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Die Todesliste

Die Todesliste

Titel: Die Todesliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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clever ist«, sagte der Mann schließlich. Er konnte es nicht ausstehen, ausgetrickst zu werden.
    »Erklären Sie’s mir«, bat der Spürhund. »Laienhaft, wenn das möglich ist.«
    »Wahrscheinlich zeichnet er seine Predigten auf einem digitalen Camcorder oder einem Laptop auf. Daran ist noch nichts Unheimliches. Er verbreitet sie über eine Website namens Hedschra. So nennt man Mohammeds Flucht von Mekka nach Medina.«
    Der Spürhund verzog keine Miene. Den Islam brauchte ihm niemand zu erklären.
    »Können Sie Hedschra ausfindig machen?«
    »Unnötig. Das ist nur ein Vehikel. Er hat die Website von einer obskuren kleinen Firma in Delhi gekauft, die inzwischen geschlossen wurde. Wenn er eine neue Predigt hat, die er weltweit verbreiten will, setzt er sie auf Hedschra, aber die exakte geografische Position hält er geheim, indem er von Host zu Host um die ganze Welt wandert und sie über hundert Computer weiterleitet, deren Eigentümer sicher nicht mal ahnen, welche Rolle sie dabei spielen. Am Ende kann die Predigt von überallher kommen.«
    »Wie verhindert er, dass man die Strecke zurückverfolgt?«
    »Mit einem ›Proxy-Server‹, der ein falsches Internetprotokoll produziert. Die IP -Adresse entspricht einer Anschrift mit Postleitzahl. Im Proxy-Server hat er eine Malware oder ein Botnet implementiert, um seine Predigt damit kreuz und quer über die ganze Welt zu schicken.«
    »Übersetzen Sie das.«
    Der NSA -Mann seufzte. Er redete tagaus, tagein im Netzjargon mit Kollegen, die genau wussten, wovon er sprach.
    »Malware. Lateinisch malus – böse oder schlechte Software. Ein Virus. ›Bot‹ ist die Abkürzung von ›Roboter‹ – etwas, das tut, was man sagt, ohne Fragen zu stellen oder zu offenbaren, für wen es arbeitet.«
    Der Spürhund überlegte.
    »Das heißt, die mächtige NSA muss sich wirklich geschlagen geben?«
    Das Computerass der Regierung fühlte sich nicht geschmeichelt, musste aber nicken.
    »Natürlich bemühen wir uns weiter.«
    »Die Uhr tickt. Kann sein, dass ich es woanders versuchen muss.«
    »Von mir aus.«
    »Eine Frage. Und halten Sie Ihren verständlichen Ärger im Zaum. Angenommen, Sie wären der Prediger. Wen würden Sie um keinen Preis im Nacken haben wollen? Wer würde Ihnen wirklich verdammte Sorgen machen?«
    »Jemand, der besser ist als ich.«
    »Gibt es so jemanden?«
    Der NSA -Mann seufzte.
    »Wahrscheinlich. Irgendwo da draußen. Aus der neuen Generation, würde ich schätzen. Früher oder später werden die Veteranen in allen Bereichen des Lebens von irgendwelchen bartlosen Kids überholt.«
    »Kennen Sie irgendwelche bartlosen Kids? Oder ein spezielles bartloses Kid?«
    »Hören Sie, ich habe ihn nie gesehen. Aber kürzlich, auf einem Seminar während einer Messe, habe ich von einem Jungen hier in Virginia gehört. Er war nicht auf der Messe, sagte mein Informant, denn er wohnt noch bei seinen Eltern und geht da nie weg. Wirklich nie. Er ist eigenartig. In dieser Welt ist er ein Nervenbündel und spricht kaum ein Wort. Aber in seiner eigenen Welt bewegt er sich wie ein Fliegerass.«
    »Und was ist seine Welt?«
    »Der Cyberspace.«
    »Haben Sie einen Namen? Vielleicht sogar eine Adresse?«
    »Ich dachte mir, dass Sie danach fragen würden.« Er zog einen Zettel aus der Tasche und schob ihn hinüber. Dann stand er auf. »Machen Sie mir keinen Vorwurf, wenn er nichts taugt. Es war ein Gerücht. Branchenklatsch unter uns Irren.«
    Als er gegangen war, bezahlte der Spürhund für den Kaffee und die Muffins und ging dann. Auf dem Parkplatz warf er einen Blick auf den Zettel. Roger Kendrick. Eine Adresse in Centreville, Virginia, einer der zahllosen kleinen Satellitenstädte, die in den letzten zwei Jahrzehnten aus dem Boden geschossen waren und seit Nine/Eleven vor lauter Pendlern aus allen Nähten platzten.
    Jeder Spürhund, jeder Detective, was und wo er auch jagt und wer auch immer die Beute sein mag, braucht einen Glückstreffer. Nur einen. Kit Carson sollte Glück haben. Sogar zweimal.
    Einmal mit einem eigenartigen Teenager, der Angst hatte, das Dachzimmer seines Elternhauses in einer Seitenstraße von Centreville, Virginia, zu verlassen, und einmal mit einem alten afghanischen Bauern, dessen Rheuma ihn zwang, das Gewehr niederzulegen und aus den Bergen nach Hause zu kommen.

DREI
    Ungefähr die einzige unkonventionelle oder waghalsige Tat, die Lieutenant Colonel Muscharraf Ali Schah von der pakistanischen Armee je vollbracht hatte, war seine Heirat. Nicht wegen der

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