Die Todesspirale
Kontrolle hatte.
«Kauko hielt das nicht für notwendig», zischelte sie mir ins Ohr.
«Aber sie nimmt ein Beruhigungsmittel?»
«Wahrscheinlich die Tabletten, die ihr damals nach dem Prozess gegen Teräsvuori verschrieben worden sind.»
Ich schob mich so nahe an Hanna heran, wie ich konnte, fasste sie an den Armen und versuchte, ihren flackernden Blick zu fangen.
«Ganz ruhig, Hanna, es ist alles in Ordnung», murmelte ich, sprach mit ihr wie mit einem Kind, das schlecht geträumt hat. Beschwörend redete ich auf sie ein, bis das Heulen verstummte und sie sich dazu bewegen ließ, eine Tablette zu nehmen.
«Wenn Ihnen die Nieminens so am Herzen liegen, dann sorgen Sie dafür, dass Hanna ärztliche Hilfe bekommt. Ohr-feigen nützen nichts, und die Tabletten sind fast alle», sagte ich zu Ulrika.
«Kümmern Sie sich lieber darum, Nooras Mörder zu fassen. Das wäre die beste Therapie für Hanna», gab sie unfreundlich zurück und stieß mich fast aus dem Haus. Am liebsten hätte ich ihrem protzigen BMW einen Tritt versetzt, begnügte mich jedoch damit, der verschlossenen Haustür die Zunge rauszustrecken.
Hannas Beklemmung hatte mich angesteckt wie ein Schnupfen. Wie viele neue Sorgen würde Schnüppchen in mein Leben bringen! Natürlich geht jeder davon aus, dass seine Kinder ihn überleben, so sind wir Menschen nun einmal programmiert. Es war dumm von mir gewesen, Hanna nach Vesku zu fragen, damit steigerte ich nur ihre Angst vor ihm. Aber mittlerweile schien er doch wieder als Täter in Frage zu kommen. Hoffentlich erbrachte die Beschattung hand-feste Beweise.
Ich drehte das Radio an, um mich abzulenken, und hatte Glück: Die Toten Hosen spielten «Bonnie und Clyde». Sofort hob sich meine Stimmung. Die Behauptung, Punkmusik verderbe den Charakter, traf offenbar zu, denn ich verspürte plötzlich Lust, in einer verräucherten Kneipe Whisky zu trinken. Kein Wunder, dass man werdenden Müttern Mozart oder Vivaldi empfahl.
Von der Autobahnbrücke aus sah ich auf der vierspurigen Straße unter mir einen Pkw, bevor er saufen ging, vorbeira-sen, verfolgt von einem Streifenwagen mit heulenden Sire-nen. Im selben Moment knatterte das Funkgerät.
«Autobahn Helsinki Turku, überhöhte Geschwindigkeit, ein roter Nissan Micra mit dem Kennzeichen AZG 577», meldete die Besatzung des Streifenwagens. Das Kennzeichen kam mir bekannt vor, doch es dauerte ein paar Sekunden, bevor der Groschen fiel. Janne Kivis Auto!
Es war unsinnig, den Kollegen nachzusetzen. Dennoch machte ich eine waghalsige Kehrtwendung und fuhr auf die Autobahn. Sicher waren Janne und seine Verfolger bereits ki-lometerweit entfernt. Es gelang mir jedoch, die beiden Uniformierten, Haikala und Akkila, über Funk zu erreichen.
«Der Fahrer ist total verrückt!», schrie Akkila mit über-schnappender Stimme. «Hundertvierzig auf dem Tacho, und wir kriegen ihn nicht zum Stoppen. Bestimmt hat er das Fahrzeug geklaut, oder er ist blau. Jetzt ist die Spur frei, wir setzen uns neben ihn. Haikala, gib mir mal das Mega-phon!»
Die Verbindung brach ab, ich überholte einen dahinschlei-chenden Lada und einen Lieferwagen, versuchte, trotz meiner Befürchtungen das Gaspedal nicht voll durchzutreten.
Wollte Janne sich umbringen? Vielleicht legte er es darauf an, die Kontrolle über seinen Wagen zu verlieren und gegen einen schweren Laster oder eine Felswand zu prallen. Den beiden Streifenbeamten traute ich nicht zu, dass sie mit der Situation klarkamen. Wahrscheinlich bildeten sie sich gerade ein, sie wären in Los Angeles und verfolgten einen gefähr-lichen Drogengangster. Beide waren noch jung und allzu bereit, hart durchzugreifen. Akkila ging nie ohne Waffe, während Haikala Experte im Kickboxen war und bei Verhaftungen gern seine Künste demonstrierte. Ich hielt es für falsch, sie gemeinsam auf Streife zu schicken, beide hätten einen älteren, besonnenen Partner gebraucht.
Inzwischen fuhr ich selbst bereits hundertfünfunddreißig, brachte es aber nicht fertig, zu bremsen und auf die rechte Spur einzuscheren. Ich hatte keine Ruhe, bevor ich wusste, was mit Janne los war.
Als ich gerade den Hügel vor der Kreuzung Espoo Zentrum erreicht hatte, meldete Akkila, sie hätten den Raser gestoppt. Tatsächlich sah ich nun am Fuß des Hügels auf der Standspur das Polizeifahrzeug und davor, fast verdeckt, den kleineren Nissan. Ich fädelte mich auf die rechte Spur ein und bremste zum Verdruss der Nachkommenden kräftig ab.
Beim Ausrollen sah ich, wie Haikala
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