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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Apartment auch schalldicht? Ich möchte ungern deine Nachbarn verärgern.«
    Sie versicherte ihm, es wäre in Ordnung. Als sie die Straße überquerten, legte er ihr eine Hand auf den Rücken und zog sie auch nicht weg, als sie die andere Straßenseite erreichten.

28
    »Kann ich Ihnen noch etwas bringen, Leo?«
    »Alles bestens, Ray, vielen Dank.«
    Leo las die New York Post , die ihm der Portier geliehen hatte, zu Ende, lehnte sich im Sessel zurück, legte sich den Aktenkoffer auf den Schoß und schloss die Augen. Er wartete jetzt schon seit zwei Stunden im Foyer auf Maggie. Inzwischen hatte er sich mit Ray angefreundet. Rückblickend hätte es mehr Sinn gemacht, erst zu seinem Hotel zu fahren und Maggie von seinem Zimmer aus anzurufen, aber nun war er einmal da. Sie war sicher nicht weit. Ray sagte, dass sie mit einem jungen Mann fortgegangen wäre. Sie hatte nicht erwähnt, dass es jemanden gab. Aber sie erzählte ihrer Familie ohnehin sehr wenig über New York.
    Der plötzliche Klang einer Polizeisirene schreckte Leo auf. Er fragte sich, was seine Töchter wohl sagen würden, wenn sie herausfanden, wo er war. Tja, das würde er bald erfahren. Falls sein Plan nämlich funktionierte – falls Maggie sich bereit erklärte zu tun, worum er sie bitten wollte -, würde er Ende der Woche mit ihnen allen in Donegal an einem Tisch sitzen und die Bombe platzen lassen.
    Wie sollte er es ihnen beibringen? Es heraustrompeten, sobald sie alle im Zimmer waren? Oder lieber ein oder zwei Tage warten, bis die üblichen ersten Spannungen abgeklungen waren, warten, bis die saubere, sanfte Luft von Donegal ihre beruhigende Wirkung zeigte? Das war vermutlich die beste Vorgehensweise. Sie hatten immerhin zwanzig Jahre auf diese Neuigkeit warten müssen. Was bedeuteten da schon einige Tage?
    Er hatte verschiedene Varianten geprobt, bis er sich entschieden hatte, es geradeheraus zu sagen: »Mädchen, ich muss euch etwas erzählen.« Pause. »Ich habe Sadie gefunden.«
    Er malte sich aus, wie sie reagieren würden. Verblüfft, erstaunt, ungläubig. Wo? Wie? Was? Wann? Die gleichen Fragen, die er dem Privatdetektiv gestellt hatte.
    »Sind Sie sicher, dass sie es ist? Ist sie in guter Verfassung?«
    »In allerbester«, hatte der Mann gesagt.
    Das war bei Leos drittem Gespräch mit dem Privatdetektiv gewesen. Als er ihn zum ersten Mal angerufen und die Situation erklärt hatte, war er sich idiotisch vorgekommen. Leo hatte es bei simplen Tatsachen belassen. Dem Privatdetektiv nicht die ganze Wahrheit erzählt. Er hatte gesagt, dass sich seine vierte Tochter vor zwanzig Jahren entschieden hätte, die Familie zu verlassen. Alle hätten immer angenommen, warum auch immer, dass sie in Australien geblieben wäre. Sie hatte nie besonders viel Antrieb gehabt, wissen Sie. Sie war eher der häusliche Typ.
    »Sind Sie sicher, dass sie noch am Leben ist?«
    Leo hatte ihm von den jährlichen Geburtstagskarten erzählt. Die letzte war erst vor wenigen Monaten eingetroffen.
    »Und erzählen Sie mir doch noch einmal genau, wie Sie auf das vermeintliche Foto gestoßen sind.«
    Es war auf Umwegen geschehen. Er war nämlich Erfinder, nun ja, Erfinder im Ruhestand.
    Das hatte wahres Interesse geweckt. »Wirklich? Was erfinden Sie denn?«
    Leo hatte mit dem Gedanken gespielt, ihm ausführlich von seinen beiden jüngsten Erfindungen zu erzählen. Dem Benzinfilter für Rasenmäher, der ihm Hunderttausende eingebracht hatte, was Peanuts waren gemessen an dem, was dessen Nachfolger an den Zapfsäulen erzielte. Die Tantiemen, die ihm die Ölmultis für die Rechte gezahlt hatten, hatten ihm ein beachtliches Vermögen beschert. Seine Töchter, und Maggie, würden nach seinem Tod darüber verfügen. Das würde sie ziemlich verblüffen, denn sie glaubten, dass er noch immer von den Einkünften aus der Rasenmähersache lebte. Er war darüber sehr froh. Ihm gefiel die Vorstellung, dass sein wahrer Reichtum sie vollkommen überraschen würde.
    So wie die Entdeckung des Fotos ihn überrascht hatte. Mehr als das: schockiert hatte. Es war fünf Wochen her. Leo hatte in Heathrow, mittlerweile fast schon so etwas wie sein zweites Zuhause, auf seinen Flug nach Rom gewartet. Er wollte das Museum mit den Zeichnungen Leonardo da Vincis besichtigen, nicht nur sein Namensvetter, sondern zudem – in Leos Augen – der originellste und beste Erfinder der Welt. Währenddessen hatte Leo gesehen, wie eine uniformierte Frau mit einem industriellen Reinigungsgerät über den Boden fuhr.

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