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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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kommandierte sie.
    «Wozu das denn? Mir reicht eine Mütze für den Winter», protestierte ich, als sie mich zur Rolltreppe drängte.
    «Hier hast du einen eleganten Strohhut für den Sommer.»
    Sie setzte mir einen breitkrempigen Hut auf, mit dem ich aussah wie ein Pilz. Wir gickerten vor dem Spiegel wie zwei Schulmädchen und kauften am Ende weder diesen noch einen anderen Hut.
    Ich fühlte mich so wohl, dass ich spontan beschloss, am Abend zu Pihkos Abschiedsparty zu gehen. Ich mochte Pihko, seine Sachlichkeit und sein gelegentlich aufblitzender trockener Humor würden mir fehlen. Lange brauchte ich ja nicht zu bleiben, höchstens auf zwei Glas alkoholfreies Bier.
    Aber was sollte ich anziehen? Wir marschierten in die Klei-derabteilung, wo ich ein knöchellanges, zeltartiges Gewand entdeckte. Im Allgemeinen werfe ich das Geld nicht zum Fenster hinaus, aber diesmal kam meine Kreditkarte voll zum Einsatz. Vielleicht konnte ich das Kleid nach der Entbindung auf dem Flohmarkt verkaufen.
    Dann setzten wir uns in einem nahe gelegenen Café an einen Ecktisch, aßen Schokoladentorte zu Mittag und versuch-ten gut aussehende Männer zu erspähen. Das Ergebnis war dürftig, daher kam das Gespräch wie von selbst auf berufliche Dinge. Leena war die einzige Juristin, die ich kannte, die eine unerklärliche Angst vor Polizisten hatte, wenn sie am Steuer saß, aber als Anwältin wie eine Löwin mit denselben Polizisten kämpfte. Obwohl unsere Auffassungen über Kriminalitätsbekämpfung und angemessene Strafen häufig auseinander gingen, tat es gut, mit einer Frau zu sprechen, die sich auskannte, die Dinge aber aus einer anderen Perspektive sah.
    «Diese ständigen Gewaltsituationen, das könnte ich nicht ertragen», seufzte sie, als ich ihr von Nooras und Teräsvuoris Tod und auch noch von der Kindsmörderin Jaana Markkanen erzählte. «Die Protokolle der Voruntersuchungen und die Zeugenaussagen sind schlimm genug für mich.»
    «Ich freu mich auch schon auf den langen Urlaub. Da kann ich mir endlich überlegen, was ich später mal werden will», grinste ich und lenkte das Gespräch auf die Schwanger-schaftsgymnastik. Es war eine Wohltat, über harmlose, er-freuliche Dinge zu plaudern, über Makeup, Kochrezepte und neue Weinsorten.
    Am späten Nachmittag zu Hause in die Sauna zu gehen, war herrlich entspannend. Ich war daran gewöhnt, zehn Tage und mehr an einem Stück zu arbeiten, bei der Kripo ging es eben oft nicht anders, aber während der Unterhaltung mit Leena hatte ich gemerkt, wie müde ich war. Nun lehnte ich mich an die Wand, legte die Füße hoch und versank in eine Art Halbschlaf.
    Da passierte etwas Merkwürdiges. Meine Brüste, die seit Beginn der Schwangerschaft kälteempfindlich waren, begannen trotz der Wärme zu schmerzen, ich spürte einen selt-samen Druck und hatte plötzlich das Gefühl, dass nicht nur Schweiß über meine Haut rann.
    «Guck mal, Antti! Milch!», lachte ich verblüfft.
    Eigentlich war es keine Milch, sondern eine Art farblose Molke, die aus den geheimnisvollen, mit bloßem Auge nicht zu erkennenden Öffnungen in den Brustwarzen tröpfelte.
    Erst im kühlen Umkleideraum hörte der Milchfluss auf.
    «Komische Sache. Das heißt, den Büchern nach ist das ganz normal», sagte Antti, der alle verfügbaren Ratgeber über Schwangerschaft, Geburt und Säuglingspflege gelesen hatte. «Woran hast du denn gerade gedacht, ans Stillen?»
    «An nichts, an rein gar nichts. Mir war nicht klar, dass die Milch jetzt schon kommen kann. Ein irres Gefühl.»
    «Das lag sicher an der Wärme», meinte Antti, streichelte meine auf die anderthalbfache Größe angewachsenen Brüste und ließ seine Hand über den dunkelvioletten Streifen wan-dern, den die Schwangerschaft auf meinen Bauch gezeichnet hatte. Das Holz im Saunaofen war längst verkohlt, als wir zu-rückkamen, um uns zu waschen.
    Danach zog ich mein neues Kleid an, schminkte mich greller als gewöhnlich und band einen Teil meiner Haare hoch auf dem Kopf zu einem wuscheligen Halbknoten.
    «Du siehst aus wie eine Burgherrin», lautete Anttis Kommentar. Ich beschloss, die Bemerkung als Kompliment auf-zufassen.
    Pihkos Abschiedsfeier fand in der Nähe des Polizeipräsidiums statt, in einem Saal des Hotels «Espoo». Die Männer unseres Dezernats – mit anderen Worten das gesamte Dezernat außer mir – hatten die Party um sechs Uhr mit einem gemeinsamen Saunabesuch eingeleitet, und einige waren bereits ordentlich in Fahrt. Lähde und Puupponen schmiedeten

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