Die Toechter der Familie Faraday
Spannung hatte sich während der ganzen Fahrt über aufgebaut. Sie hatten wie immer viel geredet. Viel gelacht. Anfangs hatten sie über die Arbeit gesprochen. Er hatte sie gefragt, welche Änderungen sie in dem Café vornehmen würde.
»Das würde ich mir nicht anmaßen. Es gehört doch deinen Eltern.«
»Aber solange sie weg sind, ist es unser Café.«
Unser Café? Das klang schön.
»Mum und Dad sind wirklich gute Geschäftsleute, aber mittlerweile ein wenig unbeweglich. Lass uns doch während der nächsten Wochen ein wenig rumexperimentieren. Eine neue Speisekarte. Neue Dekoration. Nichts Umwälzendes. Unsere Gäste müssen schließlich mitziehen.«
»Hast du so etwas schon mal gemacht?«
»Ich bin in Cafés aufgewachsen. Jedes Mal, wenn Mum und Dad ein neues gekauft haben, sind wir mit Kind und Kegel in eine andere Stadt gezogen.«
»Gehören ihnen denn noch mehr Cafés?«
Er lachte. »Oh, ein paar.« Er wurde ernst. »Du weißt davon nichts?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Haben sie dir nichts von England erzählt?«
Wieder schüttelte sie den Kopf.
»Juliet, Mum und Dad gehören mehr als dreißig Cafés, in ganz England.«
»Dreißig?«
»Das ist unser kleines Familienunternehmen.«
»Aber das haben sie nie erwähnt.«
»Daran ist bestimmt Mum schuld. Sie sind vor allem nach Tasmanien gegangen, damit Dad nicht mehr so viel Stress hat.« Sein Großvater, Mr. Stottingtons Vater, hatte das kleine Unternehmen vor vielen Jahren in Manchester gegründet, in den geschäftigen Gegenden. Günstige und gemütliche Cafés, die Portionen groß, die Preise klein, von morgens früh bis abends spät geöffnet, ganz auf die Bedürfnisse der Arbeiter zugeschnitten. »Dann haben sie expandiert, besonders in den Sechzigern, als es Mode wurde, in solchen Cafés zu essen. Dad hat die Cafés übernommen, und als er Mum kennengelernt hat, haben sie das Geschäft noch stärker verändert und erweitert. Bis ins Zentrum von London. Sie haben das Niveau ein wenig angehoben, beim Menü und der Einrichtung, und haben in weiteren Innenstädten Cafés eröffnet, die noch immer unsere Haupteinnahmequelle sind.«
»Bist du auch im Geschäft? Ich dachte, du wärst Mechaniker.«
»Nein, mich interessiert nur, wie Dinge funktionieren. Gelernt habe ich das nicht. Ich arbeite für Mum und Dad. Genauer gesagt arbeite ich mit ihnen zusammen. Ich bin für unsere neuen Niederlassungen zuständig. Das ist auch einer der Gründe, warum ich hier bin. Um zu sehen, ob das Stottington-Imperium Australien erobern kann.«
»Das Café in Hobart ist ein Versuchsballon?«
»Möglicherweise. Ich bin mir noch nicht sicher. Meiner Meinung nach müssen wir erst einige Änderungen am Geschäftsmodell vornehmen. Deshalb würde ich gerne deine Vorschläge hören.«
»Meine Vorschläge?«
»Ich weiß doch, dass du großartige Ideen hast. Stell dir vor, es wäre dein Betrieb und du wolltest in ganz Australien expandieren. Was würdest du tun?«
Ihre Unterhaltung wurde beinahe zu einer geschäftlichen Besprechung. Alles, womit Juliet sich in den letzten Monaten beschäftigt hatte, kam ihr in den Sinn. Eine umfangreichere Speisekarte, schlug sie vor. Mrs. Stottington hatte sie oft um Anregungen gebeten, diese aber niemals umgesetzt. Myles wurde gleich konkret. An was genau dachte sie? Wie sahen die Kosten aus? Ja, das könnte funktionieren, sagte er zu ihrem Vorschlag, am Wochenende Sondermenüs anzubieten. Catering für Geschäftsempfänge und Feiern. Ist einen Versuch wert, meinte er. Sie sollte es ruhig einmal ausprobieren.
Juliet hatte das Gefühl, mit einem anderen Mann zu sprechen. Sie selbst war anders. Er nahm ihre Anregungen sehr ernst. Er hatte sie offensichtlich die ganze Zeit bei der Arbeit beobachtet.
»Unser Kerngeschäft ist schnelles, günstiges und gesundes Essen in schnörkellosem Ambiente. Das hat in Großbritannien funktioniert, und wir glauben, dass es auch hier laufen wird.«
Er dachte schon jetzt über Hobart hinaus. Er hatte bereits die Fühler nach Sydney ausgestreckt.
»Sydney?«
Er nickte.
»Du gehst nicht wieder nach Manchester?«
»Nur für einige Monate, um ein paar Dinge zum Abschluss zu bringen, dann komme ich zurück. Na ja, zumindest nach Sydney.«
Sydney ist nur zwei Flugstunden entfernt, dachte sie.
»Würdest du mich da besuchen, Juliet?«
»Liebend gerne«, sagte sie.
Er lächelte sie an. »Mum hatte recht. Wir beide sind ein tolles Team.«
Sie errötete nicht und widersprach ihm nicht. Sie lächelte
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