Die Tochter von Avalon - Avalon High
gesehen, was ich sehen wollte - Wills Dad, der allen Gerüchten zum Trotz sehr nett zu sein schien, seine Stiefmutter, die liebenswert wirkte, und Wills und Jennifers Umgang miteinander, der genau der Art entsprach, wie man ihn bei einem Pärchen erwarten würde … sie benahmen sich nicht wie verliebte Turteltäubchen oder so was, aber sie hielten eine Menge Händchen, und einmal beobachtete ich, wie er sich zu ihr runterbeugte, um sie zu küssen.
Empfand ich bei diesem Anblick einen Stich der Eifersucht in meinem Herzen? Ja. Glaubte ich, dass ich die bessere Freundin für ihn sein würde? Allerdings.
Doch die Sache war die, dass ich ihn in der Hauptsache einfach glücklich sehen wollte. Es klingt seltsam, aber das wollte ich wirklich. Und wenn Jennifer ihn glücklich machte, nun, dann sollte es eben so sein.
Außer …
Was hatte die Rose zu bedeuten? Ich meine die, die nun voll erblüht in einer Vase auf meinem Nachttisch stand,
wo sie das Erste war, auf das jeden Morgen beim Aufwachen mein Blick fiel, und das Letzte, das ich jeden Abend sah, bevor ich das Licht ausschaltete.
Wir waren bereits auf dem Weg nach draußen, als mir plötzlich siedend heiß einfiel, dass ich Lance wegen unseres Treffens mit Mr. Morton Montagmorgen Bescheid geben musste. Ich sagte Liz und Stacy, dass ich sie beim Auto treffen würde, dann machte ich mich auf die Suche nach Lance, um ihm die Nachricht beizubringen.
Aber er war nicht mehr draußen am Pool, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte. Und er war auch nirgends im Erdgeschoss des Hauses. Schließlich sagte mir jemand, der in der langen Schlange vor dem Badezimmer im ersten Stock wartete, dass er gesehen hätte, wie Lance in einem der Gästezimmer verschwunden sei. Ich bedankte mich, dann ging ich zu der Tür und klopfte.
Doch die Musik, die von unten heraufdrang, war zu laut, als dass ich hätte hören können, ob Lance »herein« gesagt hatte. Ich klopfte fester. Noch immer nichts.
Ich kam zu dem Schluss, dass, wenn ich ihn wegen der Musik nicht hören konnte, er mein Klopfen vermutlich auch nicht bemerkte. Deshalb öffnete ich einfach die Tür - nur einen Spaltbreit -, um zu sehen, ob Lance wirklich da drinnen war.
Er war da drinnen - kein Zweifel.
Er war da drinnen und fummelte auf dem Bett mit Jennifer herum.
Die beiden waren so ineinander verschlungen, dass sie nicht einmal mein Öffnen der Tür bemerkt hatten. Ich zog sie schnell wieder zu, dann stürzte ich zur gegenüberliegenden Wand und lehnte mich dagegen, während mein
Herz sich anfühlte, als würde es gleich aus meiner Brust springen.
Aber noch bevor ich Zeit hatte, mir darüber klar zu werden, was ich da gerade gesehen hatte - geschweige denn, was es bedeutete -, bemerkte ich etwas noch Entsetzlicheres.
Und das war Will, der die Treppe hochkam und genau auf die Tür zusteuerte, die ich gerade geschlossen hatte.
10
Wie oftmals in der Dunkelheit
Ein Meteor im Feuerkleid
Fliegt über das in Einsamkeit
Daliegende Shalott.
Oh, hallo Elle, sagte Will, als er mich sah.
Dass mein Herz noch nicht einmal leicht erzitterte, als er mich Elle nannte, war ein eindeutiges Indiz dafür, wie schockiert ich über die Entdeckung war, die ich eben gemacht hatte.
»Hallo«, erwiderte ich mit schwacher Stimme.
»Hast du Jen gesehen?«, wollte Will wissen. »Jemand hat gesagt, sie sei hier hochgegangen.«
»Jen?«, echote ich. Obwohl ich es zu verhindern versuchte, wanderte mein Blick zu der verschlossenen Tür des Gästezimmers. »Ähm …«
Was sollte ich bloß sagen? Die Wahrheit? Sollte ich einfach antworten: »Klar hab ich sie gesehen. Sie ist da drinnen«, und ihn in das Zimmer reinmarschieren und Jennifer mit Lance im Bett finden lassen?
Oder war es besser zu lügen: »Jen? Nein, die hab ich nicht gesehen«, und ihn sein Leben in völliger Unwissenheit darüber weiterführen lassen, dass seine Freundin und sein bester Freund verlogene Miststücke waren?
Wer konnte schon so eine Entscheidung treffen? Warum musste ausgerechnet ich diejenige sein, die sie in flagranti erwischt? Ich meine, klar wollte ich, dass Will mit Jennifer Schluss machte, damit er frei für mich war, und ich - natürlich würde eher die Hölle gefrieren - seine Freundin werden konnte.
Trotzdem wollte ich nicht der Mensch sein, der, wenn auch indirekt, diese Trennung verursachte, indem er ihm den wahren Charakter seiner Freundin enthüllte. Weil nämlich die Mädchen, denen das in irgendwelchen Seifenopern passiert, den Jungen am Ende
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