Die Toechter der Familie Faraday
hatte Sadie beharrt. Dann danke ich dir, Sadie, hatte Clementine nachgegeben. Das tue ich gerne, Clementine, hatte Sadie geantwortet.
Die neue Regelung setzte zeitgleich mit Sadies jüngstem Diätplan ein. Sie hatte schon ewig davon gesprochen, zwölf Pfund abnehmen zu wollen. Sie war keinesfalls übergewichtig, selbst wenn Miranda ihr das gerne vorhielt. Sadie hatte einfach nicht die gleiche Figur und den guten Stoffwechsel der anderen geerbt. Wie ungerecht das war, sagte sie bei jeder Gelegenheit. Jede Woche stieg sie mit großem Bohei auf die Waage und war immer aufs Neue enttäuscht. »Irgendetwas stimmt mit mir nicht. Ich mache immer mehr Sport und nehme trotzdem nicht ab.«
»Das liegt daran, dass zu deinem Training auch mindestens fünf Kekspackungen pro Woche gehören«, sagte Eliza.
»Wenn ich von meinem Spaziergang komme, habe ich eben Hunger«, verteidigte sich Sadie. »Da hab ich mir doch wohl ein paar Kekse verdient, oder?«
»Wenn man abnehmen will, muss man sich mehr bewegen und weniger essen. Du bewegst dich mehr und isst mehr. Das gleicht sich aus. Ipso facto, status quo.«
»Was haben die denn damit zu tun?«
»Ich meine doch nicht die Band. Ich meine damit, dass sich auf diese Art an deinem Zustand nichts ändert.«
Sie seufzte. »Im Moment kann ich mir das sowieso aus dem Kopf schlagen. Ich kann doch keine Diät machen, wenn ich zu Hause bin und mich um Maggie kümmere. Da bin ich den ganzen Tag lang in Versuchung zu naschen.«
»Dann geh doch aus dem Haus«, sagte Eliza.
»Wozu?«
»Sieh dir was an. Marschier durch die Gegend. Zeig Maggie die Welt.«
»Uns gefällt es aber im Haus. Außerdem sind hier all ihre Spielsachen.«
Miranda richtete sich auf dem Sofa auf. »Dein Problem, Sadie Faraday, ist, dass du überhaupt nicht abnehmen willst. Ich wette, du kannst überhaupt nicht abnehmen.«
Sadies Augen verengten sich. »Wollen wir wetten? Um wie viel?«
Juliet lachte. »Ihr solltet mal eure Gesichter sehen.«
»Fünfzig Dollar, wenn du bis Weihnachten zwölf Pfund abnimmst. Und zwar bis Dezember, nicht Juli.«
Juliet war empört. »Miranda! Das kannst du dir doch gar nicht leisten.«
»Muss ich auch gar nicht. Das schafft Sadie doch nie.«
»Nur damit wir uns richtig verstehen«, sagte Sadie. »Du gibst mir fünfzig Dollar, wenn ich in den nächsten acht Monaten zwölf Pfund abnehme?«
»Genau. Und wenn du das nicht schaffst, schmiere ich dir das ständig aufs Butterbrot. Oh, das macht ja dick. Lieber aufs Knäckebrot.«
Sadie streckte die Hand aus. »Abgemacht.«
Sadie nahm beide Projekte noch am selben Tag in Angriff. Während des Frühstücks – Grapefruit, trockenes Toastbrot und Kaffee für Sadie – ging Clementine mit ihr noch einmal alle Einzelheiten durch: wann Maggie ihren Mittagsschlaf hielt, was sie mittags essen sollte, welches ihr Lieblingsspielzeug war. Sadie fiel ihr ins Wort.
»Clem, ich habe dich doch in den letzten beiden Jahren jeden Tag mit ihr zusammen beobachtet. Ich liebe sie genauso wie du. Ich weiß, was zu tun ist.«
»Und du rufst mich in der Uni an, wenn du irgendwas brauchst? Wenn irgendwas ist?«
»Umgehend, versprochen. Es ist doch nur für wenige Stunden. Du bist doch heute Nachmittag schon wieder da. Uns kannst du getrost vergessen. Geh und kümmere dich um deine gefiederten Freunde.«
In den ersten beiden Monaten lief alles wie am Schnürchen. Clementine gewöhnte sich an die neue Regelung und ging damit immer lockerer um. Alle bemerkten die Veränderung. Die Anspannung fiel von ihr ab. Ihre Studienbücher lagen wieder in ihrem Zimmer. Während des Essens sprach sie über ihre Forschungsvorhaben, ihren Dozenten, ihre Resultate.
Miranda lehnte sich zurück. »Was haben wir denn da? Etwa eine normale Studentin? Eine junge Frau, die etwas anderes als das Thema Toilettengewöhnung im Kopf hat? Die uns stattdessen mit der tasmanischen Vogelwelt langweilt? Oh, welch glückseliger Tag. Willkommen im Leben, Clementine.«
Sadie ging jeden Tag eine Stunde lang mit Maggie im Kinderwagen spazieren. Mit Stoppuhr. Außerdem hatte sie sich einen Schrittzähler bestellt.
»Ich würde mir an deiner Stelle langsam Sorgen um meine fünfzig Dollar machen, Miranda«, sagte Juliet eines Abends, als Sadie nur eine kleine Portion von Juliets Roastbeef auf dem Teller hatte, keine Kartoffeln nahm und einen Pfirsich anstelle des Apfelkuchens zum Nachtisch aß.
Maggies Sachen waren jetzt jeden Tag gewaschen, ihr Spielzeug war immer ordentlich weggeräumt.
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