Die Todesbraut
Judomatten, Ian«, sagte Lang. Sie verließen zusammen das Haus und gingen über den Hof. »Wissen Sie, Ian, Miss Browning wurde letzte Woche auf der Straße überfallen und entging nur knapp einer Vergewaltigung, was sie seelisch ziemlich belastet. Glücklicherweise fuhr gerade jemand vorbei und kam ihr zu Hilfe, aber ich denke, Sie könnten ihr mit Ihren sieben Griffen dienlich sein.«
»Selbstverständlich, Captain«, McNab wiegte den Kopf. »Schreckliche Zeiten, in denen wir leben.«
In der Scheune zerrten er und Lang einige Judomatten von einem Stapel in einer Ecke und legten sie aus. McNab wandte sich an Grace. »Okay, Miss. Die Methode ist außergewöhnlich und darf ausschließlich in Extremsituationen angewandt werden.«
»Ich werde Ihnen sieben Möglichkeiten zeigen, womit Sie einen Angreifer immer verkrüppeln werden, ihn aber eventuell sogar töten können. Verstehen Sie?«
»Ich denke schon.«
»Halten Sie zum Beispiel Ihre Fingerknöchel gestreckt – ich nehme an, Sie sind Rechtshänderin?«
»Ja.«
»Gut. Wenn Sie den Schlag unter das Kinn auf den Adamsapfel setzen, dann fällt sogar ein zwei Zentner schwerer Rugbyspieler um. Sie können den Schlag auch mit gestreckten Fingern ausführen. Das Problem ist: Der Gegner könnte daran ersticken. Deshalb ist mein Kurs auch nur mit großen Vorbehalten zu genießen.«
»Verstehe.«
»Ein weiterer Trick ist der: Die Kniescheibe ist einer der sensibelsten Teile des menschlichen Körpers. Wir stellen uns wieder unseren zwei Zentner schweren Rugbyspieler vor. Er greift sie an, Sie heben Ihren Fuß und treten damit heftig von unten gegen seine Kniescheibe, dadurch wird sie aus ihrer üblichen Stellung gebracht, und der Mann geht zu Boden. Damit töten Sie ihn zwar nicht, aber Sie machen ihn – vielleicht sogar auf Lebenszeit – zum Krüppel.«
»Also nur im Notfall anzuwenden.«
»Stimmt. Ich hoffe, ich trete Ihnen nicht zu nahe, Miss, aber es gibt natürlich auch die Möglichkeit, die Ge schlechtsteile Ihres Angreifers zu attackieren.«
Grace lachte laut heraus. »Diese Möglichkeit gibt es bei Männern immer, Hauptfeldwebel.«
Lang lachte, und McNab grinste. »Das ist wahr, Miss. Außer-dem gibt es den Rückwärtsschlag mit dem Ellbogen. Er ist immer tödlich.«
Grace sah Lang an. »Bist du Experte in diesen Dingen?«
»Sehe ich etwa aus wie ein Schläger, Liebling? Ich habe ein paar Telefonate zu führen. Trainieren Sie sie eine Weile, Hauptfeldwebel. Ich sehe Sie später.«
Mit diesen Worten verließ Lang die Scheune, und McNab wandte sich an Grace. »Also, Miss Browning, dann wollen wir mal anfangen.«
Kurz vor Mitternacht kam sie im Nachtmantel in den Salon, wo Lang damit beschäftigt war, einige Faxe durchzusehen.
»Probleme?«
»Regierungsgeschäfte, meine Liebe, vor allem dieses Irlandschlamassel. Das hört nie auf. Kleiner Schlummertrunk gefällig?«
»Gerne.« Er schenkte zwei Bushmills ein und reichte ihr ein Glas. »Was hielt der Hauptfeldwebel von mir?« fragte sie.
»Er hielt dich für talentiert. Er hat doch in Soho diese Sporthalle und würde dich dort gerne begrüßen, wenn du die Zeit
dafür aufbringen könntest.«
»Mache ich.«
»Ich lasse ihn morgen mit der Navajo nach Gatwick zurückbringen. Sie kommt am späten Nachmittag mit Tom und Yuri Belov zurück.«
»Das wird bestimmt interessant.«
Der Wolfshund döste vor dem Kamin. »Ein schöner Hund«, sagte sie. »Warum nennst du ihn Danger?«
»Oh, er kann ziemlich unbarmherzig sein, wenn man ihn ärgert.«
Nun fiel Grace’ Blick auf das Portrait eines Haudegens aus der Regencyzeit, das über dem offenen Kamin hing. Er trug einen Frack und leichte, geschnürte Stulpenstiefel. Die Ähnlichkeit mit Rupert Lang war nicht zu übersehen.
»Wer ist das?« fragte sie.
»Er ist einer meiner Ahnen. Auch ein Rupert. Er war der Earl of Drury und ein großer Freund des Prinzregenten. Der Titel ging im achtzehnten Jahrhundert verloren, als die männliche Linie ausstarb. Ich entstamme der weiblichen Linie.«
»Oh, wie schade. Du hättest der Earl of Drury sein können!«
»Stimmt.«
»Er sieht reichlich arrogant aus, und von ihm geht eine Ruhelosigkeit aus, die ich zuweilen auch an dir feststelle, Rupert.«
»Er tötete im Duell zwei Männer, und als er sich einmal mit dem Duke of Wellington anlegte, schoß der ihn in die Schulter.«
»Du
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