Die Todesliste
um zu sehen, dass vorn zwei der pakistanischen Bodyguards saßen, der eine am Steuer, der andere schwer bewaffnet auf dem Beifahrersitz.
Hinter ihnen saßen der Prediger in formlosen somalischen Gewändern und mit bedecktem Kopf, Dschamma, sein somalischer Sekretär, und Opal, und ganz hinten die beiden anderen pakistanischen Leibwächter. Damit waren die einzigen vier, denen der Prediger wirklich vertraute, komplett. Sie stammten alle noch aus seiner Zeit bei der Chorasan-Killertruppe. Ebenfalls hinten saß Yusuf, der Sacad aus dem Norden.
In Marka war es sieben Uhr, als andere Dienstboten das Tor öffneten und der Landcruiser sich in Bewegung setzte. Der Spürhund sah sich vor einem Dilemma. War das ein Ablenkungsmanöver? War die Zielperson noch im Haus und bereitete sich darauf vor, unauffällig zu verschwinden, während die Drohne, von deren Anwesenheit am Himmel er inzwischen wissen musste, anderswo beschäftigt war?
»Sir?«
Der Mann mit dem Steuerknüppel im Bunker in Tampa brauchte Anweisungen.
»Folgen Sie dem Wagen«, sagte der Spürhund.
Der Landcruiser führte sie durch das Labyrinth der Straßen und Gassen bis an den Stadtrand. Dann verließ er die Straße und verschwand unter dem großen Asbestdach eines Lagerhauses. Er war nicht mehr zu sehen.
Der Spürhund kämpfte seine Panik nieder und ließ die Drohne zum Anwesen zurückkehren, aber dort war alles in Schatten gehüllt und still. Nichts regte sich. Die Drohne kehrte zum Lagerhaus zurück. Zwanzig Minuten später kam der große schwarze Landcruiser wieder zum Vorschein und fuhr langsam zurück zum Anwesen.
Irgendwo da unten musste es gehupt haben, denn ein Dienstbote kam aus dem Haus und öffnete das Tor. Der Toyota rollte hindurch und blieb stehen. Niemand stieg aus. Warum nicht?, dachte der Spürhund. Dann kapierte er. Niemand stieg aus, weil niemand drin war, niemand außer dem Fahrer.
»Zurück zu dem Lagerhaus, schnell«, befahl er Master Sergeant Orde. Statt einer Antwort zog der Mann am Steuerpult in Florida nur die Objektivbrennweite auf, und die Weitwinkelaufnahme zeigte die ganze Stadt, jedoch weniger Details. Sie kamen gerade noch zur rechten Zeit.
Nicht ein, sondern vier Pick-up-Trucks mit offener Ladefläche, die sogenannten technicals , rollten nacheinander aus dem Lagerhaus. Beinahe wäre der Spürhund auf das simpelste Wechselmanöver hereingefallen.
»Folgen Sie der Kolonne«, befahl er Tampa. »Egal, wohin sie fährt. Kann sein, dass ich wegmuss, aber ich bleibe am Handy.«
In Garacad erwachte Mr. Ali Abdi vom Motorenlärm vor seinem Fenster. Er sah auf die Uhr. Sieben. Noch vier Stunden bis zu seiner regulären Vormittagskonferenz mit London. Er spähte zwischen den Fensterläden hindurch und sah zu, wie zwei Technicals den Hof der Festung verließen.
Egal. Er war ein sehr zufriedener Mann. Am Abend zuvor hatte al-Afrit seinen Vermittlungsbemühungen endgültig zugestimmt. Der Pirat würde sich mit Chauncey Reynolds und den Versicherern auf ein Lösegeld in Höhe von fünf Millionen Dollar für die Malmö einschließlich Ladung und Mannschaft einigen.
Auch wenn ein kleines Haar in der Suppe schwamm, war Abdi sicher, dass Mr. Gareth ebenfalls glücklich sein würde, wenn er hörte, dass die Malmö, zwei Stunden nachdem die Bank des Piraten in Dubai den Eingang der Dollars bestätigt hätte, ihre Fahrt fortsetzen dürfte. Bis dahin würde sicher ein westlicher Zerstörer aufgekreuzt sein, um sie in sichere Gewässer zu geleiten. Mehrere rivalisierende Clans hatten bereits Schnellboote losgeschickt, die den schwedischen Frachter umkreisten, um zu sehen, ob er vielleicht schlecht gesichert wäre und noch einmal gekapert werden könnte.
Abdi dachte an die Zukunft. Die zweite Million seines Honorars wäre ihm sicher. Gareth Evans würde ihn nicht betrügen, denn vielleicht würden sie ja wieder miteinander zu tun bekommen. Nur Abdi selbst konnte wissen, dass er sich zur Ruhe setzen und eine hübsche Villa in Tunesien beziehen würde, wo er in Frieden und Sicherheit würde leben können, meilenweit entfernt vom mörderischen Chaos in seinem Heimatland. Er sah noch einmal auf die Uhr und drehte sich auf die andere Seite, um noch ein bisschen zu schlafen.
Der Spürhund saß nach wie vor in seinem Büro und erwog seine begrenzten Möglichkeiten. Er wusste viel, doch er konnte nicht alles wissen.
Er hatte einen Agenten im feindlichen Lager, der wahrscheinlich nur ein paar Schritte weit entfernt von dem Prediger in einem der
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