Die Todesbraut
beieinander. Nach einem Moment des Schweigens zog der Mann mit dem Pferdeschwanz eine 38er Smith & Wesson aus der Jackentasche.
Aber da hatte Lang lä ngst die Beretta in der Hand und feuerte zwei Schüsse direkt ins Herz des Mannes ab. Im selben Augenblick stieß der Mann mit der Kappe Grace zur Seite, so daß sie stürzte. Er griff sich einen Holzprügel und schlug ihn gegen Ruperts Armgelenk, wodurch dieser die Pistole fallen ließ. Der Mann griff danach, aber die Pistole schlitterte auf dem nassen Kopfsteinpflaster zu Grace hinüber. Instinktiv haschte sie nach der Waffe, richtete sie auf den Mann und drückte zweimal ab. Getroffen schnellte der Mann gegen die Mauer.
Grace erstarrte, mit gegrätschten Beinen stand sie da, die Waffe mit beiden Händen umklammert, und betrachtete ihren Angreifer.
»Geben Sie mir die Waffe«, forderte Rupert Lang sie auf.
»Ist er tot?« fragte sie mit ruhiger Stimme.
»Wenn nicht, dann ist er es bald«, antwortete Lang, nahm die Beretta und schoß dem Mann zwischen die Augen. Dann drehte er sich zu dem Kerl mit dem Pferdeschwanz und tat dasselbe.
»Immer auf Nummer Sicher gehen. So, jetzt kommt, nichts wie weg hier.« Er hob den Regenschirm auf. »Gehört der nicht
Ihnen, meine Liebe?«
Curry hakte Grace auf der einen Seite unter, Lang auf der anderen, und so führten sie sie weg. »Keine Polizei?« fragte Grace.
»Wir befinden uns in Belfast«, klärte Curry sie auf. »Dies sind lediglich zwei weitere Morde, die auf das Konto rivalisierender Konfessionsfanatiker gehen. Sagten sie nicht, sie wären von der IRA?«
»Waren sie das denn tatsächlich?« fragte Grace, während ihre beiden Begleiter ihr in den Fond des Wagens halfen.
»Möglicherweise waren sie es nicht, meine Liebe«, räumte Lang ein. »Vielleicht waren es auch nur widerliche junge Herumtreiber, davon gibt es bekanntermaßen genug in dieser Stadt.«
»Machen Sie sich keine Gedanken«, tröstete sie Curry. »Sie werden sehen, schon morgen gelten die beiden als Helden der Revolution.«
»Vor allem, wenn sich der ›30. Januar‹ dazu bekennt.« Rupert Lang zündete eine Zigarette an und reichte sie Grace. »Auch wenn sie an diese Dinger nicht gewöhnt sind, könnte Ihnen jetzt vielleicht eine guttun.« Grace Browning akzeptierte die Zigarette und war seltsam ruhig. »Brauchen Sie einen Arzt?«
»Nein, er penetrierte mich nicht, wenn es das ist, was Sie meinen«, gab sie zurück.
»Gut«, meinte Curry. »Dann werden Ihnen ein heißes Bad und ein anständiger Nachtschlaf darüber hinweghelfen. Und morgen werden Sie das Gefühl haben, als sei es nie geschehen.«
»Es ist aber geschehen«, entgegnete Grace und warf die Zigarette lässig aus dem Wagenfenster.
Als sie das Hotel erreichten, strebte Lang, die Hand an ihrem Arm, dem Lift entgegen. »Eigentlich wäre mir noch nach einem Schlummertrunk zumute«, sagte Grace Browning.
Lang runzelte zunächst die Stirn, nickte dann aber. »Gut.« Er wandte sich an Curry. »Würdest du den Anruf übernehmen, Tom?« Tom nickte, und Rupert führte Grace Browning in die Bar.
Wenige Minuten später klingelte am Schreibtisch des Nachtredakteurs des Belfast Telegraph das Telefon. Als er abhob, vernahm er eine schroffe Stimme. »Garrick Lane, kapiert? Dort liegen ein paar Provo-Hunde auf dem Rücken. Wir schicken keine Blumen.«
»Wer spricht denn, bitte?« rief der Nachtredakteur alarmiert.
»›30. Januar‹.«
Dann war die Leitung tot. Der Redakteur starrte stirnrunzelnd das Telefon an, dann wählte er hastig die Nummer der Royal Ulster Constabulary.
Minuten später gesellte sich Curry zu Rupert und Grace, die sich einen Ecktisch in der Bar ausgewählt hatten. Sie tranken Brandy und hatten auch für Tom ein Glas bestellt.
Lang sagte: »Sie sind sehr gefaßt, wenn man bedenkt, was Sie gerade erlebt haben.«
»Sie meinen wohl, es wäre angemessen zu weinen und zu schluchzen, weil ich gerade einen Menschen getötet habe?« Grace schüttelte den Kopf. »Er war ein Stück Dreck. Er hat bekommen, was er verdient hat. Ich hasse solche Menschen. Als ich zwölf war, fuhr ich mit meinen Eltern in Washington von einem Konzert nach Hause. Wir wurden von bewaffneten Gangstern überfallen. Meine Eltern wurden dabei getötet.« Sie starrte in ihr Glas, und Curry sagte leise: »Das tut mir aufrichtig leid.«
»Sie gingen überraschend gut mit der Waffe um. Wo haben Sie das
Weitere Kostenlose Bücher