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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Rosemann
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nichts verdienten, konnten sie getrost
verzichten. Sag ihm das!
    »Also wie
abgemacht, morgen im Handelshaus. Ich bekomme die bestellte Ware und Ihr den vereinbarten
Preis.«
    »Wie Ihr
meint.«
    Er lässt
sich tatsächlich über den Tisch ziehen, einfach so, dachte Jolanthe fassungslos.
    »Ist alles
in Ordnung mit Euch?« Jolanthe spürte eine Berührung an ihrer Schulter und schrak
zusammen. Sie blickte hoch und sah das Gesicht einer älteren Frau, die sie besorgt
musterte. »Ihr steht da schon eine ganze Weile.«
    »Mir war
nur etwas unwohl, aber es geht wieder, danke.« Jolanthe drehte sich weg und zwang
sich dazu, langsam zu gehen. Sie wollte nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich
ziehen. Auf dem Weg nach Hause kühlte die Wut in ihr ab, und als sie vor der Haustür
stand, erkannte sie deutlicher denn je: Vico war drauf und dran, sie alle zu ruinieren.
     
    Sie hatten einen wunderschönen Frühlingstag
für ihren Ausflug erwischt, und Sieglinde musste zugeben, dass Vico sich alle Mühe
gab, ihren Wunsch nach Glasfenstern zu erfüllen. Winald hatte er ein stattliches
Sümmchen abgetrotzt mit der Begründung, ein gestandenes Kontor müsse auch nach außen
einen gewissen Reichtum repräsentieren, das würde den Respekt der anderen erhöhen.
Nur die Räume des Kontors besaßen bei ihnen bislang Fenster aus Butzenscheiben.
Alle anderen wurden mit ölgetränktem Papier vor eindringender Kälte geschützt. Nun
also waren sie auf dem Weg zum Stadtglaser, um die gesamte Vorderfront des Kunschen
Hauses mit Glasfenstern auszustatten. Natürlich freute sie sich darüber, dennoch
fühlte sie sich unzufrieden. Zu sehr hatte sich ihr Leben in den letzten Tagen verändert.
Vicos Anwesenheit in ihrem Haus und ihrem Bett bedurfte einiger Umstellung, die
sie noch nicht gänzlich hinter sich gebracht hatte. Vor allem das, was nachts zwischen
den Laken geschah, war wenig dazu angetan, ihr Freude zu bereiten. Die Hochzeitsnacht
blieb als schmerzhafte Erinnerung in ihrem Kopf. Schmerzhaft und entwürdigend, als
die Frauen das Laken kontrollierten, ob auch Blut daran klebte. Natürlich tat es
das, sie war jungfräulich in die Ehe gegangen, so wie es erwartet wurde.
    Seither
tat die Angelegenheit weniger weh, doch Vico legte eine Ausdauer an den Tag, die
ihr nicht gefallen konnte. Ihre Freundin Berta hatte ihr versichert, das ließe nach.
Ein paar Wochen müsse sie schon warten. Spätestens mit der ersten Schwangerschaft
würde sich die Lust der Männer abkühlen, meinte sie. Das war ein zweiter Aspekt,
der Sieglinde an dem Spielchen missfiel. Natürlich wollte sie Kinder bekommen, aber
das Gebären, das machte ihr Angst. Zu sehr hatten sich die Schreie der Mutter in
ihr Gedächtnis gebrannt in der Nacht, als sie starb an der Geburt ihres Sohnes.
Sieglinde musste sich eingestehen, dass sie schlicht Angst davor hatte, ein Kind
auszutragen.
    Und Jolanthe?,
dachte sie, während sie neben Vico durch Ulms Fischerviertel schlenderte und beobachtete,
wie ein Fischer seinen Holzkahn auf der Blau mit gleichmäßigen Bewegungen voranruderte.
Die müsste doch nun endlich sehen, wo ihr Platz ist und wo nicht.Sie lachte.
    »Ich hoffe,
du lachst nicht über mich.« Vico drehte sich zu ihr, das Gesicht gerötet vom Wind,
der durch die Gassen pfiff.
    »Wie weit
ist es noch?«, fragte sie zurück.
    »Der Weg
erscheint einem oft länger, als er ist«, antwortete ihr Mann. »Doch wenn du die
Schönheit der Dinge genießt, die dir unterwegs begegnen, dann bist du flugs dort,
wo du hin willst, vor allem, wenn du dich in netter Begleitung befindest.«
    Sieglinde
verdrehte die Augen und schwieg. Manchmal redete Vico solch einen Unsinn, dass man
ihn nur machen lassen konnte und besser nichts darauf erwiderte. Es war ihr relativ
bald aufgefallen, dass er auch sprach, wenn er nichts zu sagen hatte. Vielleicht
musste man das ja als guter Kaufmann. Vielleicht war der Vater deshalb nie über
sein überschaubares Kontor hinausgekommen.
    Zunächst
hatte sie nicht eingesehen, warum dieser Gang zum Glaser überhaupt nötig war. Als
sie damals das Glas für die Fensterscheiben im Kontor bestellt hatten, war der Mann
eigens hergekommen, um sie zu beraten. Dieses Mal aber schien das nicht zu gehen,
zumindest versicherte Vico, man müsse ihn in seiner Werkstatt aufsuchen, und das
sei doch auch ein netter Ausflug für sie beide. Sieglinde hatte den Eindruck, dass
ihr Mann es sich häufig einfacher machte, als er sollte.
    Immerhin
hatte er ihr den Weg zu neuen Fenstern

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