Die Todesbraut
amüsiert.«
»Yuri, ich denke, ihr beide kennt euch bereits«, sagte Lang.
»Ja, wir trafen uns letztes Jahr in der sowjetischen Botschaft«, sagte Grace. »Als wir Drei Schwestern im National Theatre spielten.«
Yuri war dem Aufenthalt auf dem Land entsprechend gekleidet. Er trug einen leichten braunen Anzug aus gewachstem Material. Belov war ein sportlicher, durchtrainierter Typ, sah blendend aus und lä chelte charmant, als er ihre Hand zum Handkuß ergriff.
»Ich durfte Sie schon dreimal bewundern, und ich mußte zu meinem großen Bedauern feststellen, daß Tschechow von den Engländern am besten interpretiert wird. Sie waren phantastisch in der Rolle der Mascha.«
»Ich bin nur Halbengländerin«, sagte sie, »trotzdem vie len Dank für das Kompliment.«
»Mrs. Farne serviert das Mittagessen im Wintergarten«, sagte Lang. »Möchtest du dich noch umziehen?«
»Dauert nur fünf Minuten«, meinte sie und eilte hinaus.
Lang öffnete eine Flasche Bollinger und schenkte ein. »Ihre Fortschritte im Schießstand waren prima, und Ian McNab war mehr als beeindruckt von ihrer Art, seine Anleitungen in die Tat umzusetzen. Er erwartet sie in seiner Trainingshalle, wenn sie wieder in London ist.«
»Welche Begründung gaben Sie McNab für Miss Brownings Lerneifer?« fragte Belov.
»Ich sagte, sie wäre nur knapp einer Vergewaltigung entgangen und wolle lernen, sich selbst zu verteidigen.«
Belov nippte an seinem Champagner. »Erstaunliche Leute, diese Schauspieler. Ihre Fähigkeit, völlig mit einer Rolle zu verschmelzen. Als Mascha spielte sie vollkommen überzeugend eine russische Frau, und als ich im Fernsehen kürzlich ihren Hollywoodstreifen sah, in dem sie die Mörderin mehrerer Männer spielte, wirkte sie für mich gleichermaßen überzeugend.« Er ließ sich von Rupert eine Zigarette geben. »Wird sie sich uns anschließen, was meinen Sie?«
»Oh, ja, ich denke schon«, antwortete Rupert.
In diesem Moment betrat Grace in Jeans und Pullover den Raum. Sie nahm das Glas, das ihr Rupert anbot. »Sag mal, Rupert, die Schafe über dem Wald, gehören die dir?«
»Ja, warum?«
»Oh, ich stieß auf einen ziemlich unangenehmen Mann dort oben. Trug einen schäbigen alten Tweedanzug und einen Hirtenstab. Er nahm es mir übel, daß ich querfeldein fuhr.«
»Du meinst sicher Sam Lee.« Das Lächeln war aus Ruperts Gesicht gewichen. »Was ist passiert?«
»Als ich stehenblieb und mich entschuldigte, warf er die Montesa um, und dann stürzte er sich von hinten auf mich.«
»Er tat was?« Lang war plötzlich schneeweiß geworden, und seine Augen funkelten vor Zorn. »Hat er dich irgendwie verletzt?«
»Nun, es ist wohl eher das Gegenteil der Fall«, erwiderte sie. »Ich probierte etwas aus, was mir der Hauptfeldwebel gezeigt hatte. Einen Rückwärtsschlag mit dem Ellenbogen auf den Mund, schnelle Drehung, dann rammte ich ihm das Knie in den Schritt. Zuletzt lag er in fötaler Stellung auf dem Boden und winselte vor Schmerz.«
Lang lachte lauthals auf. »Das ist ja unglaublich!« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde George sagen, er soll das für mich erledigen. Der Kerl kann seinen Hut nehmen.«
»Nein«, beschwichtigte sie ihn, »das nächste Mal wird er sich besser benehmen. Gib ihm eine Chance, Rupert.« Sie lächelte. »Wollen wir nun zum Essen hineingehen?«
Sie aßen kalten Lachs, gemischten Salat und Kartoffeln. Lang öffnete eine Flasche Bollinger. Der Regen trommelte gegen die Fensterscheiben des Wintergartens.
»Es tut mir leid wegen des Wetters«, sagte der Gastgeber. »Dartmoor zeigt sich Ihnen von seiner schlechtesten Seite, Yuri. Es wird erst ab März allmählich besser.«
»Das sind eben die Freuden des Landlebens«, meinte Grace.
Curry schenkte den Kaffee ein, und Belov sagte: »Neulich sah ich spät nachts noch Ihren Hollywoodfilm im Fernsehen,
Miss Browning.«
»Oh, nennen Sie mich doch Grace, bitte«, sagte sie. »Es war mein einziger Hollywoodfilm, es hat mir dort nicht ge fallen. Sie ließen mich eine ganze Reihe unglaublich kurzer Röcke tragen, und ich mußte ziemlich viele Menschen töten. In der Branche nennt man Filme wie diesen Rachefilm.«
»Ja, in diesem Film töteten Sie mehr als gründlich«, nickte Belov. »Wenn ich mich recht erinnere, nannte die Polizei Sie den ›Dunklen Engel‹.«
»Tja, das war mein einziger Beitrag zum Drehbuch. Eine meiner Urgroßmütter
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