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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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wenig frische Luft.«
    »Natürlich.« Sie waren auf der Schnellstraße, die ins Zentrum von Dublin führte. Gabriel sah das Schild zuerst. Phoenix Park, zwei Kilometer.
    Sie fuhren durch schmiedeeiserne Gitter, dann lag der Park mit seinen grünen Weiden und Feldern vor ihnen. Die Bäume trugen ihr üppiges Sommerlaub. Gabriel fuhr ein Stück und bog in eine Nebenstraße ein. Sie waren ganz allein.
    Sie stiegen aus und gingen ein wenig spazieren. Maggie hatte ihre Tasche mitgenommen, sie trug schwer an den Tagebüchern. Nachdem sie eine Weile gegangen waren, durch ein kleines Wäldchen, begann sie zu sprechen.
    »Über eines kann Leo sich freuen. Bill ist nicht Sadies Vater. Das war es nicht.«
    »Das wollte er doch nur wissen, oder? Das war ihm am wichtigsten?«
    Maggie nickte. »Leo ist eindeutig von allen der Vater.«
    »Aber wenn es das nicht war, muss Sadie etwas anderes aus dem Haus vertrieben haben. Glaubst du, du hast es herausgefunden?«
    »Ich glaube schon.« Sie glaubte es nicht nur, sie wusste es. Sie sah zu ihm auf. »Gabriel, liebt deine Mutter dich?«
    »Was?«
    »Ob deine Mutter dich liebt?«
    »Natürlich.«
    »Würde es dir etwas ausmachen, wenn nicht? Wenn sie dich nicht einmal gernhätte?«
    »Würde es mir etwas ausmachen?« Er dachte darüber nach. »Das wäre sehr hart. Ich würde denken, dass mit mir etwas nicht stimmt. Dass es meine Schuld wäre.«
    »Und warum?«
    »Weil alle Mütter ihre Kinder lieben.«
    »Wirklich? Darf ich dir etwas vorlesen?« Maggie griff in ihre Tasche, öffnete das Tagebuch an einer beliebigen Stelle und las einen Eintrag über Sadie vor.
    Gabriel konnte es kaum fassen.
    »Die Tagebücher sind voll davon«, sagte Maggie. »Das geht die ganze Zeit so, von Sadies Geburt an bis zu den Tagen vor Tessas Tod.«
    Sie blätterte weiter, bis zum Ende des letzten Tagebuchs, und las Gabriel vor:
    Habe gerade Sadies Geburtstagsfeier abgeblasen. Da sind noch mehr Tränen geflossen, war klar. Sie hat so ein Tamtam veranstaltet, war vollkommen außer sich, weil die Mädchen, die sie eingeladen hat, nicht kommen können und so ein Blödsinn. Ich habe ihr gesagt, die Welt ist hart, und je eher sie das begreift, umso besser. Dann hat sie sich schon wieder drangehalten. Was stimmt denn mit mir nicht, Mum? Warum habe ich keine Schulfreundinnen? Hast du mich lieb? Was hätte ich denn da sagen sollen, die Wahrheit? Nein, Sadie, eigentlich nicht. Du machst mich kirre. Ich habe ihr gesagt, sie soll das einfach vergessen, sie könnte ja nächstes Jahr wieder feiern, und natürlich ging das Geheule gleich wieder los. Es ist entsetzlich, wenn man eines seiner Kinder nicht leiden mag, aber ich kann nicht dagegen an.
    Maggie schloss das Tagebuch und steckte es wieder in ihre Tasche. »Was hättest du getan, wenn du so etwas gelesen hättest, Gabriel? Wenn du gelesen hättest, dass deine Mutter dich nicht liebt, dich nicht einmal mag, dass dein Vater dich für das schwächste Junge im Nest hält und beide Eltern glauben, deine Schwestern wären dir in jeder Beziehung überlegen?«
    »Ich hätte so weit weg wie möglich gewollt.«
    »Ich auch.«
    »Und du glaubst, so war es?«
    »Ich bin mir sicher.«
    »Aber warum hat sie dich damals mitgenommen?«
    »Weil ich da war? Weil ich sie nicht gehasst habe? Ich weiß es nicht.«
    Sie gingen weiter. »Warum sollte Leo so eine Scharade aufrechterhalten, Maggie? Es ist ja, als würde er von einer vollkommen anderen Frau sprechen.«
    »Vielleicht war das einfacher. Vielleicht konnte er nach ihrem Tod nur so die Familie zusammenhalten.«
    »Sie kann aber doch nicht nur schlecht gewesen sein, oder?«
    »Ich weiß es ehrlich nicht.«
    »War sie eine schöne Frau?«
    »Eine sehr schöne.«
    »Vielleicht war es das. Manchmal reicht das. Manche Menschen lassen sich von schönen Frauen verzaubern.«
    »Aber kann so ein Gefühl so viele Jahre überdauern?«
    »Es muss mehr gewesen sein. Aus Leos Worten schließe ich, dass sie in höchstem Maße amüsant war. Sie hat ihm etwas geboten, eine Familie geschenkt. Das zählt doch.«
    Maggie wusste nicht, was sie als Nächstes tun sollte. »Es wäre einfacher gewesen, wenn Bill Sadies Vater wäre. Das ist zumindest das, was Leo erwartet. Das hier kann ich Leo doch nicht erzählen. Ich kann auch nicht zu Sadie gehen und sie bitten, mit uns nach Donegal zu kommen, um ihre Familie wiederzusehen. Warum sollte sie? Sie hat alles gelesen, was ich gelesen habe. Sie weiß, wie sich Leo über sie geäußert hat. Sie weiß, dass

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