Die Todesbraut
Weiblichkeit das gehört hätte, sie würde Sie glatt in Stücke reißen, Sie männlicher Sexist, Rassist und Chauvinist!«
»Mein lieber Junge, Sie wissen genau, was ich meine. Einerseits ist Bernstein hochintelligent und äußerst tüchtig. Erstklassiges Examen in Cambridge, durchweg glänzende Beurteilungen, seit sie bei der Polizei ist. Des weiteren hat sie bewiesen, daß sie im Notfall auch einen Mann erschießen kann.«
»Und eine Frau.«
»Ja, das hätte ich fast vergessen. Aber andererseits benimmt sie sich jetzt wie ein launischer Teenager, nur weil sie uns nicht nach Washington begleiten kann.«
»Vielleicht hätte sie gerne Patrick Keogh kennengelernt?«
»Dazu bekommt sie ohnehin noch Gelegenheit.«
»Vielleicht hätten Sie ihr das klarmachen sollen.«
»Unfug.« Ferguson reichte Dillon seine Tasse. »Geben Sie mir noch eine Tasse Tee, und dann erzählen Sie mir, was Sie von dieser ganzen Angelegenheit halten.«
Während Dillon den Tee eingoß, fragte er: »Wollen Sie hören, ob ich glaube, daß Keoghs Teilnahme an dem Treffen im Ardmore House eine Auswirkung auf die IRA und die Partei Sinn Fein haben wird?«
»Ja, was meinen Sie? Sie sollten es doch am besten wissen. Sie gehörten dieser verfluchten Bewegung ja schließlich lange genug an.«
»Die Zeiten ändern sich. Die irische Bevölkerung, ob nördlich oder südlich der Grenze, ob katholisch oder protestantisch, sie sehnt den Frieden herbei. Sicherlich, es gibt auf beiden Seiten immer noch die traditionellen Hardliner, aber um bei Sinn Fein und der IRA zu bleiben, ich glaube, dort findet man immer mehr Verfechter der Friedensbewegung. Fünfundzwanzig Jahre sind einfach eine zu lange Zeit. Gerry Adams, Martin McGuinness und all diejenigen, die das Thema nun in die politische Arena bringen wollen, brauchen jede nur denkbare Unterstützung. Und, ja, Keogh könnte durchaus eine Hilfe auf ihrem Weg sein.«
»Warum gerade er?«
»Zum einen arbeitete er früher mit Präsident Kennedy zusammen, und der ist schließlich zu einer irischen Legende geworden. Zum anderen hat er die besten Referenzen, und er ist katholisch. Niemand wird ihn in Zweifel zie hen, wenn er die richtige Rede hält.«
»Hoffen wir das Beste. Haben Sie eigentlich Fortschritte gemacht mit Ihren Ermittlungen in bezug auf den ›30. Januar‹?«
»Ich ignorierte zunächst alle früheren Untersuchungen und fütterte den Computer mit allen noch so unwichtig erscheinenden Details. Dann ließ ich diverse Suchprogramme darüberlaufen. Der Chief Inspector wird während unserer Abwesenheit die Resultate prüfen, die der Computer nach und
nach ausspuckt.«
»Na, dann wollen wir mal hoffen, daß Sie Erfolg damit haben«, knurrte Ferguson und griff nach seiner Zeitung.
Zur selben Zeit gab der Drucker im Verteidigungsministerium die letzten Antworten auf eine von Dillons Suchanfragen aus. Zufällig handelte es sich dabei um die Frage nach dem diplomatischen Stab der russischen Botschaft. Hannah stapelte die Blätter, die hauptsächlich schriftliche Informationen, aber auch einige Fotografien enthielten. Darunter befand sich unter anderem auch Yuri Belovs Foto, was Hannah Bernstein alle rdings genausowenig etwas sagte wie die anderen Gesichter. Sie legte die Papierstapel ordentlich auf Dillons Schreibtisch und schlenderte dann lustlos in ihr eigenes Büro zurück. Sie war deprimiert und zugleich verärgert, daß Ferguson sie nicht mit nach Amerika genommen hatte, aber jetzt war daran nichts mehr zu ändern. Regen prasselte gegen das Fenster. Hannah dachte kurz daran, wie wohl Fergusons und Dillons Flug über den Atlantik sein mochte, dann setzte sie sich mit einem Seufzen an ihren Schreibtisch und begann, die Tagespost zu erledigen.
Als Grace Browning die Tür ihres Hauses am Cheyne Walk öffnete, stand Tom Curry auf dem Treppenabsatz. »Das ist aber eine nette Überraschung«, sagte sie und führte ihren Besucher in die Küche. »Ich mache gerade Kaffee.«
»Ich fürchte, dies wird ein geschäftlicher Besuch. Rupert rief mich vorhin an«, klärte Tom sie auf. »Es handelt sich offenbar um etwas äußerst Wichtiges. Rupert und Yuri Belov werden auch gleich hier sein.«
»Hast du eine Ahnung, worum es geht?« fragte sie, während sie den Kaffee aufbrühte.
»Nein, leider nicht. Ich tappe genauso im dunklen wie du.«
»Ich hole eben noch zwei Tassen.«
Im selben Moment ertönte die Türglocke.
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