf, wir können es schaffen, aber Ihr müsst mir vertrauen.«
    »Glaub nicht,
ich hätte mich mit alldem nicht bereits beschäftigt«, unterbrach Winald sie. »Diese
neuen Ideen kommen und gehen. Einige werden reich damit, viele gehen unter.«
    »Aber nun,
da Jolanthes Geschäft ohnehin nicht mehr zu verhindern ist, wäre es vielleicht gut,
sie zu unterstützen«, meinte Sieglinde und strich ein paar unsichtbare Falten aus
ihrem Gewand.
    Jolanthe
brauchte ein paar Augenblicke, um den Sinneswandel der Schwester zu begreifen. Winald
blickte von einer zur anderen, zog dann die Brauen zusammen und sagte schließlich:
    »Sieglinde
mag recht haben. Schau, dass du das Beste aus der Situation machst. Danach reden
wir über deine Zukunft. Nach dem, was du getan hast, kannst du hier im Kontor nicht
mehr bleiben.«
    Jolanthe
starrte ihren Vater an, der ihr so vertraut war, in dessen Schoß sie als Kind den
Kopf legen konnte, wenn sie traurig war. Der ihr dann über das Haar streichelte
und sie mit seiner ruhigen Stimme tröstete. Sie sah sich wieder neben ihm die Treppen
zum Tuchkaufhaus hochgehen.
    »Ich werde
auch ein Kaufmann, Vater, und dann bist du stolz auf mich, nicht wahr?«
    »Ja, mein
Kind.«
    Ja, mein
Kind. Jolanthe erhob sich und ging rückwärts, bis sie gegen die Tür stieß. Ihre
Hand tastete nach der Türklinke.
    »Du nimmst
mich nicht ernst, hast es nie getan«, sagte sie ruhig. »Sieglinde war dir schon
immer lieber, deshalb glaubst du ihr und hörst mir nicht zu.«
    Als sie
den Raum verließ, fühlte sie nichts. Ja, ich werde diesen Handel zu Ende bringen,
dachte sie. Und dann werden wir weitersehen.
     
    Als Jolanthe das Zimmer verlassen
hatte, war es, als wäre ein Sturm weitergezogen. Merkwürdigerweise spürte Sieglinde
keinen Triumph. Nun war geschehen, worauf sie so lange hingearbeitet hatte. Der
Vater hatte Jolanthe endlich auf den Boden der Tatsachen gebracht, ein Machtwort
gesprochen.
    Sieglinde
sah ihren Vater an. Eben noch so herrisch, saß er nun zusammengesunken auf dem Sessel
und fuhr immer wieder mit dem Finger über seine Lippen.
    »Sie wird
es verstehen«, sagte Sieglinde in die Stille hinein. »Ihr solltet es von der guten
Seite sehen. Wenn Jolanthe erfolgreich ist, bringt sie uns viel Geld ins Kontor,
wie mir scheint. Natürlich ist es ein großes Wagnis, das man nicht gutheißen darf,
aber nun, wo es geschehen ist …«
    »Dein Ehemann
sollte

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