Die Todesspirale
Pläne für den späteren Abend, sie wollten nach Helsinki ins
«Fanny Hill», ein Erotiklokal, in dem ich einmal mit Puupponen eine Stripperin vernommen hatte. Angeblich war Puupponen seither Stammgast des Etablissements.
Bei meinem Eintritt erhob sich ein stürmisches Pfeifkon-zert, das ich mit Luftküssen quittierte. Ich ging selten mit Kollegen aus, in letzter Zeit erst recht nicht, da ich den Ziga-rettenqualm nicht mehr vertrug. Taskinen kam auf mich zu, mit glänzenden Augen, einen Cognacschwenker in der Hand. Ich sah ihn zum ersten Mal beschwipst.
«Schön, dass du da bist. Dann können wir Pihko jetzt unser Geschenk überreichen.» Taskinen hielt es für selbstverständlich, dass ich bei derartigen Zeremonien an seiner Seite stand. Auch bei der Beerdigung unseres Kollegen hatte ich mit ihm den Kranz niederlegen müssen. Nicht weil ich eine Frau war, sondern weil Taskinen mich als seine Vertrauensperson betrachtete.
Er holte einen Pilotenkoffer aus der Garderobe, den wir in einen Überlebenskoffer für Jurastudenten umfunktioniert hatten. Der Inhalt war vielseitig: das Finnische Gesetzbuch, Handschellen aus dem SexShop und eine Taschenlampe von der Art, wie sie amerikanische Polizisten benutzen. Eine Flasche Schnaps, Aspirin und Tabletten gegen Übelkeit. Kon-dome, elegante schwarze Socken und Unterhosen mit DonaldDuckMuster. Der neue Gedichtband von Tommy Tabermann, damit auch ein dröger Jurastudent Frauen den Kopf verdrehen konnte. Über dieses Hilfsmittel hatte es einen heftigen Streit gegeben. Ich hatte nämlich behauptet, die meisten Frauen würden eher auf Gedichte von Pentti Saari-koski abfahren, aber Pertsa hatte auf Tabermann bestanden und sich schließlich durchgesetzt, allerdings unter der Be-dingung, dass er persönlich das Buch kaufte. Koivu, der ihn als Zeuge begleitet hatte, berichtete am nächsten Tag, Pertsa sei rot geworden, als er in der Buchhandlung nach dem Werk fragte, und habe nachdrücklich darum gebeten, es als Geschenk zu verpacken.
Nach der Überreichung des Geschenks taten alle ihr Bestes, um sich mindestens zwei Promille anzutrinken. Der Lärm war umwerfend. Ich verzog mich an einen Nebentisch zu Koivu. Er schien weniger blau als die anderen und erzähl-te, er sei nicht mit in die Sauna gegangen, weil er das Protokoll von Tomi Liikanens Vernehmung noch hatte abtippen müssen.
«Der Kerl ist total zusammengebrochen, als er gehört hat, dass Teräsvuori tot ist. Pihko und ich hatten vorher ausge-macht, ihm nicht zu sagen, wer es getan hat, nur dass Teräsvuori erschossen wurde.»
«Wen hatte er denn im Verdacht? Was habt ihr aus ihm rausgeholt?» Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, nicht über die Arbeit und schon gar nicht über den gestrigen Tag zu sprechen, doch die Neugier gewann die Oberhand. Und Koivu berichtete bereitwillig und zufrieden.
Liikanen hatte fast auf der Stelle zugegeben, dass Teräsvuori schon seit langem sein Partner war. Der Karaokekönig hatte über seinen Bruder einige Dealer kennen gelernt und auf seinen Tourneen durch Finnland kleinere Mengen Can-nabisprodukte und in den letzten Jahren auch Heroin verkauft. Liikanen wiederum hatte bereits vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion billige Hormontabletten aus dem Osten nach Finnland eingeschmuggelt, während er offiziell als Berater für Fitnesscenter unterwegs war. Anton Grigoriev war einer seiner besten Mittelsmänner gewesen.
«Hatte Liikanen zu Grigorievs Tod etwas zu sagen?»
«Allerdings. Er war zu dem Zeitpunkt gerade in Moskau.
Seine Geschichte ist so verworren, dass ich sie ihm gerade deshalb abkaufe.»
An dem fraglichen Abend hatten Grigoriev und Liikanen einen erfolgreichen Geschäftsabschluss mit Unmengen Wodka begossen. Der schwer betrunkene Anton wollte unbedingt mit seinem Lada nach Hause fahren und hatte bereits den Motor angelassen, als sich plötzlich Liikanens Gewissen meldete. Er zerrte Grigoriev aus dem Wagen, worauf es zu einem Handgemenge kam, bei dem beide Männer zu Boden gingen. Offenbar hatte Grigoriev in den Leerlauf geschaltet und auch die Handbremse bereits gelöst, denn plötzlich setzte sich der Lada in Bewegung und rollte direkt auf die beiden zu. Liikanen warf sich in letzter Sekunde zur Seite, Grigoriev nicht. Er war sofort tot.
Der betrunkene Tomi wusste nicht, was er tun sollte. Der Lada war, nachdem er Grigoriev überrollt hatte, in einer kleinen Senke auf dem Parkplatz zum Stillstand gekommen.
Liikanen hatte die Handbremse angezogen, den Wagen abgeschlossen
Weitere Kostenlose Bücher