Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
Vom Netzwerk:
Leo stützte sich rasch ab, packte die Kamera und lächelte verlegen in sich hinein. Gar nicht gut, dachte er. Wenn all die Stunden Film verloren gingen, nur weil er die Kamera umstieß.
    »Ah, na also.« Die Kamera löste sich endlich vom Stativ. »Dann kann es ja losgehen.«

    Myles Stottington trat einen Schritt zurück, als der Taxifahrer losfuhr. Er nahm seinen Koffer, seine Aktentasche und sein Jackett, holte seinen Schlüssel hervor und schloss die Haustür auf. Anders als sonst rief er nicht nach Juliet. Sie war ja noch in Donegal.
    Er stellte seine Tasche am Eingang ab, hängte sein Jackett auf, ging ins Wohnzimmer und öffnete die Fenster. Er war hungrig, durstig und müde. Es war eine anstrengende Reise gewesen, aber auch eine erfolgreiche. Wenn die Verhandlungen zu einem guten Ende kommen würden, könnten sie fünf weitere Cafés ihr Eigen nennen. Er freute sich darauf, Juliet später anzurufen und ihr die guten Neuigkeiten zu erzählen.
    Dann ging er in die Küche. Als Erstes stach ihm ein Umschlag ins Auge, mit seinem Namen darauf. Verwirrt nahm er ihn in die Hand. Es war Juliets Schrift. Er öffnete den Umschlag und zog den Brief heraus.

41
    Es war halb fünf. Maggie und Gabriel parkten vor dem Haus, von dem sie hofften, es sei Sadies Heim.
    Sie hatten nicht einmal fünf Minuten gebraucht. Sie waren über die Allee im Park gefahren, am Zoo vorbei und durch das verzierte weiße Tor auf die North Circular Road. Maggie hatte Gabriel von da aus den Weg gewiesen. Dabei waren sie an einer Pension vorbeigekommen, die aus zwei Reihenhäusern bestand und vor der das Schild »Zimmer frei« hing. Maggie notierte sich den Namen. Denn falls – falls – es Sadies Haus war, müssten sie womöglich irgendwo in der Nähe übernachten.
    Es war eine schöne Straße. Rote Ziegelhäuser, kleine, gepflegte Vorgärten, die von eisernen Gittern umgeben waren. Vor den Haustüren hingen Blumenkörbe: Überall rankte es üppig, unzählige Blüten in Blau, Weiß und Rot.
    Sie saßen im Wagen und warteten. Das Haus wirkte verlassen.
    »Vielleicht hätte ich doch in ihr Büro fahren sollen.« Im Bericht des Privatdetektivs stand, dass das Büro von O’Toole Reinigungsservice in der Dame Street lag, mitten im Stadtzentrum. »Aber falls sie es ist« – jeder Satz fing nun so an -, »ist es vielleicht doch besser, mit ihr zu Hause zu sprechen, meinst du nicht? Aber was soll ich sagen? Was, wenn mir ihre Tochter öffnet? Oder ihr Mann? Wie stelle ich mich dann vor? Ob sie ihnen überhaupt von mir erzählt hat? Von uns?«
    Gabriel lächelte. »Soll ich all deine Fragen auf einmal beantworten, oder darf ich mir eine oder zwei aussuchen?«
    »Entschuldige.« Sie wurde von Minute zu Minute nervöser. Das Ganze war ihr viel einfacher erschienen, solange es hypothetisch war und sie nicht wenige Meter von Sadies vermeintlichem Haus entfernt saß.
    Gabriel schaute erneut in den Bericht. »Du siehst ihrer Tochter ähnlich. Oder, besser gesagt, sie dir. Ihr gleicht euch zwar nicht aufs Haar, aber da gibt es schon gewisse Verwandtschaften.«
    Das war Maggie auch aufgefallen. Sie hatten die gleiche dunkle Haarfarbe und blasse Haut. Außerdem hatte Sadies Tochter, aber darauf hatte sie Gabriel nicht aufmerksam machen wollen, auch leicht abstehende Ohren. Aber sie trug viel mehr Ohrringe als Maggie. Auf dem Foto wirkte es, als hätte sie mindestens zehn Silberringe in jedem Ohr.
    Sie blieben weitere fünf Minuten schweigend sitzen. Maggie musste über so vieles nachdenken. Ihr gingen ständig Tessas Worte durch den Sinn. Und der Gedanke, dass Sadie sie gelesen hatte. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es wohl war, wenn man so etwas lesen musste. Das musste vernichtend sein. Niederschmetternd. Dann kam ihr plötzlich noch ein anderer Gedanke. Was, wenn Leo nun doch die Tagebücher lesen wollte? Wenn er erfuhr, dass Bill nicht Sadies Vater war, würde er das sicher tun. Wenn ihm seine größte Angst genommen wäre, wäre er bestimmt begierig darauf, Tessas Worte zu lesen und zu erfahren, wie sie über ihr Eheleben gedacht hatte. Das würde ihn sehr verletzen! Nicht nur das. Es würde ihn auch an seine eigenen abfälligen Worte über Sadie erinnern. Dann wüsste er, dass er mit zu ihrer Entscheidung, die Familie zu verlassen, beigetragen hatte. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Hätte Leo doch seinerzeit die Tagebücher verbrannt. Dann wäre nichts von alldem geschehen.
    Eine Berührung am Arm holte sie in die Wirklichkeit zurück. »Maggie,

Weitere Kostenlose Bücher