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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Ivy, danke der Nachfrage.« Sadie schnitt noch einige Rosen ab, dann erbarmte sie sich ihrer älteren Nachbarin, die vor Neugier platzte. »Meinen Sie, ich hätte ihn in den Keller gesperrt?«
    »Oh, natürlich nicht. Es ist nur, sein Lieferwagen hat schon so lange nicht mehr vor der Tür gestanden. Er ist ja so was wie unser Leuchtturm. Mein Michael sagt immer, ohne den O’Toole-Lieferwagen würde er an manchem Abend vom Pub nicht mehr nach Hause finden.«
    »Nervt der Wagen Sie wieder, Ivy?«, fragte Sadie. Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass Ivy sich immer ausgesprochen umständlich beschwerte.
    »Nein, überhaupt nicht. Natürlich nicht. Na ja, hin und wieder vielleicht doch.«
    »Ich sage es Larry, wenn er zurückkommt. Er kann ihn ja ein Stückchen entfernt parken. Sie müssen es nur sagen.«
    »Ich belästige Sie so ungern mit so etwas. Also ist mit Larry alles in Ordnung, ja?«
    »Er ist im Moment geschäftlich in Galway.«
    »Geschäftlich? Muss ja’ne große Sache sein. Er ist doch jetzt schon fast drei Wochen weg, oder?«
    Sadie hatte immer vermutet, dass Ivy über die Gewohnheiten der Nachbarn Buch führte. Nun war sie endgültig überzeugt. Sie war versucht, Ivy ins Bild zu setzen: »Richtig, Ivy, seit genau zwei Wochen und vier Tagen. Er ist mitten bei den Übernahmeverhandlungen mit unserem größten Konkurrenten auf dem Gebiet der gewerblichen Reinigung von Pubs und Restaurants. Es hat in letzter Minute ein Problem mit den Anwälten und den Verträgen gegeben, deshalb muss er länger bleiben.« Er war darüber nicht glücklich gewesen. »Ich kann dich nicht so lange allein lassen, Sally«, hatte er gesagt. »Nachher taucht noch irgend so’n toller Hecht auf und schnappt mir meine Frau weg.«
    Sadie hatte gelacht. So sprach er immer mit ihr – er lobte sie, schmeichelte ihr, baute ihr Selbstbewusstsein mit vielen kleinen Bemerkungen auf, und dies unentwegt, seit sie ihn vor zwanzig Jahren kennengelernt hatte. Das war einer der vielen Gründe, warum sie ihn liebte.
    Ivy stand noch immer hinter der Mauer. Sie tat Sadie leid. Die arme Frau war den ganzen Tag ans Haus gefesselt. Sie musste sich um ihre alte Mutter und ihren rücksichtslosen Ehemann kümmern und war für ein wenig Ablenkung dankbar.
    »Er kommt am Wochenende zurück, das hoffen wir zumindest.« Sadie hatte sich für die Kurzfassung entschieden. »Und es wird auch Zeit. Sonst meinen ja alle, wir hätten uns getrennt.«
    »Sie beide doch nicht!«, gab Ivy zurück. »Ich kenne kein Paar, das sich so gut versteht wie Sie. Sie reden und lachen doch ständig miteinander. Sie sind doch wie Flitterwöchner.«
    »Das ist lange her.«
    »Ich hab übrigens neulich abends Maudie gesehen. Hat sie es Ihnen erzählt? Sie wohnt wieder bei Ihnen, oder?«
    »Nur solange Lorcan außerhalb arbeitet.«
    »Dann wird ja sicher auch bald die Hochzeit geplant, oder nicht? Bevor es noch mehr Gerede gibt?«
    Sadie hatte einige Mühe, ihre Miene unter Kontrolle zu halten. Denn schließlich war das Gerede zu diesem speziellen Thema allein auf Ivy zurückzuführen. »Oh, keine Ahnung. Das ist ja nicht unsere Entscheidung.«
    »Nun ja, wenn Sie es so sehen. Es ist nur, ich meine, unter den Umständen …«
    Sadie schnippelte weiter an ihren Rosen herum. »Hochzeiten sind sowieso aus der Mode gekommen. Ich meine, etwas in dieser Richtung neulich in der Irish Times gelesen zu haben.«
    »Davon weiß ich nichts«, erwiderte Ivy perplex. »Ich lese nur den Independent .«
    Zufrieden setzte Sadie ein letztes Mal die Schere an und sammelte dann die verwelkten Blüten auf. »Entschuldigen Sie mich, Ivy, ich muss jetzt das Abendessen machen. Grüßen Sie Ihre Mutter bitte von mir. Ich versuche, in den nächsten Tagen bei ihr reinzuspringen.«
    »Da wird sie sich freuen. Bis bald, Sally.«
    Sadie griff gleich zum Telefon. Ihr Mann antwortete nach dem dritten Klingeln.
    »Gott sei Dank, du bist es«, sagte er. »Noch ein einziges Gespräch mit einem Anwalt, und ich implodiere. Je eher ich wieder in Dublin bin, umso besser.«
    »Wem sagst du das.« Sie setzte sich auf den Küchenstuhl und legte die Füße auf einen Hocker. »Ich bin gerade wieder von Ivy in die Mangel genommen worden. Du, ich muss dir etwas erzählen.«
    Zehn Minuten später, Sadie war noch am Telefon, drehte sich ein Schlüssel im Türschloss. Wenige Augenblicke später kam eine junge Frau in die Küche, einen Rucksack über der linken Schulter. Ihr hübsches, sommersprossiges Gesicht war leicht

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