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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Rosemann
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geebnet, denn der Vater hatte seine Einwände
schnell fallen gelassen. Ein kleiner Hinweis von ihr während des Essens eingestreut,
er habe für ihre Hochzeit nur das Nötigste ausgegeben, hatte vermutlich dazu beigetragen.
Sein schlechtes Gewissen siegte über seinen Geiz und, ja, als Geiz empfand sie sein
Verhalten. Andererseits ging es ihm auch nicht gut in den letzten Tagen, und Sieglinde
war froh, seiner schlechten Laune für eine Weile zu entkommen.
    Sie erreichten
die Werkstatt des Glasers und wurden von ihm freundlich empfangen. Vico unterhielt
sich angeregt mit ihm und nickte zu allem, was der erzählte, so als sei es etwas
ganz Besonderes, was er gerade erfuhr. Der Glaser zeigte ihnen, wie er mit Hilfe
eines Eisenkolbens, den er im Feuer zum Glühen brachte, Blei zusammenlöten konnte,
das er mit einem Hammer in Form brachte, damit es die einzelnen Butzenscheiben zusammenhielt.
Das erwärmte Glas trennte er mit einem Kröseleisen.
    Schließlich
ging das Gespräch über zum Geschäftlichen, und sie mischte sich ein, um ihre Vorstellungen
darzulegen. Ihr wurde ein fertiges Fenster vorgeführt, bei dem die runden Butzenscheiben
bereits durch Blei miteinander verbunden und in einen mit Wachs zum Glänzen gebrachten
Holzrahmen gepasst worden waren. Mehrere der Scheiben waren grün gefärbt, das gefiel
ihr. Sie ließ Vico verhandeln und kümmerte sich nicht um die Summe, die genannt
wurde. In der Vorstellung damit beschäftigt, wie das Haus wohl von der Straße aus
wirken würde mit solchen Fenstern, strich sie mit dem Finger über die glatte Oberfläche
und lächelte. Doch, dieser Ausflug war es wert gewesen.
    Sie hätte
eigentlich zufrieden sein müssen, dennoch schlich sich die schlechte Laune auf dem
Rückweg erneut in ihr Gemüt.
    »Was macht
Jolanthe eigentlich im Kontor? Sie hockt den ganzen Tag vor ihren Büchern, zu irgendwas
muss das doch nutze sein«, fragte sie Vico schließlich.
    »Nun ja«,
antwortete er. Als er nicht weiter redete, wurde Sieglinde ungeduldig.
    »Warum sorgst
du nicht dafür, dass sie damit aufhört?«
    »Dein Vater
will es so.«
    »Mein Vater«,
fuhr sie ihn unwirsch an. »Brauchst du ihn denn für jede Entscheidung? Er ist krank,
er braucht Ruhe, um sich zu erholen. Du sitzt ohnehin viel zu oft bei ihm.«
    »Sieh mal«,
Vico räusperte sich. »Deine Schwester weiß eine Menge über die Vorgänge im Kontor.
Ich muss mich erst einarbeiten. Das wird eine Weile dauern.«
    Sieglinde
schüttelte den Kopf. Doch plötzlich blieb sie stehen und hielt den Gedanken fest,
der ihr unvermittelt gekommen war. Natürlich, es war so einfach.
    »Du wirst
die Geschäfte doch ohnehin nach und nach übernehmen. Sobald Vater wieder gesund
ist, seid ihr zu zweit, spätestens dann braucht ihr Jolanthe nicht mehr. Lass dir
von ihr alles erklären und erzähle ihr selbst nur das Nötigste. Irgendwann wird
sie überflüssig sein.« Sie spürte, dass Vico sie von der Seite ansah, und erwiderte
seinen Blick.
    »Du willst,
dass ich ihr Vertrauen gewinne«, meinte er schließlich mit einem Lächeln.
    Sieh an,
so dumm ist er gar nicht, dachte Sieglinde. »Sonst wird sie ihr Wissen kaum mit
dir teilen. Sobald du sie nicht mehr brauchst, verweigerst du ihr den Zutritt.«
    Er nickte
langsam. »Was mich nur verwundert ist deine Abneigung gegen deine Schwester.«
    Sieglinde
schüttelte den Kopf. »Nein, mein Lieber. Das Gegenteil ist der Fall. Ich mache mir
Sorgen und Vorwürfe, sie an meiner Mutter statt nicht richtig erzogen zu haben.
Welcher Mann wird eine Frau nehmen, die sich im Haushalt nicht zu bewegen weiß.
Ich will meinen Fehler wieder gutmachen.« Sie spürte, dass er ihr glaubte, und plötzlich
war der Unmut, der sie den Tag über verfolgt hatte, verflogen.

Kapitel 13
     
    Jolanthe schritt neben Vico durch das
Gerberviertel Ulms. Sie hielt sich den Ärmel vor die Nase. Der stechende Geruch
ließ sich dadurch kaum mildern. Sie kamen an einer Gruppe von Männern vorbei, die
Tierhäute enthaarten, indem sie das Leder in Bottichen mit Urin einweichten. Fertige
Stücke befanden sich an Seilen, wo sie nach der langwierigen Gerbprozedur und dem
Waschen in fließendem Wasser zum Trocknen aufgehängt wurden. Jolanthe war nur selten
in dieser Ecke Ulms gewesen. Wenn man nicht musste, dann trieb man sich nicht bei
den Gerbern und ihrem Gestank herum.
    Das Ziel,
das sie anstrebten, das Viertel der Weber, hatte sie zwar schon gesehen, war aber
noch nie in einer der Werkstätten dort gewesen. Umso mehr hatte es sie

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