Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
und
stieß mit den Fersen regelmäßig gegen den Brunnen.
»Du siehst
aus, als erwartest du jemanden.« Pascal erschien so unerwartet neben ihr, als habe
er sie bereits eine Weile beobachtet. Sie sah in seine Augen. Er hielt ihren Blick
fest. Sie wandte sich ab, fühlte sich verlegen.
»Ich muss
mit dir reden, aber nicht an diesem Ort«, lenkte sie das Gespräch auf das Wesentliche
und sprang von der steinernen Umrandung. Wie selbstverständlich schlugen sie den
Weg durch das Stadttor zur Donau ein und schlenderten am Fluss entlang. Pascal schwieg
geduldig.
Endlich
überwand sie sich und sagte: »Ich brauche jetzt das Geld. Als Pfand gebe ich dir
alle Wertsachen, die ich besitze.« Und ein paar Schmuckstücke von Sieglinde. Die
wird es schon nicht merken.
»Hast du
ein Geschäft in Aussicht?«
»Salz.«
Sie hatte nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass dies das Erfolgversprechendste
war. Sie würde sich an den Kaufmann Neidhardt halten, mit ihm reden und entweder
mit ihm gemeinsame Sache machen oder es auf eigene Faust versuchen. »Der Neidhardt
kauft das Salz in den Salinen und lässt es in den Norden transportieren. Dort geben
sie ihm einen guten Preis, weil sie für das Einlegen der Fische ständig Nachschub
brauchen.«
»Ich möchte
dir einen Rat geben, darf ich das?« Sein verschmitztes Lächeln passte zu seiner
Vorsicht, die er in seiner Formulierung gebrauchte. Warum fragte er? Bislang hatte
er kein einziges Mal gezögert, wenn es darum ging, ihr Ratschläge zu erteilen.
»Du willst
mir das Geld nicht geben? Erst drängst du mich, willst es mir aufnötigen und nun?«
»Du bekommst
es.«
»Dir passen
meine Bedingungen nicht? Glaub mir, sie sind nicht verhandelbar. Ich werde dir das
Geld zurückzahlen, oder du behältst den Schmuck.«
»Das weiß
ich.«
»Wir werden
alles schriftlich festlegen. So oder gar nicht.«
Er blieb
stehen und blickte über den Fluss, an dessen Ufer ein Fischer in seinem Boot saß
und seine Netze flickte. Jolanthe beobachtete ihn. Es ärgerte sie, dass Pascal sich
so wenig von ihr aus der Reserve locken ließ. Unvermittelt und ungebeten kam ihr
das Bild von seinem nackten Körper in der Badestube in den Sinn. Sie spürte, wie
ihre Wangen glühten.
»Warum bleibst
du nicht bei deinen Gewürzen?«, fragte er.
»Das …«
Sie wusste keine Antwort.
»Mir gefiel
die Idee. Du hast zudem erste Erfahrungen sammeln können. Warum bleibst du nicht
dabei?«
»Wo soll
ich sie im großen Stile herbekommen?«
»Aus Venedig.«
»Ja, natürlich,
aus Venedig. Ich schicke am besten Cornelius hin, damit er für mich einkauft und,
wagemutig wie er ist, auf einem Gaul zu mir bringt quer über die Alpen.«
»Ich werde
in Kürze nach Venedig reisen.«
»Und kaufst
die Gewürze für mich ein?« Das wollte sie nicht. Dann wäre es sein Geschäft mit
seinem Geld und seinen Verbindungen.
»Ich nehme
dich mit.«
Noch schlimmer.
Heimlich nach Augsburg zu reisen und sich als seine Base auszugeben, war eine Sache.
Aber wie sollte sie bis nach Venedig kommen, ohne dass es jemand bemerkte?
»Du bist
verrückt. Pass auf, dass sie dich nicht in den Narrenturm sperren.«
»Ich bin
sicher, du holst mich wieder heraus.«
»Dann bist
du sicherer als ich. Und eingebildet auch noch. Glaubst du, du würdest mir fehlen?«
»Ich nicht.
Aber mein Geld.«
Es reichte.
Selbst wenn das nur Neckereien sein sollten, die Situation war zu ernst. Sie wollte
sich von ihm nicht vorführen lassen. »Salz. Ich kaufe Salz. Und das Geld, das du
mir gibst, wird mit dem Pfand aufgewogen.«
Nun sah
er sie schon wieder so eindringlich an, doch dieses Mal hielt sie seinem Blick stand.
Endlich sagte er: »Ich wollte dich nur necken und bin sicher, dass du das weißt.
Denke über meinen Vorschlag nach. Das ist meine einzige Bitte.«
»Ist es
auch deine Bedingung?«
»Nenn es,
wie du willst, und gibt mir bis morgen Bescheid.«
Er wollte
sich abwenden, doch Jolanthe konnte ihn so nicht gehen lassen. Nach Venedig zu reisen
mit ihm, wie dachte er sich das?
»Wie soll
ich für eine solch lange Reise von zu Hause fort, ohne dass sie wissen, was ich
tue?«
»Du hast
eine Freundin, die in einer halb verfallenen Burg wohnt und dir sicher hilft.«
»Ebenso
wie dir?«
»Sie weiß
nichts von meinen Plänen, falls du das meinst. Ich wollte diese Reise nicht selbst
antreten, doch vorhin bekam ich Nachricht von meinem Vater. Er kann keinen Mitarbeiter
dafür entbehren. Du erinnerst dich an die Ware, die ich in Augsburg
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