Die Todesgruft von Bally Moran
die fürchterlichen Schreie. Dan, denkst du, sie ist noch normal?«
Der besorgte Ausdruck in Dans Gesicht verschwand, und er lächelte offensichtlich erleichtert. »Wenn du nur wegen Jesse wie ein begossener Pudel herumläufst, machst du dir umsonst Sorgen. Siehst du denn nicht, daß sie dir nur was vormacht?« Als Peggy ihn ungläubig anstarrte, fuhr er ernster fort: »Jesse will unbedingt den Monat hier durchstehen, und sie möchte nicht, daß du Glen schreibst. Nach dem ausgiebigen Schlaf fühlt sie sich besser, und ich denke, sie will dir mit ihrer gespielten Ruhe die Sorgen um sie nehmen. Manchmal hast du sie ja behandelt wie eine Mutter ihr fünfjähriges Kind.«
Was er sagte, ärgerte und beschämte Peggy. »Du übertreibst, Dan«, murmelte sie ohne Überzeugung.
»Ganz und gar nicht, Liebes.« Er schmunzelte. »Und im allgemeinen macht das Jesse sogar Spaß. Aber im Moment ist es ihr bitter ernst. Sie will das Geld für Glen, und sie hat Angst, du verpatzt ihr alles, indem du Glen schreibst. Außerdem glaube ich, daß ihr neues Verhalten ihr guttun wird.«
»Was meinst du damit?«
»Nun, die Menschen handeln oft wie sie fühlen, aber manchmal fühlen sie auch, wie sie handeln. Jesse spielt die Ruhige, die Gelassene, und bald wird sie auch wirklich so empfinden. Die Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten hier ist das beste, was ihr passieren konnte. Ich gebe ihr heute abend eine Schlaftablette, und mit der wird sie hoffentlich im Bett bleiben.« Er drückte sie zärtlich an sich. »Dann noch was, Peggy. Würde es dir und Jesse etwas ausmachen, wenn ich heute nacht dableibe? Der Professor hat dasselbe vor.«
»Dan, soll das heißen, daß du plötzlich doch an Spuk glaubst?«
Er zog eine Grimasse. »Sagen wir mal, ich gestehe zu, daß hier etwas Unnatürliches vorzugehen scheint, und ich möchte nicht, daß ihr noch eine weitere Nacht allein in diesem Schloß verbringt.«
»Aber Dan, du kannst doch nicht einen ganzen Monat hierbleiben«, wandte sie ein und hoffte, er würde widersprechen.
»Wir sprechen auch nicht von einem Monat, wir sprechen über die heutige Nacht. Und jetzt sollten wir wieder hinaufgehen und hören, was der Professor plant.«
»Gestern hast du ihn noch als dummen alten Mann hingestellt.«
»Und heute wäre ich der Dumme, wenn ich mich weiter wehrte, das Übernatürliche in den Geschehnissen dieses Hauses zu sehen.« Er lächelte zu ihr hinunter, und seine Augen sagten etwas ganz anderes. Einen Augenblick dachte sie, er würde sie erneut in die Arme ziehen, und der Atem stockte ihr vor Erwartung. Aber er sagte nur: »Gehen wir?« Er bückte sich und hob die Lampe hoch. Obwohl sie es nicht zugeben wollte, war Peggy ein bißchen enttäuscht.
»Aber du hast dir den Generator überhaupt nicht angesehen«, erinnerte sie ihn und blieb stehen.
Er wandte sich um und grinste. »Ich habe ihn mir angesehen, und ich muß bestätigen, daß es ein Generator ist.«
»Meinst du, du verstehst überhaupt nichts davon?« fragte sie überrascht. Denn sie hatte erwartet, daß alle Männer, außer ihrem Bruder, etwas von Maschinen verstünden.
»Nein«, gab er ungeniert zu. »Deshalb hält uns nichts mehr hier zurück.«
Als sie hinter Dan die schmalen Stufen hinaufstieg, stellte sie fest, daß all die wahnsinnige Angst, die sie den Tag über und die vergangene Nacht gespürt hatte, spurlos verschwunden war; fortgeblasen von Dans beruhigenden Worten und seiner innigen Umarmung.
Sie schwelgte noch in der Erinnerung, als sie in die Küche traten, wurde jedoch sofort in den grauen Alltag zurückgerufen, als sie Jesse und den Professor eifrig über einen Stoß Papiere gebeugt sah.
Andrew Quigley war in der Zwischenzeit zurückgekehrt und füllte am Spültisch gerade Petroleum in einen zweiflammigen Kocher. Er drehte sich um, als sie eintraten, und lächelte sie mit der für ihn typischen halb schüchternen, halb entschuldigenden Art an. Peggy, gestärkt von neuem Selbstbewußtsein und einem unverschämten Glücksgefühl, lächelte fröhlich zurück.
Er hob verdutzt die dünnen Brauen und erkundigte sich: »Kann ich Ihnen noch irgendwie helfen, Miss Witlow? Ich würde mich gern ein wenig nützlich machen.«
»Nein, danke. Sie haben uns wirklich schon viel geholfen.«
»Aber ich bitte Sie, das war doch selbstverständlich.« Er wischte sich einen Tropfen Petroleum von der Hand. »Aber wenn es nichts mehr für mich zu tun gibt, möchte ich mich für heute verabschieden.«
Während ihn Peggy
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