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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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morgens zurechtzumachen? Ich warf einen Blick auf ihre langen, makellos lackierten Fingernägel. Sie waren alle gleichmäßig lang.
    Als Erstes nahm Pihko die Fingerabdrücke. Ulrika Weissenberg stimmte der Prozedur überraschend friedfertig zu, bestand allerdings darauf, sich anschließend auf der Damen-toilette die Hände zu waschen. Ich führte sie hin und wartete auf dem Gang, es dauerte erstaunlich lange. Als sie endlich herauskam, war das Purpurrot auf ihren Wangen noch dunkler und zog sich bis zu den fleischigen Ohrläppchen. Eine Spur mehr Rouge, und man hätte geglaubt, sie sei verprügelt worden.
    «Wie ich höre, haben Sie die Organisation der Beerdigung übernommen», plauderte ich auf dem Rückweg zu meinem Büro.
    «Ja. Die arme Hanna ist dazu nicht in der Lage, und Kauko hat mit seiner Firma genug zu tun. Wann wird die Leiche freigegeben?»
    Das Wort Leiche kam ihr wesentlich leichter über die Lippen als mir. Bestimmt würde sie eine prunkvolle Feier organisieren, hoffentlich ohne Schlittschuhspalier am Sarg. Ich erklärte, Noora könne heute noch abgeholt werden.
    «Man hat mir von Ihrem Eingreifen gegen die Reporter in der Eishalle berichtet», sagte die Weissenberg beinahe freundlich, als ich ihr die Tür aufhielt. Da Pihko noch mit den Fingerabdrücken unterwegs war, versuchte ich, weiterhin unverbindlich zu plaudern.
    «Erstaunlicherweise hatten die Medien die Mannschaft bis dahin ja weitgehend in Ruhe gelassen. Nooras Tod ist für Janne und natürlich auch für Silja sicher traumatisch genug, auch ohne Presserummel. Andererseits ist die Polizei auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen. Haben Sie Anfragen von der Presse erhalten?»
    «In Hülle und Fülle. Einen Nachruf auf Noora werden wir doch schreiben dürfen, oder hat die Polizei Einwände?»
    «Keineswegs. Ist Ihnen zum vergangenen Mittwoch noch etwas eingefallen?» Pihko war wieder da, die eigentliche Vernehmung konnte beginnen.
    «Darum geht es also? Wollen Sie alles noch einmal durch-kauen?»
    «Ihrer Aussage nach haben Sie sich mit Noora Nieminen gestritten. Wo genau war das?»
    «Im Gang vor dem Umkleideraum.»
    «War noch jemand dabei?»
    «Nein … Nein, niemand. Silja war mit Noora aus dem Umkleideraum gekommen, blieb aber nicht stehen. Allerdings war unser Gespräch weithin zu hören.»
    «Wie trug Noora ihre Haare zum Zeitpunkt des Gesprächs? Knoten, Pferdeschwanz, offen?»
    In ihren Augen las ich Verblüffung und Misstrauen. Ganz offensichtlich überlegte sie, worauf ich hinauswollte. Als Noora gefunden wurde, waren ihre schulterlangen Locken offen gewesen, aber beim Training hatte sie sie sicher zusam-mengebunden. Wie leicht brach eigentlich ein zigfach lackierter Nagel? Ich ließ mir nie die Nägel wachsen, weil sie immer absplitterten.
    «Warten Sie … ich glaube, sie hatte Rattenschwänze, die sind bei jungen Mädchen ja heute in Mode.»
    Der Fingernagel hatte sich etwa sieben Zentimeter von den Haarspitzen auf der linken Seite verfangen. Wenn Noora Rattenschwänze getragen hatte, war er möglicherweise bereits in der Eishalle abgebrochen. Ich blickte auf Ulrika Weissenbergs rechte Hand, der Nagel am Zeigefinger schien mir etwas schmaler als die anderen. War es ein künstlicher? Wieder holte ich das Nagelstück aus der Schublade, zeigte es ihr jedoch noch nicht. Die Farbe schien identisch zu sein.
    «Wie gesagt, die Untersuchung von Nooras Leiche ist abgeschlossen. In ihren Haaren wurde ein abgebrochener Fingernagel gefunden. Kommt Ihnen die Farbe des Nagellacks bekannt vor?»
    Ich hielt den kleinen Plastikbeutel hoch. Frau Weissenberg sah ihn an, dann schoss ihre Hand vor wie die Kralle eines Raubvogels. Pihko sprang auf, als rechne er damit, dass sie sich auf mich stürzte.
    «Wie kommt Ihr Fingernagel in Nooras Haare?»
    Ihr Gesicht war wutverzerrt, doch in den dunkelbraunen Augen glaubte ich auch Furcht zu entdecken.
    «Ich habe Noora nicht getötet!», fauchte sie. «Sie hat so unverschämt geredet, dass ich ihr eine Ohrfeige gegeben habe. Dabei ist der Nagel abgebrochen, ein widerliches Ge-fühl.»
    «War das in der Eishalle – oder später?»
    «In der Halle natürlich! Ich habe Ihnen doch schon zigmal gesagt, dass ich sie danach nicht mehr gesehen habe.»
    «Womit hat Noora Sie derart provoziert?»
    «Das geht Sie nichts an! Mit ihrem Tod hat es nichts zu tun.»
    «Darüber entscheide ich», sagte ich verdrossen. Ich war die Drohgebärden leid, aber offenbar ließ sich Ulrika Weissenberg nur so zum Reden

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