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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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spitzkriegte, dass Noora Nieminens Mutter ihn erschossen hatte, war mit weiteren saftigen Schlagzeilen zu rechnen.
    Die Nieminens saßen mit Taskinen und einer Ärztin in Teräsvuoris Schlafzimmer. Wie in den meisten neuen Eta-genwohnungen war es winzig, es bot gerade Platz für ein Doppelbett, einen Nachttisch und einen Sessel, auf dem Kleidungsstücke lagen. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als mich auf das Bett zu setzen. Die Tagesdecke hatte sicher eine Stange Geld gekostet, war jedoch unglaublich geschmacklos: schwarzes Leder mit weißem Pelzbesatz. Zu allem Überfluss hing über dem Bett ein Spiegel; als ich hoch-schaute, sah ich Kauko Nieminens schweißbedeckte Glatze.
    Kauko und Hanna hockten auf der Bettkante und hielten sich an den Händen. Irgendwer hatte offenbar versucht, Hanna die blauen Mascarastreifen vom Gesicht zu wischen, die Verheerung dabei jedoch nur verschlimmert. Aus dem Wohnzimmer hörte ich das Klicken eines Auslösers, der Poli-zeifotograf war wieder einmal im Einsatz.
    Kauko Nieminen zog mit der freien Hand ein Taschentuch hervor und wischte sich über die Glatze, die danach ebenfalls blau verschmiert war. Hanna wirkte schlaff, wahrscheinlich hatte die Ärztin ihr bereits ein Beruhigungsmittel verab-reicht. Kauko, der die Stille und das Warten wohl nicht länger ertragen konnte, sprang plötzlich auf.
    «Jetzt siehst du, wohin das alles geführt hat!», fuhr er Taskinen an. «Die Polizei konnte uns Teräsvuori nicht vom Hals halten, also hat Hanna sich entschlossen zu handeln … Und nun wollt ihr sie auch noch anklagen, ihr … Hätte die Polizei ihre Pflicht getan und Nooras Mörder verhaftet, wäre das nicht passiert!»
    Mich packte die kalte Wut, als ich an Ulrika Weissenbergs Bemerkung dachte, Kauko habe es abgelehnt, Hanna zum Therapeuten zu schicken.
    «Glauben Sie etwa, Sie wären schuldlos? Haben Sie denn nicht gesehen, dass Ihre Frau nach Nooras Tod Hilfe brauchte? Die haben Sie ihr verweigert! Wenn Sie Schuldige suchen, schauen Sie in den Spiegel, da oben hängt einer!»
    «Maria!», sagte Taskinen mahnend. «Hauptmeisterin Kallio ist verständlicherweise erschüttert, sie meint es nicht so.»
    Ich wollte gerade zu einer halbherzigen Entschuldigung ansetzen, als Hanna wieder zu schreien begann. Kriminalrat Nuotio, der gerade die Tür öffnete, hielt es für geraten, sich sofort wieder zurückzuziehen, Taskinen folgte ihm und ließ mich mit den Nieminens und der Ärztin allein.
    «Sie muss schnellstens heraus aus dieser Umgebung», sagte die Ärztin, eine zierliche Person mit blonden Zöpfen, zu Kauko. «Hat Ihre Frau in letzter Zeit überhaupt Schlaf gefunden?»
    «Wir haben beide nicht schlafen können! Vor neun Tagen ist unsere Tochter gestorben, seitdem habe ich nur ab und zu ein, zwei Stunden geschlafen, und Hanna noch weniger!»
    Da spürte ich zum ersten Mal Mitleid mit ihm. Zuerst wurde seine Tochter ermordet, nun hatte seine Frau getötet. Wür-de Kauko mit diesen Schicksalsschlägen fertig werden, ohne sich nach traditioneller Männerart mit Alkohol zuzudröhnen? Und was sollte aus Sami werden?
    Endlich wurde Hannas Abtransport in die Wege geleitet.
    Wie ich vermutet hatte, sollte sie nach Jorvi gebracht werden, in die geschlossene Abteilung. Gut so, denn ins Gefängnis gehörte sie nicht.
    Es sei denn, flüsterte eine leise Stimme in mir, es sei denn, sie hatte von vornherein geplant, Teräsvuori zu erschießen, um ihre Spuren zu verwischen. Wenn sie nämlich selbst die Mörderin ihrer Tochter war …
    Über diese absurde Idee musste ich beinahe lachen. Hanna Nieminen war nun wirklich keine kühl kalkulierende Kil-lerin, ich hatte am Tag zuvor ja selbst erlebt, wie echt ihre Angst war. Doch die Furcht machte sie manipulierbar. Vielleicht hatte Nooras Mörder ihr eingeredet, Teräsvuori sei der Schuldige?
    In diesem Fall kamen eigentlich nur zwei Personen in Frage: Kauko Nieminen und Ulrika Weissenberg, die nach Nooras Tod als rettender Engel bei den Nieminens aufgetaucht war.
    Ach was, auch diese Theorie war an den Haaren herbeige-zogen. Menschen, die so perfekt mit der Psyche anderer spielten, gab es nur im Film. Mit meinen wilden Spekulationen wollte ich nur mein Schuldgefühl verdrängen.
    Die Ärztin und Kauko führten Hanna zu dem Krankenwagen, der vor dem Haus wartete. «Das war’s dann», sagte Nuotio, der sich auf Teräsvuoris Bett niedergelassen hatte.
    «Glücklicherweise ein unkomplizierter Fall, nicht wahr, Kollege Taskinen? Die Täterin ist

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