Die Toechter der Familie Faraday
Gefühlsausbrüche waren meist schon nach Sekunden vorbei. Sie versuchte auch, überall die Führung zu übernehmen, machte als Erste beim Nachhausekommen die Tür auf, bestimmte das Fernsehprogramm und klingelte zum Essen mit der Glocke, die Juliet gekauft hatte.
Clementine gab eine kleine Geburtstagsparty, zu der sie die Familie und drei Kinder aus der Nachbarschaft einlud. Ein Kind für jedes Lebensjahr. Sadie hatte die Anregung dazu aus einem der Magazine, die sie oft und gerne zitierte. Es gab Glibberkuchen, Biskuitrolle, Schokokekse und Eistorte. Die Erwachsenen aßen das meiste, mit Ausnahme von Sadie. Sie hielt ihre Diät streng durch. Sie hatte die angestrebten Pfunde tatsächlich abgenommen und die fünfzig Dollar von Miranda bekommen. Sie hatten gleich eine neue Wette abgeschlossen. Sadie musste das Gewicht ein Jahr lang halten, sonst musste sie Miranda das Geld zurückzahlen.
Sadie hatte sich heimlich Rat und Hilfe bei Eliza gesucht. »Betrachte mich als Versuchskaninchen«, hatte sie gesagt. Eliza hatte ein einfaches Trainings-und Ernährungs-Programm entwickelt. Schon durch die vielen Spaziergänge mit Maggie fiel es Sadie leicht, sich daran zu halten. Besonders, weil Eliza sie überwachte und nur noch über Sport und Fitness sprach. Ständig erzählte sie, wie großartig es für Mark in Melbourne lief.
»Du redest über Mark, als wärst du in ihn verliebt«, sagte Miranda eines Tages, als alle in der Küche waren. Leo saß am Kopfende des Tischs und las die Zeitung.
»Du weißt doch, dass er verheiratet ist«, schoss Eliza zurück. Sie hatte niemandem etwas von der Trennung erzählt.
»Na und, macht ihn das etwa abstoßend?«, fragte Miranda.
»Du bist nur eifersüchtig, weil Eliza einen Mann in ihrem Leben hat und du nicht«, warf Sadie, die an der Spüle stand, ein.
»Ich habe keinen Mann in meinem Leben?« Mirandas Tonfall war eisig. »Woher willst du das überhaupt wissen? Vielleicht ist auf dein beeindruckendes Spionagenetzwerk zur Abwechslung kein Verlass.«
Sadie fuhr herum, die Hände in Gummihandschuhen und voller Schaum. »Und wo steckt er dann bitte?«
»Du glaubst doch nicht im Ernst, ich würde einen Freund mitbringen und euch allen ausliefern? Aber wenn du schon so reizend fragst, liebe Sadie, wo sind all die Jungs, die vor deiner Tür Schlange stehen?«
Sadie errötete. »Das geht dich nichts an.«
Miranda schnaufte verächtlich. »Ach, du hast einen Freund?«
Sadie hob das Kinn. »Ja, allerdings.«
»Wie heißt er denn?«
Sadie zögerte nur kurz. »Anthony.«
»Anthony? Und was treibt Anthony so?«
Eine weitere Pause. »Er ist Klempner.«
»Fantastisch. Dann hat er geschickte Hände und versteht was von Rohren, was ja nicht unwichtig ist. Und wo hast du Anthony-den-Klempner kennengelernt?«
»Hier. Er hat die Dusche repariert.«
»Und hat sich auf der Stelle in dich verliebt?« Miranda lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Warum haben wir ihn dann nie mehr zu Gesicht bekommen?«
»Ich treffe mich in der Stadt mit ihm.«
»Oh, wie goldig. Wie sieht er denn aus? Groß? Oder eher klein? Dünn? Dick?«
Jetzt schenkte Leo ihnen Gehör.
»Er sieht ganz normal aus«, sagte Sadie und konzentrierte sich auf den Abwasch.
Miranda lachte. »Du bist eine so schlechte Lügnerin, Sadie. Das warst du schon immer.«
Sadie sah sie nicht an. »Halt die Klappe, Miranda.«
»Dad? Hast du das gehört? Dieses Kindermädchen da, das Clementine eingestellt hat, hat gesagt, ich soll die Klappe halten.«
Leo schüttelte den Kopf und versuchte, sich das Lächeln zu verkneifen. »Ich unterstütze ihre Eingabe. Halt die Klappe, Miranda. Lass deine Schwester in Ruhe.«
»Ach, du Spielverderber«, sagte Miranda, stand auf und fuhr ihrem Vater durchs Haar. Als sie an Sadie vorbeiging, wies sie auf einen Teller auf dem Abtropfbrett. »Du hast da was übersehen.«
In der Woche nach Maggies Geburtstag gab Miranda in der Drogerie einen Empfang für die besten Kunden und die Grossisten. Ein halbes Jahr zuvor war sie zur Chefeinkäuferin befördert worden. Die neue Position behagte ihr aus verschiedenen Gründen sehr. Sie musste nun zweimal im Jahr durch ganz Australien reisen, um einzukaufen. Außerdem hatte sie eine Gehaltserhöhung bekommen. Sie benötigte das Geld für ihr reges Sozialleben. Nach der Sache mit Tom hatte sie sich entschieden, Arbeit und Vergnügen strikt zu trennen. Was ihr dadurch erleichtert worden war, dass seine Firma einen pickligen Zweiundzwanzigjährigen zu
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