Die Toechter der Familie Faraday
nicht mehr mussten. Sadie war schwanger. Zehn Monate nach der Hochzeit wurde Maudie geboren.
Larry wählte den Namen aus. Es war kein Name aus seiner Familie. »Es ist zwar ein bisschen sentimental, aber als Kind hatte ich ein Lieblingsgedicht. Es ist das einzige, das ich in der Schule auswendig gelernt habe. Aber wenn du meinst, es ist zu altmodisch …?«
Er sagte das Gedicht für sie auf. »Komm’ in den Garten, Maud« von Alfred Tennyson:
Komm’ in den Garten, Maud,
Nacht, die schwarze, senkt ihr’n Flor,
Komm’ in den Garten, Maud,
Ich harre deiner dort am Tor;
Und die Heckenkirsche duftet würzig rot,
Und der Rose Moschus weht empor.
Sadie fand es wundervoll. Larry hatte, ohne es zu ahnen, eine Faraday’sche Familientradition fortgeführt. Sadie war einige Tage lang traurig, bis sie sich ins Gedächtnis rief, dass Larry den Namen ausgesucht hatte, nicht sie. Und bald darauf hatte sie zu viel um die Ohren, um sich Gedanken über ihre Familie und deren Traditionen zu machen.
Sie hätte sich niemals träumen lassen, dass sich ihr Leben einmal so entwickeln würde. Sie hatte einen Ehemann, der sie liebte und den sie liebte, und eine Tochter, die ohne Schwierigkeiten auf die Welt gekommen war und ihnen nur Freude machte. Sadie hatte sich vom ersten Augenblick an in sie verliebt, in dem Moment, als die Hebamme sie ihr in die Arme gelegt hatte. An ihren Gefühlen hatte sich seither nichts geändert.
Larry war ebenso hingerissen. Er bewunderte Sadies mütterliches Talent. »Du machst das so selbstverständlich«, sagte er oft, wenn er zusah, wie sie Windeln wechselte oder ihrer Tochter, später dann, das Zählen beibrachte. »Hast du mir eine Ausbildung zur Kindergärtnerin verschwiegen?«
Sie lachte. Reiner Instinkt, sagte sie. Instinkt und Liebe. Und so war es auch. Sie hatte Maggie wirklich geliebt, aber die Gefühle für ihre eigene Tochter hatten sie überwältigt. Sie kostete jeden Moment aus: wie sie aussah, wie sie duftete, wie weich ihre Haut war. Wie sich ihr Gesichtsausdruck änderte, wie sie ihre kleinen Händchen wie Seesterne öffnete und schloss, wie sie sich konzentrierte, wenn sie sich reckte. Sadies Faszination wuchs mit den Jahren. Sie hielt jeden wichtigen Moment fest. Nicht jedoch in einem Sammelbuch. Dazu konnte sie sich nicht überwinden. Stattdessen legte sie Fotoalben an, viele Alben, mit detaillierten Beschreibungen zu jedem Bild.
Je mehr sie mit ihrer eigenen kleinen Familie in Brisbane beschäftigt war, umso mehr wurden die Gedanken an ihre Familie in Hobart in den Hintergrund gedrängt. Sie schrieb Maggie immer noch jedes Jahr an die Adresse des Priesters eine Karte, mit einer kurzen Nachricht: »Mir geht es sehr gut und ich hoffe, Dir auch.« Sie erhielt immer Antwort von Maggie, mit allen Neuigkeiten. Maggies Karte lag auch immer ein Brief von Leo bei, gelegentlich sogar Briefe oder Botschaften von ihren Schwestern. Manchmal las sie darin, manchmal auch nicht. Dieser Kontakt genügte ihr. Ihr Gewissen war beruhigt. Sie wusste, dass es ihnen gut ging. Sie wussten, dass es ihr gut ging. Sie hatte ohnehin viel zu viel um die Ohren, um sich Gedanken um die anderen zu machen. Larry hatte mit ihr ein Reinigungsunternehmen gegründet, und sie arbeiteten fast sechzehn Stunden am Tag. Wenn es ging, nahmen sie Maudie zur Arbeit mit, ansonsten kümmerten sie sich abwechselnd um sie.
Als Maudie vier Jahre alt war, erhielt Larry einen Brief von einem Anwalt aus Irland. Seine Mutter war gestorben, und er war der einzige Erbe. Zu seiner großen Überraschung hatte sie im Laufe der Jahre ein kleines Vermögen angespart.
Drei Monate später zogen sie nach Dublin. Sie hatten genug Geld, um sich gleich ein Haus zu kaufen, das Haus in Phibsboro, in dem sie immer noch lebten. Larry hatte sich sofort damit beschäftigt, den Markt in Dublin zu analysieren. Es gab eindeutig Bedarf an Reinigungsfirmen, erklärte er. Wenn sie bereit wären, wieder viele Stunden zu schuften, sich die Arbeit zu teilen, und möglichst viel erledigten, während Maudie in der Schule war, könnten sie erneut eine Firma gründen, so wie in Australien.
Es war allmählich ins Laufen gekommen. Sie hatten im richtigen Moment angefangen, mit dem richtigen Konzept, und bekamen rasch den Ruf, hart und zuverlässig zu arbeiten. Sie versuchten auch, noch ein Kind zu bekommen. Sadie war jeden Monat aufs Neue enttäuscht.
Larry ließ zu viel Traurigkeit gar nicht erst aufkommen. »Wir haben mit Maudie so viel Glück gehabt,
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