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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Hauptstraße nach Donegal. Sie taten es gemeinsam. Sie stellten sich vor den Container und rissen jedes einzelne Tagebuch in kleine Stücke. Gabriel hatte sie vorher noch einmal gefragt, ob sie sich sicher wäre. Noch hätte sie ihre Meinung ändern können. Sie hätte die Tagebücher wieder in ihre Tasche packen, zum Auto gehen und nach Donegal fahren können, um sie Leo zurückzugeben.
    Nein. Die Bücher zu vernichten fiel ihr nicht leicht. Doch die Alternative war schlimmer.
    »Möchtest du es selbst tun?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Es geht schneller, wenn wir beide es tun.«
    Es dauerte nicht einmal fünf Minuten. Maggie ließ ihre braune Ledertasche neben dem Container stehen. Ein vergleichsweise geringer Verlust.
    Gabriel berührte sie sanft am Arm, als sie Seite an Seite zum Wagen zurückgingen. »Alles in Ordnung?«
    War es das? Sie konnte es nicht sagen. Dass sie die Tagebücher vernichtet hatte, tat ihr nicht leid. Sie war froh, dieses Kapitel hinter sich zu lassen, froh, dass sie gesehen hatte, wie Tessas Worte zu Fetzen wurden. Aber sie wusste nicht, was sie Leo sagen und wie sie ihn belügen sollte.
    Drei Stunden später machten sie Mittagspause. Es war Gabriels Idee. Er war in ein kleines Geschäft in einem Dorf nahe der Grenze zu Nordirland gegangen und mit zwei Tüten zurückgekommen. Er hatte nicht verraten, was darin war. Eine halbe Stunde später kamen sie durch die Grafschaft Fermanagh und das Seengebiet Lough Erne. Maggie hatte die Landschaft auf dem Hinweg nicht zur Kenntnis genommen, die Tagebücher hatten sie abgelenkt. Jetzt schaute sie hinaus. Der See reichte, so weit sie sehen konnte, das Wasser kräuselte sich silbrig blau, durchbrochen von winzigen, baumbestandenen Inseln, in der Ferne umschattet von dunkelvioletten Bergen.
    Gabriel blinkte, bog in eine kleine Straße ein und fuhr durch ein Gehölz. Sie kamen an eine Picknickstelle am Ufer. Das Sonnenlicht glitzerte auf der Wasseroberfläche. Es war wunderschön.
    »Wasser, Sonne und eine Picknickstelle. Du denkst aber auch an alles«, sagte Maggie.
    »Nein, tue ich nicht. Ich habe heute Morgen noch einmal in das Handbuch für Pseudo-Verlobte geschaut. Die Regeln, was Picknicks angeht, sind sehr streng. Besonders, wenn einer der Pseudo-Verlobten eine schwere Zeit durchmacht.«
    Weil sie keine Decke hatten, legte er seine Jacke für Maggie auf den Boden. Er packte die Tüten aus. Zum Vorschein kamen Brot, Oliven, geräucherter Lachs und Käse.
    Maggie war sehr gerührt. »Gabriel West, du bist der netteste Mann, der mir je begegnet ist.«
    »Meinst du?« Er sah sie mit ernster Miene an, während er das Brot auspackte. »Aber das entspricht nicht den Tatsachen. Ich habe nämlich letztes Jahr am Wettbewerb ›New York sucht den nettesten Mann der Stadt‹ teilgenommen und bin Letzter geworden. Ich habe bei der Frage versagt, ob man älteren Damen über die Straße helfen sollte. Ich war dafür, ihnen ihre Unabhängigkeit zu lassen. Sie frei herumlaufen und sie sich selbst den Weg über die Straße bahnen zu lassen. Das war wohl die falsche Antwort.«
    Sie lächelte. »Der Lustigste bist du auch.«
    »Nein, auch das nicht. Es gab fünfhundertdrei Männer, die lustiger waren.«
    »Der Bestaussehende?«
    »Nein, ich bin auf Platz zweihundert gelandet, punktgleich mit einem Kobold.«
    »Der talentierteste Sänger?«
    Er schüttelte wieder den Kopf. »In der Kategorie bin ich Letzter geworden, noch hinter einem jaulenden Hund und einer Polizeisirene.«
    Er setzte sich neben sie, streckte die Beine aus und stützte sich ab. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt. Maggie sah seine Armmuskeln, die gebräunte Haut. Und sie erkannte die Farbe seiner Augen. Sie hatte immer geglaubt, es wäre ein dunkles Haselnussbraun. Aber seine Augen waren von einem tiefen Blau. Sie sah die Fältchen, das verhaltene Lächeln. Sie hatte es ernst gemeint. Er war der bestaussehende Mann, den sie je gesehen hatte.
    »Mit Komplimenten kannst du nicht umgehen, oder?«, fragte sie.
    »Welchen Umgang sollte ich mit ihnen denn pflegen? Wie du siehst, ich bin wirklich nicht lustig. Daher mein schlechtes Abschneiden.« Er lächelte und senkte den Kopf. »Wie undankbar ich doch bin. Danke, Maggie, und wo wir gerade bei dem Thema sind, ich finde dich auch sehr nett. Und sehr lustig. Und sehr gut aussehend. Genauer gesagt, schön. Und sehr begabt. Erschreckend begabt, wenn man deinen Tanten glauben darf. Ich kann nicht einmal addieren. Vier plus vier macht neun. Siehst

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