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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Nuelle
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schrie Peggy und jagte die Treppe hinauf.
    Aber da war schon Dan neben Jesse und drängte sie von dem gefährlichen Geländer weg ins Zimmer zurück. Als Peggy ins Schlafzimmer trat, unterhielt sich Jesse ruhig mit Dan. Ihr Gesicht hatte Farbe, und die Stimme klang nicht hysterisch. Sie schien von dem Schrei nur genauso erschrocken zu sein wie alle anderen. Dan fühlte ihr gerade den Puls, und Peggy setzte an, um den dreien zu erklären, daß es genau der Schrei gewesen wäre, den sie schon zweimal gehört hätte, als das Licht ausging. Das bißchen Tageslicht, das zu dem schmalen Fenster hereinkam, erhellte den Raum nur notdürftig.
    »Diese verdammten Handwerker!« schimpfte der Professor. »Erst letzte Woche habe ich den Generator nachsehen lassen. Aber mit dem Ding ist eben nicht mehr viel los.«
    »Generator?« fragte Peggy erstaunt.
    »Natürlich. Oder denken Sie, es lohnte sich, zu einem Schloß elektrische Leitungen legen zu lassen, wenn es doch nicht benutzt wird?«
    »Ich – ich weiß nicht. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht.«
    »Ich werde den Burschen gleich heute noch mal holen. Das...« Er schlug sich mit der flachen Hand plötzlich gegen die Stirn, weil ihm offenbar etwas einzufallen schien. »So was Dummes. Der ist ja in Urlaub. Aber so schlimm ist das gar nicht«, fügte er beruhigend zu. »Im Haus gibt es mehr Kerzen und Öllampen, als Sie je in Ihrem Leben brauchen werden.«
    »Professor, geht es den jungen Damen gut?«
    Andrew Quigley trat zögernd ein. Peggy hatte ihn völlig vergessen. »Ich wollte nicht stören. Aber als die Lichter ausgingen...« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    Jesse war auf einmal bewußt geworden, daß sie immer noch im Nachthemd dastand. Sie griff nach dem Morgenrock, der auf dem Bett lag, hielt ihn sich vor und bat, daß alle doch wieder hinuntergingen, damit sie sich anziehen könnte. Als diese jedoch zögerten, versicherte sie: »Mir fehlt wirklich nichts. Es passieren so viele Dinge, daß sie für mich langsam zum Alltag von Bally Moran werden. Nur das Zimmer dort«, sie deutete mit dem Kopf zu der noch verschlossenen Tür. »Das ist das einzige, was über meine Kräfte geht.«
    Peggy starrte ihre Schwägerin entgeistert an. Hatte Jesse den Verstand verloren? Sie hatte im Schlaf geschrien, hatte das entsetzliche Wehklagen gehört, die eisige Kälte gespürt und hatte beobachtet, wie sich plötzlich Gegenstände geheimnisvoll bewegten – und das sollte auf einmal nicht der Aufregung wert sein? Peggy blickte ratlos zu Dan, der jedoch im Augenblick nur Jesse zu sehen schien.
    »Es sieht so aus, als hätte der lange Schlaf Ihnen gutgetan«, stellte er fest.
    »Ja, das hat er.« Und sie lächelte ihn so strahlend an, wie nur Jesse es tun konnte.
    »Dann glauben Sie, daß Sie den Monat hier durchhalten werden?« fragte der Professor ungläubig.
    »Ja. Ich muß nur das Zimmer meiden. Den Rest kann ich ertragen. Wenigstens so lange, wie ich brauche, um von der Küche in dieses Zimmer zu kommen. Einen großen Teil des Tages kann ich mich ja auch im Schloßhof aufhalten.«
    »Aber Jesse«, platzte Peggy heraus, »was gibt dir die Sicherheit, daß du dem Zimmer fernbleiben kannst? Erst letzte Nacht...«
    Ein warnender Blick von Dan ließ sie innehalten, doch sie hatte bereits zuviel gesagt. Jesse hakte sofort ein. »Peggy, war ich etwa letzte Nacht wieder in dem Zimmer?«
    Peggy konnte nur stumm nicken, und das Herz krampfte sich ihr zusammen, als sie das Grauen sah, das erneut von Jesse Besitz nahm. Wie hoffnungsvoll und entschlossen war sie noch vor einer Sekunde gewesen.
     
    Vier Lampen genügten, um die Küche zu beleuchten. Aber für Peggy, die wie die anderen an elektrisches Licht gewöhnt war, hatte das dämmrige Licht mit den dunklen Schatten, die überall zuckend an die Wände geworfen wurden, etwas Schauriges.
    Professor Mulcahy hatte Mr. Quigley gebeten, in den Ort zu gehen und ein paar Lebensmittel einzukaufen. Außerdem sollte er einen Petroleumkocher mitbringen und sich nach Molly Mullins umsehen. Er saß am Tisch, wühlte in den Unterlagen über Bally Moran und redete unaufhörlich. Peggy versuchte, ihm nicht zuzuhören. Sie war so durcheinander, daß sie sowieso keinen vernünftigen Gedanken fassen konnte. Etwas Fürchterliches ging in diesem Haus vor, auch wenn sich der letzte Rest ihres Verstandes gegen die Theorie des Professors wehrte. Ab und zu streifte sie Dan mit einem kurzen Blick, und jedesmal bemerkte er es und lächelte sie herzlich an.

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