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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Neugier an erster Stelle. Du willst wissen, worüber wir sprechen? Das geht dich gar nichts an. Und bevor du mich gleich wieder anmachst, Juliet, spar dir die Energie. Du benötigst sie für deine Mutter-Masche. Ach, und beim Essen braucht ihr mich nicht einzuplanen. Ich habe mich spontan entschieden auszugehen.«
    »Wohin denn?«
    »Weg. Das Geld wird gerade ein wenig knapp, Sadie, also sollte ein Stündchen im Hotel da wohl Abhilfe schaffen, meinst du nicht?« Sie stolzierte aus dem Zimmer.
    Drei Minuten später wurde die Haustür zugeschlagen.
    »Das stimmt alles«, sagte Sadie. »Ich hab mir das nicht ausgedacht.«
    Juliet gab keine Antwort. Sie wollte gar nicht wissen, ob es der Wahrheit entsprach oder nicht.

    Clementine und David saßen drei Straßen entfernt in einem kleinen Café in der Nähe des Kinos. Sie hatten sich nach der Schule verabredet, sich einen Film angesehen und wollten nun zusammen eine Kleinigkeit essen und einen Kakao trinken. Clementine hatte vom ersten Augenblick an gespürt, dass David etwas auf dem Herzen hatte. So war sie nicht sonderlich überrascht, als er es endlich wagte, seine Neuigkeiten kundzutun.
    Seine Worte überschlugen sich fast. Sie hörte nur mit halbem Ohr zu. Manchmal kam es ihr vor, als wäre sie zehn Jahre, nicht Tage, älter als er. Natürlich waren Mädchen reifer als Jungen, aber manchmal war sie doch überrascht, wie durchschaubar Jungen waren. Und, wurde ihr in diesem Moment bewusst, wie langweilig.
    »Ich hab gestern den Brief von der Uni in Melbourne bekommen, und ich hab lange überlegt, wie ich dir am besten sage, also ich meine, dich frage …«
    Sie hatte geglaubt, in ihn verliebt zu sein. Sie hatte sich ganz bewusst dafür entschieden, mit ihm zu schlafen. Sie wollte Sex in einer angenehmen Situation erkunden, und nicht auf dem Rücksitz eines Autos, so wie manche ihrer Freundinnen. Es war schön gewesen. Romantisch. David hatte in seinem Zimmer Kerzen angezündet und eine Flasche Champagner aus dem Weinkeller seiner Eltern »geborgt«. Er hatte sie zusammen mit einer roten Rose in einer gläsernen Vase serviert. Sie hatten viel gelacht, vor allem, weil es ihnen beiden nicht gelungen war, den Korken aus der Flasche zu bekommen. Er hatte sie zuerst geküsst, oder sie ihn? Dann hatten sie sich ausgezogen, Stück für Stück, bis sie unter den Laken ganz nackt waren. Noch mehr Gelächter, ineinanderverschlungen hatten sie dagelegen, mit Blick auf seine Footballposter. Anfangs war es ein wenig peinlich gewesen, aber das Gefühl, ihm so nahe zu sein, war schön. Sie war wütend auf sich selbst, weil sie sich bei der Berechnung ihrer sicheren Tage vertan hatte. Sie hatte ja vorgehabt, die Pille zu nehmen, aber beim ersten Mal würde es wohl kaum nötig sein. Wie groß wäre die Wahrscheinlichkeit, ausgerechnet dabei schwanger zu werden? Sehr groß, hatte der Arzt ihr später gesagt.
    »… Ich habe mich schon vor Monaten um den Studienplatz in Mathematik beworben. Es ist die beste Uni in ganz Australien, aber ich könnte das natürlich alles verschieben. Du weißt, dass ich so viel wie möglich da sein will. Wenn du also willst, dass ich absage …«
    Es war nicht ihre Entscheidung. Wenn er überhaupt erwog wegzugehen, hatte er sich doch schon entschieden. »Es liegt bei dir.«
    »Wie kannst du so ruhig bleiben?«
    So war sie eben. Ihr Vater hatte das oft kommentiert. »Clementine, in deiner Gegenwart fühlt man sich, als wäre man allein, und ich meine das im allerbesten Sinne. Du hast von allen Exemplaren der menschlichen Spezies, die mir jemals begegnet sind, die beruhigendste Wirkung. Da kann ich mit meinen halbherzigen Versuchen, das Rad neu zu erfinden und die Welt zu beherrschen, einpacken. Wenn ich dich destillieren könnte, würde ich ein Vermögen machen.« Ihre Zeugnisse hatten denselben Tenor: »Clementines beständiger Fleiß und ihre Besonnenheit können nicht hoch genug gelobt werden. Sie ist ein reifes, ausgeglichenes Mitglied unserer Schulgemeinschaft.« Sie hatte sich oft gefragt, ob es daran lag, dass sie die Letzte in der Reihe war. Ruhe war wohl der einzige Charakterzug, der da noch übrig war. Auf einen Nenner gebracht war Juliet fleißig, Miranda dramatisch, Eliza entschlossen, Sadie ängstlich. Clementine ruhig. Sie alle waren frühzeitig erwachsen geworden. Der Verlust der Mutter würde jedes Mädchen reifen lassen, hatte es geheißen. Älter als an Jahren, nannte ihr Vater es.
    David war noch immer krampfhaft bemüht, sich zu erklären,

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