Die Toechter der Familie Faraday
sich zu entschuldigen, ihr zu versprechen, dass er immer für sie da sein würde.
»Es ist in Ordnung, David. Wirklich.« Sie unterbrach seinen Redeschwall mit einer Berührung am Arm. »Es macht mir nichts aus.«
»Ich werde dich immer lieben.«
»Vielleicht auch nicht. Vielleicht triffst du ja eine andere.«
»Wirst du zurechtkommen?«
»Das weiß ich noch nicht.« Clementine hatte noch niemals lügen können, damit sich ihre Mitmenschen besser fühlten.
»Ich komme nach Hobart, so oft ich kann.«
»Das brauchst du nicht.«
»Es ist doch auch mein Kind.«
»Ja, sicher.«
»Ich möchte doch so viel wie möglich mitbekommen.«
»Das weiß ich ja.«
Nachdem er seine Neuigkeit überbracht hatte, strömte ihm die Erleichterung regelrecht aus den Poren. Clementine hätte so viel dazu sagen können. Sie hätte mit den Tatsachen anfangen können. Wie wollte er etwas mitbekommen, wenn er in einem anderen Staat lebte? Windeln wechseln, mitten in der Nacht aufstehen und das Baby füttern und waschen – all das war ausgeschlossen. Sie sah schon jetzt vor ihrem geistigen Auge, wie er in den folgenden Jahren zu Besuch kommen und sein Kind ungelenk auf dem Arm halten würde. Geburtstagskarten und hastig gekaufte Geschenke senden würde, die Tage oder Wochen zu spät kamen. All das machte ihr nicht wirklich viel aus.
Sie hatte gründlich nachgedacht, als sie bemerkt hatte, dass ihre Periode überfällig war. Sie hatte die Neuigkeit absichtlich so lange für sich behalten. Als es die anderen erfahren hatten, war sie sich ihrer Sache schon sicher gewesen. Mehr als das. Sie war voller Zuversicht und Vorfreude. Als ob alles so kommen sollte. Und nachdem sie sich einmal entschieden und sich mit einem Baby gesehen hatte, in ihrem Zuhause, mit ihrem Vater und ihren Schwestern, war ihr bewusst geworden, dass David in ihren Bildern nicht auftauchte. Sie hatte sich niemals ausgemalt, wie sie beide mit einem Kinderwagen am Meer spazieren gingen. Sich ein Nest bauten. Gemeinsam einkauften. Unter dem Weihnachtsbaum saßen und zuschauten, wie ihr Kind die Geschenke auspackte. Das war ihr immer mehr bewusst geworden. Sie sah in ihrem Leben keinen Platz für ihn.
Er nahm sie ungeschickt in den Arm, er fühlte sich sichtlich unwohl angesichts ihres gerundeten Körpers und der Blicke von gegenüber.
»Ich werde dich immer lieben«, sagte er wieder. »Und falls du jemals irgendetwas brauchst …«
Sie umarmte ihn auch. »Danke, David, für alles.« Sie erwiderte nicht, dass auch sie ihn immer lieben würde. War ihm das aufgefallen? Er sagte dazu nichts.
Clementine kam kurz vor neun nach Hause. Juliet schaute von ihrem Buch auf, als die Tür geschlossen wurde. Sie war allein im Wohnzimmer, Sadie machte in der Küche mit viel Getöse den Abwasch.
»Du hast es dir ja gemütlich gemacht«, sagte Clementine mit Blick auf das Feuer, das Buch und die dicken Socken an Juliets Füßen.
»Du meinst, ein wenig zu gemütlich für mein Alter, oder? Wie war dein Date?«
»Die Filmhandlung war zwar ein bisschen abwegig, aber gut. Das Schokoladeneis war köstlich. Und wir haben uns getrennt.«
Juliet legte das Buch beiseite. »Ihr habt was ?«
Clementine erzählte es ihr. »Ich wusste ja, dass er sich für den Studiengang interessierte. Und er muss tun, was für ihn richtig ist, so wie ich …« Mit einem Mal änderte sich ihr ernster Ausdruck, und ein breites Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Sie legte eine Hand auf den Bauch. »Sie hat sich bewegt.«
»Er strampelt schon?« Sie spekulierten gerne im Scherz über das Geschlecht. »Darf ich fühlen?«
Juliet legte eine Hand auf Clementines Bauch, und Clementine legte ihre Hand auf Juliets. Sie spürten beide eine kleine Bewegung, einen ganz schwachen Tritt, eine Pause, dann eine stärkere Bewegung. Beide lächelten.
»Mein Baby kommuniziert mit mir«, sagte Clementine. »Es sagt mir, dass ich mir keine Gedanken machen soll.« Sie setzte sich Juliet gegenüber in den Sessel und legte die Füße auf den niedrigen Tisch.
Wo bleiben die Tränen?, fragte sich Juliet. »Bist du denn überhaupt kein bisschen enttäuscht? Wenn dir der Vater deines Kindes sagt, dass er sich aus dem Staub macht? Deine erste große Liebe zu Ende geht?«
Clementine dachte einen Augenblick lang nach. »Ich kann es nicht wirklich erklären, aber mir kommt es so vor, als müsste es alles so sein. Als wäre es irgendwie schwieriger, wenn er hier wäre. Irgendwie ist es so eine saubere Sache.« Pause. »Macht es dir
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